1. desired
  2. Lifestyle
  3. „Das Netz ist kein sicherer Ort für Frauen und viele verstummen leider“

HateAid-Gründerin im Interview

„Das Netz ist kein sicherer Ort für Frauen und viele verstummen leider“

DFLA / Cube/Berlin Anna Lena von Hodenburg

Es gibt wohl kaum eine Frau, die online noch keine sexistischen Sprüche zu hören bekommen hat – sei es in den Kommentarspalten von Facebook und Instagram oder auf Dating-Apps. Dabei wollte Anna-Lena von Hodenberg nicht mehr untätig zusehen: Als Gründerin von HateAid setzt sie sich dafür ein, dass Hass und Hetze im Netz von Politik und Gesellschaft ernstgenommen werden. Und nicht nur das: HateAid unterstützt Betroffene digitaler Gewalt auch darin, gerichtlich gegen Mobber, Hater und Stalker vorzugehen. Im Interview hat uns Anna-Lena von Hodenberg erklärt, warum das Ignorieren von Hasskommentaren kontraproduktiv ist.

Erfahre mehr zu unseren Affiliate-Links
Wenn du über diese Links einkaufst, erhalten wir eine Provision, die unsere redaktionelle Arbeit unterstützt. Der Preis für dich bleibt dabei unverändert. Diese Affiliate-Links sind durch ein Symbol gekennzeichnet.  Mehr erfahren.

desired: HateAid setzt sich dafür ein, dass digitale Gewalt als Gewalt ernst genommen wird. Sind demnach unerwünschte Nacktfotos, die ich auf einer Dating-App geschickt bekomme, schon eine Form sexueller Gewalt?

Anna-Lena von Hodenberg: Ja, Nacktfotos, die ich nicht freiwillig bekomme, sondern die mir einfach aus dem Nichts geschickt wurden, sind definitiv sexuelle Gewalt. Sie sind eine Form von sexueller Belästigung und sie sind, was viele nicht wissen, strafbar! Männer können dafür eine Geldstrafe und sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bekommen. Ich rate also dazu: Wer unfreiwillig ein Dickpic bekommt, sollte anzeigen. Wir von HateAid unterstützen gerne dabei.

Hasserfüllte Kommentare werden sich in Sozialen Netzwerken nie komplett eliminieren lassen. Wäre es nicht einfacher zu lernen, diese Hater zu ignorieren, anstatt sich mit ihnen anzulegen?

Anzeige

Es wäre vielleicht kurzfristig einfacher, aber langfristig macht es das Problem nur noch schlimmer. Wenn wir nicht anzeigen und nicht widersprechen, dann überlassen wir den Hatern den Raum und am Ende auch das letzte Wort. Und sie glauben, dass es ok ist, andere zu beleidigen, zu diffamieren und zu belästigen. Das sollten wir nicht zulassen. Deswegen ist es wichtig hier offensiv gegen den Hass vorzugehen - damit er nicht zur Normalität wird.

hateaid interview
Für ihre Arbeit bei HateAid ist Anna-Lena von Hodenberg für den Digital Female Leader Award nominiert.

Glauben Sie, dass zum Beispiel das Blockieren von sexistischen Sprüchen in Sozialen Netzwerken einen erzieherischen Effekt hat und diese mit der Zeit weniger werden?

Blockieren ist auf jeden Fall ein guter erster Schritt. Wichtig ist vor allem, dass Moderator*innen in den Kommentarspalten hier konsequent blocken und das sanktionieren. Dann hat es vielleicht einen erzieherischen Effekt. Viel wichtiger aber ist, dass das die Betroffenen schützt, die dann dem Hass nicht mehr ausgesetzt sind.

Gäbe es ihrer Einschätzung nach mehr Frauen, die online ihre Meinung äußern, wenn wir Hasskommentare besser eindämmen könnten?

Auf jeden Fall. Frauen ziehen sich mittlerweile vermehrt aus den sozialen Netzwerken zurück. Sie sehen, wie heftig Frauen angegangen werden, die im Netz ihre Meinung sagen z.B. zum Klimawandel, zu Feminismus oder gegen Rechtsextremismus. Sie werden übelst beleidigt und mit Vergewaltigung oder sogar Mord bedroht. Das schreckt viele ab, sich selbst zu äußern. Das Netz ist kein sicherer Ort für Frauen und viele verstummen leider. Das zeigen auch repräsentative Studien, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Ist es ein Zufall, dass bei HateAid hauptsächlich Frauen arbeiten oder eine bewusste Entscheidung?

Nein, das ist kein Zufall. Ich habe mich bewusst entschieden Frauen zu fördern. Ich wollte ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem ambitionierte und extrem engagierte Frauen ihre Arbeit exzellent machen können. Ohne Mansplaining, ohne sexuelle Belästigung und ich wollte eben auch Frauen die Möglichkeit geben, mit Kindern Karriere zu machen. Es arbeiten natürlich auch Männer bei uns, aber die teilen auch unsere feministischen Grundwerte. Das klappt sehr gut und ich bin stolz auf mein großartiges Team - Männer wie Frauen.

Anzeige

Vielen lieben Dank für das Interview, Frau von Hodenberg!

Anna-Lena von Hodenberg ist in diesem Jahr übrigens Finalistin beim „Digital Female Leader Award"! Mit dem Award, der von Global Digital Women ins Leben gerufen wurde, werden jedes Jahr Frauen in der Digitalwirtschaft für ihre besonderen Projekte ausgezeichnet. Ziel ist es, Frauen mehr Sichtbarkeit in der Branche zu geben, ihre Geschichten zu erzählen und dadurch auch andere zu inspirieren und motivieren. 

Weitere spannende Interviews mit inspirierenden Frauen findest du in unserer Themenreihe „empowHER":

EmpowHER: Unsere Themenreihe zu inspirierenden Frauen

EmpowHER: Unsere Themenreihe zu inspirierenden Frauen
Bilderstrecke starten (45 Bilder)

Bildquelle: Anna-Lena von Hodenberg/Digital Female Leader Award

Hat dir dieser Artikel gefallen? Diskutiere mit uns über aktuelle Trends, deine Lieblingsprodukte und den neuesten Gossip im Netz – auf Instagram und TikTok. Folge uns auch gerne auf Flipboard und Google News.