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Alleinsein im Lockdown: Warum ich froh bin, niemanden sehen zu müssen

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Die aktuelle Corona-Pandemie zwingt uns dazu, uns nicht allein räumlich, sondern auch sozial einzuschränken. Menschen sehen ihre Freunde kaum noch, Familienmitglieder dürfen sich nur selten besuchen und Feiern finden gar nicht mehr statt. Es gibt natürlich Handys, Skype und Co. – aber es ist nicht dasselbe wie ein persönlicher Besuch, eine Umarmung oder ein Kuss. Doch es gibt jene, die diese Zeit in Isolation schätzen. Weil sie ihre Ruhe haben und auch keine Ausreden erfinden müssen, wenn sie ihre Freunde nicht treffen wollen. So wie ich zum Beispiel, denn ich liebe es, alleine zu sein.

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Leben im Lockdown

Für viele ist der Lockdown eine wahnsinnige Belastung und bei manchen stehen Telefonate oder Videokonferenzen beinahe jeden Tag auf dem Plan, um den Kontakt zu den Liebsten zu wahren. Das ist verständlich und gut so. Ich jedoch bin froh, wenn ich mich im Arbeitszimmer einfach nur an meine Arbeit setzen kann – und dabei mit niemandem reden muss. Auf der Couch zu sitzen oder dann doch mal alleine und mit Musik in den Ohren spazieren zu gehen – das ist für mich das schönste am Lockdown. Das ist kein Schönreden der Pandemie und all der Menschen, die darunter leiden. Dennoch versuche ich für mich, wie meine Oma sagen würde „das Beste daraus zu machen.“ Und ich freue mich, niemanden sehen zu müssen.

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Verabredungen und Co.? Nein, danke!

Ich höre oft von anderen, dass sie sich nach dem Lockdown direkt zurück ins Partyleben stürzen, sobald Clubs und Bars wieder öffnen. Bei diesem Gedanken kriege ich jedoch die Krise. Ewiges Anstehen an der Schlange, Diskussionen mit dem Türsteher, ob man schön genug angezogen ist, verschüttete Getränke und überfüllte Tanzflächen. Früher hatte ich Spaß daran, heute kann ich nicht verstehen, wieso. Auch mit Verabredungen tue ich mich schwer. Meist sitze ich auf dem Weg dorthin in Bahnen voller schlechtgelaunter Menschen. Wenn dann der Besuch im Kino, das Essen im Restaurant oder der Ausflug nicht gut war, bereue ich jedes Mal, überhaupt dabei gewesen zu sein. Man kann doch auch zuhause entspannen, Spiele spielen oder Freunde einladen.

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Ich mag Menschen und ich mag sie nicht

Ich erinnere mich an meine ersten Tage in meinem Volontariat: Meine Mutter rief mich an und fragte, ob ich denn mit den Leuten im Büro klarkäme. „… weil du doch Menschen nicht so magst“, sagte sie und sie hat recht. Jeder von uns ist mal genervt von anderen, braucht aber trotzdem deren Nähe. Bei mir ist es so ein Widerspruch in sich, denn ich mag Menschen, allerdings nur in meinem näheren Umfeld. Für Familie und Freunde würde ich alles tun und auch meine Kollegen mag ich sehr. Was das angeht, ist es schlimm, dass ich sie aufgrund der aktuellen Pandemie nicht sehen kann. Fremde Menschen hingegen nerven mich immer und überall. Genau deshalb ist der Lockdown für mich eine Bereicherung. Ich darf nicht mehr unter Menschen und das ist für mich schon beinahe Luxus.

Was ist so furchtbar an anderen?

Mich stört es, wenn Menschen ungepflegt sind. Mich stört es, wenn Menschen sich an der Kasse im Supermarkt vordrängeln. Mich stört die Vorstellung, dass andere Menschen eben auch nur Lebewesen sind. Dass sie essen müssen, auf die Toilette gehen, schwitzen. Wenn sie unangenehm riechen, frage ich mich: Wozu gibt es denn Deos? Mich stört es, wenn sich andere über einen Stau aufregen. Als ob man es ändern könnte! Mich stört es auch, wenn Leute andere bevormunden. Bei all diesen Sachen kriege ich Kopfschmerzen, allein beim Gedanken daran. Meistens halte ich es so, wie es meine Mutter immer sagt: Denk dir deinen Teil. Das tue ich auch, warum sollte ich mich den Leuten gegenüber dazu äußern? Es ist schließlich ihre Sache. Und trotzdem macht es mich wahnsinnig.

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Schlechte Angewohnheiten

Das wohl Schlimmste an anderen: ihre Angewohnheiten. Kaut jemand an den Fingernägeln – bäh! Redet jemand ständig ordinär? Quatschen Leute im Kino während des Films superlaut? Kratzen manche Personen beim Essen mit der Gabel über den Teller? Lassen sie einfach die Türen hinter sich zufallen, ohne zu schauen, ob hinter ihnen vielleicht jemand ist? Guckt jemand im Gespräch nur auf sein Handy? All das sind Dinge, die mich aufregen. Wenn ich während des Lockdowns zu Hause bin, bleibe ich fern von all den nervigen Macken anderer und andere bleiben verschont von meinen.

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Was das innerlich mit mir macht

Manchmal gibt es Momente, in denen ich daran denke, dass ich noch etwas aus dem Supermarkt brauche, ein Rezept vom Arzt abholen oder bald mit jemandem telefonieren muss. Jedes Mal überlege ich, wie ich das vermeiden kann. Ich bestelle die Lebensmittel online, lasse mir, sofern es möglich ist, Rezepte nach Hause schicken und bitte andere, für mich Telefonate zu führen. Warum muss ich telefonieren, wenn ich auch einfach eine Nachricht bei Whatsapp versenden kann? Komme ich jedoch nicht drumherum, steigt mein Stresslevel in die Höhe. Warum das bei mir so schlimm ist, kann ich selbst nicht erklären. Manchmal wird mir sogar schlecht, wenn ich unter Leute gehen soll. Das passiert natürlich nicht, wenn ich bei meiner Familie oder Freunden bin – in allen anderen Situationen möchte ich mich jedoch am liebsten unter der Decke verkriechen.

Im Alter wird unsere Abneigung gegenüber anderen immer schlimmer – schau dir an, woran das liegt.

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Laura-Jaen Kästner

Den Lockdown nutzen, um sich selbst zu finden!

Ich wusste schon immer, dass ich lieber alleine bin. Der Lockdown hat diese Gedanken in mir nur verstärkt. Aber das ist auch in Ordnung so. Denn warum sollte es nur Menschen geben, die ständig die Nähe zu anderen suchen? Es sollte auch jene geben, die gerne für sich sind und die Nähe anderer anstrengend finden. Eben, weil sie mit den Eigenarten anderer nicht klarkommen oder das Alleinsein vorziehen. Ein Einzelgänger zu sein, ist nicht automatisch etwas Schlechtes. Niemand sollte es persönlich nehmen, wenn man nichts unternehmen möchte, weil es einem einfach zu viel wird. Möglicherweise ist es sogar besser, diese Leute in Ruhe zu lassen, bevor Konflikte entstehen. Jeder ist nun mal wie er ist. Ob nun Alleinsein, viel Gesellschaft, Abneigung oder Zuneigung – alle Standpunkte sollten völlig in Ordnung sein. Und vielleicht gibt es für manche sogar ein gesundes Mittelmaß. Auch, wenn der Lockdown uns alle auf verschiedene Arten und Weisen belastet, so gut ist es auch, die Zeit für sich selbst zu nutzen und zu reflektieren, was und wen wir wirklich brauchen. So sehr ich andere Menschen auch meide, so sehr werde ich zukünftig die Momente mit Familie und Freunden noch mehr zu schätzen wissen.

Laura-Jaen Kästner

Bildquelle: Imago Images / Andrey Popov