Die zwischen 1995 und 2010 geborene Generation Z wird oft mit kritischem Blick betrachtet. Wie jede junge Generation vor ihr sieht sie sich mit zahlreichen Vorurteilen konfrontiert. Doch lohnt es sich, diese genauer zu hinterfragen und einen differenzierteren Blick zu wagen.
#1
„Sie sind arbeitsscheu und faul.“
„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität …“ – dieses Zitat wird oft Sokrates zugeschrieben und zeigt, dass der Vorwurf der Faulheit so alt ist wie die Generationenkonflikte selbst. Tatsächlich belegen aktuelle Zahlen das Gegenteil: Drei von vier der 20- bis 24-Jährigen hierzulande gehen in Vollzeit oder Teilzeit arbeiten. Seit 2015 ist die Erwerbsbeteiligung dieser Altersgruppe um mehr als sechs Prozentpunkte auf rund 76 Prozent gestiegen, wie das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung mitteilt.
Besonders bemerkenswert: Während die Erwerbsbeteiligung der 20- bis 24-Jährigen zwischen 1995 und 2015 konstant gesunken war, ist sie nun überdurchschnittlich angestiegen. „Dieser Befund widerspricht gängigen Klischees zur mangelnden Arbeitsbereitschaft der Generation Z“, stellen die Autor*innen der Studie fest.
#2
„Sie wechseln ständig den Job.“
„In meiner Zeit blieb man seinem Arbeitgeber treu.“ – ein oft gehörter Satz. Die Vorstellung, dass die Gen Z keine Bindung mehr zu Unternehmen aufbaue, hält sich hartnäckig. Doch die Daten sprechen eine andere Sprache: Die gleiche Studie zeigt, dass junge Menschen heute nicht häufiger den Job wechseln als frühere Generationen in demselben Alter.
Was sich geändert hat, sind nicht die jungen Menschen, sondern der Arbeitsmarkt selbst. Lebenslange Beschäftigung bei einem Arbeitgeber ist heute selten geworden – unabhängig vom Alter. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich verändert, nicht die Loyalitätsbereitschaft der jungen Generation.
#3
„Sie wollen weniger arbeiten.“
„Wir haben früher nicht so viel über Work-Life-Balance geredet.“ – stimmt, aber die wirtschaftlichen Realitäten waren auch andere. Während früher oft ein Einkommen für eine Familie ausreichte, ist dies heute kaum noch möglich. Die Forschung zeigt, dass sich die Entwicklung der gewünschten Arbeitsstunden bei den Jungen nicht von der Älterer unterscheidet.
Was die Gen Z auszeichnet, ist nicht der Wunsch, weniger zu arbeiten, sondern das Streben nach sinnvollerer Arbeit unter menschenwürdigeren Bedingungen. In einer Zeit, in der psychische Erkrankungen durch Arbeitsbelastung zunehmen, ist das kein Zeichen von Schwäche, sondern von Weitblick.
#4
„Sie sind zu anspruchsvoll.“
„Zu unserer Zeit waren wir froh, überhaupt einen Job zu haben.“ – ein Satz, der oft fällt. Aber sollten wir nicht froh sein, dass junge Menschen heute mehr hinterfragen und nicht bereit sind, jede Arbeitsbedingung zu akzeptieren?
Die steigende Zahl arbeitender Studierender (Anstieg um 19 Prozentpunkte auf 56 Prozent) zeigt, dass die Gen Z durchaus bereit ist, sich anzustrengen. Sie tut dies aber zunehmend zu ihren eigenen Bedingungen – und das ist ihr gutes Recht in einer freien Gesellschaft und einem Arbeitsmarkt, der händeringend nach Fachkräften sucht.
#5
„Sie können nicht mit Kritik umgehen.“
„In meiner Jugend mussten wir noch richtig was einstecken können.“ – vielleicht, aber war das wirklich besser? Die Gen Z ist in einer Zeit aufgewachsen, in der psychische Gesundheit nicht mehr tabuisiert wird und toxische Arbeitsumgebungen zunehmend hinterfragt werden.
Was oberflächlich als Überempfindlichkeit erscheinen mag, ist oft ein gesundes Bewusstsein für die eigenen Grenzen und Bedürfnisse. Die jungen Menschen von heute fordern einen respektvolleren Umgang miteinander ein – ein Anspruch, von dem letztlich alle Generationen profitieren können.
Unser Ratschlag
Statt junge Menschen für ihre vermeintlichen Defizite zu kritisieren, sollten wir uns fragen, was wir von ihnen lernen können. Jede Generation hat ihre Stärken und Schwächen, ihre blinden Flecken und ihre besonderen Einsichten. Die Generation Z wächst in einer Zeit beispielloser Herausforderungen auf – von Klimakrise bis hin zu wachsender sozialer Ungleichheit.
Dass sie diese Probleme beim Namen nennt und Veränderungen einfordert, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Mut. Die Zahlen zeigen: Sie ist bereit, ihren Teil beizutragen. Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir älteren Generationen offen dafür werden, was sie zu sagen hat – und gemeinsam an Lösungen arbeiten, statt in alten „früher war alles besser“-Mustern zu verharren.