Das Wort „pervers“ kennt so ziemlich jeder und jede. Es kommt vor allem im sexuellen Kontext vor – und ist nicht selten abwertend und negativ gemeint. Doch auch in der Psychologie und in der Jugendsprache hat das Wort seinen festen Platz. Doch was genau bedeutet eigentlich pervers? Und ist es immer negativ gemeint, pervers zu sein? Wir erklären dir hier alles zu dem Begriff, welche Vorurteile lauern und wie er sich in den Jahren gewandelt hat.
- 1.Was bedeutet es, wenn jemand pervers ist?
- 2.Die Geschichte des Begriffs „pervers“
- 3.7 Dinge, die früher als pervers galten und heute völlig normal sind
- 4.Perversion in der Psychologie
- 5.Beispiele: Was ist pervers?
- 6.Was bedeutet „pervers“ in der Jugendsprache?
- 7.Ist es negativ, pervers zu sein?
- 8.Warum „pervers“ das missverstandenste Wort in unserer Sexualsprache ist
Was bedeutet es, wenn jemand pervers ist?
Das Wort pervers wird oft verwendet, um Verhaltensweisen oder (sexuelle) Vorlieben zu beschreiben, die von der gesellschaftlichen Norm abweichen und als ungewöhnlich, unangemessen oder abweichend angesehen werden. Der Begriff ist eigentlich subjektiv und kann in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Bedeutungen haben. Meistens ist es jedoch abwertend gemeint, jemanden als pervers zu bezeichnen. Die Verwendung des Begriffs hängt auch von kulturellen und individuellen Normen ab. Was als pervers angesehen wird, kann von Person zu Person und von Gesellschaft zu Gesellschaft variieren. Es ist ratsam, vorsichtig mit dem Begriff umzugehen und sich bewusst zu sein, dass er oft stigmatisierend und tabuisierend sein kann.
Schlägt man pervers im Duden nach, ist folgendes zu lesen: „(besonders in sexueller Beziehung) als widernatürlich empfunden“, der Gebrauch: „abwertend, häufig diskriminierend“.
Synonyme für pervers sind unter anderem:
- die Grenze des Erlaubten überschreitend
- unerhört
- schlimm
- absurd
- höchst merkwürdig
Die Geschichte des Begriffs „pervers“
Das Adjektiv gelangte vermutlich über das mittelfranzösische pervers (schlecht, böse, entartet) im 16. Jahrhundert ins Deutsche. Das lateinische Wort „perversus“ steht ins Deutsche übersetzt für „verdreht“ oder „verkehrt“. Nachdem Sigmund Freud 1905 sein Werk „Veröffentlichung der Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ veröffentliche, wurde der Begriff pervers oder Perversion vor allem in Bezug auf die sexuellen Aspekte verbreitet.
7 Dinge, die früher als pervers galten und heute völlig normal sind
- Orale Sexualpraktiken – Was vor einigen Jahrzehnten noch als perverse sexuelle Abweichung galt, ist heute ein normaler Teil des Sexuallebens vieler Menschen.
- Masturbation – Früher als Sünde oder unnatürlich bezeichnet, wird Selbstbefriedigung heute als gesunde sexuelle Aktivität anerkannt.
- Homosexualität – Lange als Perversion stigmatisiert, ist gleichgeschlechtliche Liebe heute in vielen Gesellschaften akzeptiert und rechtlich geschützt.
- Sexspielzeug – Der Besitz und Gebrauch von Sexspielzeug galt früher als pervers, ist heute aber ein Milliardenmarkt und gesellschaftlich weitgehend akzeptiert.
- Rollenspiele – Das Schlüpfen in andere Rollen während sexueller Aktivitäten wird heute als kreative Form der Intimität betrachtet.
- Nicht-monogame Beziehungsmodelle – Polyamorie und offene Beziehungen werden zunehmend als legitime Lebensformen anerkannt.
- Sexuelle Kommunikation – Offen über sexuelle Wünsche und Vorlieben zu sprechen galt früher als unanständig, wird heute aber als wichtiger Teil einer gesunden Beziehung gesehen.
Perversion in der Psychologie
In der Psychologie ist der Begriff Perversion nicht immer eindeutig definiert und wurde teilweise durch andere Begriffe (Paraphilen, Sexualpräferenzstörung) ersetzt. Es gibt auch nicht die Diagnose „perverser Mensch“. In vielen Kulturkreisen werden aber immer noch vor allem homosexuelle Männer, Menschen, die Sex aus anderen Gründen als zum reinen Fortpflanzungszweck haben oder Masturbieren als pervers eingestuft. Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) stuft das allerdings als „normgerechtes Verhalten“ ein. Zudem wurde der Begriff Perversion von der IDC durch den Begriff Sexualpräferenzstörungen ersetzt. Als Sexualpräferenzstörung werden von der ICD unter anderem Fetischismus, Transvestitischer Fetischismus, Exhibitionismus, Voyeurismus, Pädophilie, bestimmte Formen des Sadomasochismus oder Sodomie eingestuft.
Beispiele: Was ist pervers?
Personen, Handlungsweisen oder Sachen können als pervers bezeichnet werden. Hier sind einige Beispiele, die in verschiedenen Zusammenhängen als pervers betrachtet werden können:
- Sexuelle Perversionen: Dies kann eine breite Palette von unkonventionellen sexuellen Vorlieben oder Praktiken umfassen, die von BDSM (Bondage, Disziplin, Dominanz, Unterwerfung, Sadismus und Masochismus) bis hin zu Fetischen reichen.
- Abweichendes Verhalten: Dies kann sich auf Verhaltensweisen beziehen, die als moralisch, ethisch oder gesellschaftlich inakzeptabel betrachtet werden, wie sexueller Missbrauch, Stalking, Exhibitionismus oder Voyeurismus.
- Außergewöhnliche Interessen: Manchmal kann pervers verwendet werden, um Menschen zu beschreiben, die ungewöhnliche oder exzentrische Interessen haben, die von der Mehrheit abweichen, wie zum Beispiel obskure Hobbys oder obskure Vorlieben.
Was bedeutet „pervers“ in der Jugendsprache?
Das Wort „pervers“ findet man aber auch für Übertreibungen oder (derben) Humor, besonders in der Jugendsprache. Umgangssprachlich kann so ein leckeres Essen pervers sein, übertriebene Handlungen (das ist ja pervers, wie der überholt) oder wenn jemand etwas Extremes – ob positiv oder negativ – macht (ey, du bist pervers!). In der Verwendung ist das Wort oft übertrieben emotional und über Stigmatisierung oder Diskriminierung werden sich eher selten Gedanken gemacht.
Ist es negativ, pervers zu sein?
Ob die Eigenschaft oder das Verhalten als negativ angesehen wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab – einschließlich der individuellen Werte, soziale Normen und ethischen Überlegungen. Jedoch hat der Begriff pervers oft eine negative Konnotation und wird häufig dafür verwendet, Verhaltensweisen oder Vorlieben zu beschreiben, die von der als gesellschaftlich akzeptiert geltenden Norm abweichen. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass etwas schlecht oder schädlich ist.
Auf die Frage, wie sich perverse Menschen erkennen lassen, gibt es daher auch keine einheitliche Antwort. In einigen Fällen kann als pervers bezeichnetes Verhalten harmlos sein. In anderen wird es von Personen kritisiert oder abgewertet, die es nicht verstehen oder akzeptieren. Perverses Verhalten kann aber auch tatsächlich schädlich sein, insbesondere wenn es gegen die Einwilligung oder den Willen anderer Menschen verstößt oder illegal ist.
Warum „pervers“ das missverstandenste Wort in unserer Sexualsprache ist
Der Begriff „pervers“ hat im Laufe der Geschichte eine bemerkenswerte Wandlung durchgemacht. Was einst als medizinischer Fachbegriff für von der Norm abweichend verwendet wurde, hat sich zu einem stark emotional aufgeladenen Wort entwickelt. Dabei wird pervers heute in verschiedenen Kontexten mit völlig unterschiedlichen Bedeutungen verwendet.
Diese Vieldeutigkeit macht „pervers“ zu einem problematischen Begriff, der oft mehr über die Person aussagt, die ihn verwendet, als über das beschriebene Verhalten selbst. Wenn jemand eine sexuelle Praktik als pervers bezeichnet, offenbart dies häufig eigene Unsicherheiten oder gesellschaftliche Prägungen.
Perverse Gedanken können bei vielen Menschen auftreten und sind meist normal. Die Forschung zeigt, dass die meisten Menschen gelegentlich Fantasien haben, die sie selbst als pervers einstufen würden, diese aber nie ausleben. Die Stigmatisierung solcher Gedanken kann tatsächlich zu größeren psychischen Belastungen führen als die Gedanken selbst.
Es wäre wünschenswert, wenn Vorlieben und Verhalten in einem breiteren gesellschaftlichen und ethischen Kontext betrachtet und diskutiert werden, anstatt sie einfach als „gut“ oder „schlecht“ abzustempeln. Menschen haben unterschiedliche Ansichten darüber, was als pervers angesehen wird, und es bringt uns als Gesellschaft vorwärts, respektvoll und tolerant gegenüber den Ansichten und Lebensstilen anderer zu sein – solange sie nicht gegen Gesetze verstoßen oder andere schädigen.