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Interview

Was können Audiopornos, was Pornofilme nicht können?

Nina Julie Lepique von Femtasy

Es gibt heutzutage zwar auch Pornos, die aus weiblicher Perspektive gedreht werden, viele Frauen können mit solchen Filmen jedoch nichts anfangen. Nina Julie Lepique hat daher „femtasy“ gegründet, eine Plattform für erotische Hörgeschichten. Diese Audiopornos oder „sexy Sprachnachrichten“, wie die 24-jährige Gründerin sie nennt, sollen Frauen viel besser zum Höhepunkt bringen. Im Interview mit desired erklärt sie, warum die Aufnahmen von „femtasy“ so authentisch klingen.

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Das Angebot von „femtasy“ ist erst seit diesem Sommer online. Neugierige können sich dort zunächst ohne Anmeldung kostenlos in eine kleine Auswahl von Geschichten reinhören. Wem das gefällt, kann außerdem für 9,99 Euro pro Monat oder 3,49 Euro für 24h femtasy-Pro-Mitglied werden und hat somit Zugriff auf das gesamte Angebot – auch auf die Intensitätsstufe „Hardcore“.

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desired: Wie kamst du als junge Frau darauf, ausgerechnet ein Start-up für erotische Hörgeschichten zu gründen?

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Nina Julie Lepique: Ich habe bei meinen Freundinnen Unzufriedenheit in Bezug auf Pornografie wahrgenommen. Sie fanden weder in Pornofilmen noch in Erotikliteratur das, was sie reizt. Also wollte ich verstehen, wie „weibliche Sexualität“ funktioniert. Mein Mitgründer und ich haben schon von Anfang an gemerkt, dass bei Frauen die Fantasie superwichtig ist und weniger das Visuelle. Herkömmliche Pornos zeigen eine männliche Perspektive auf die Frau. Das wollten wir umdrehen und ein Produkt machen, das für Frauen ist, mit dem sie ihre Fantasie anregen können.

Außer dem Fantasie anregenden Aspekt, was ist der Vorteil von erotischen Hörgeschichten gegenüber Pornofilmen?

Einerseits werden bei uns die Hörerinnen zum Mittelpunkt gemacht. Viele unserer Aufnahmen sind so aufgebaut, dass der Sprecher oder die Sprecherin die Hörerin direkt anspricht. So bin ich nicht mehr nur plumpe Zuschauerin, sondern werde selbst zum Teil der Geschichte. Andererseits verzichten wir auf konkrete optische Beschreibungen, also die Darstellung von Schönheitsidealen im gesprochenen Wort. Dadurch wollen wir erreichen, dass sich jede Frau in den Geschichten wiederfindet und damit wohlfühlt, wie sie ist. 

In unseren Studien haben wir gesehen, dass viele Frauen sich mit den Frauen in Pornofilmen vergleichen. Das wollen wir nicht fördern, sondern sie ermutigen, sich auf ihre eigene Sexualität zu fokussieren.
Nina Julie Lepique, Gründerin von „femtasy“

Eure Webseite wirkt auch gar nicht schmuddelig, sondern schön bunt und stilvoll. Auch der Begriff „Porno“ taucht nirgends auf. Glaubst du Frauen hätten ansonsten Berührungsängste mit „femtasy“?

Ich wäre vorsichtig zu bejahen, dass Frauen Berührungsängste haben, weil wir in unseren Befragungen gemerkt haben, dass die weibliche Sexualität in ihrer Explizitheit der männlichen in gar nichts nachsteht. Wir haben aber schon gemerkt, dass es Frauen ansprechender finden, wenn keine plumpe Nacktheit gezeigt wird oder die Farbkombination schwarz und pink (Anm. d. Redaktion: wie z. B. auf YouPorn) nicht gut ankommt.

Ich habe mich durch ein paar Geschichten gehört und mir ist aufgefallen, dass in vielen der Mann die dominante Rolle übernimmt. Steht die Mehrheit der Frauen darauf, beim Sex dominiert zu werden?

Ich glaube nicht, dass das auf die Mehrheit der Aufnahmen zutrifft. Vielleicht ist es interessant zu wissen, wie unsere Geschichten zustande kommen: Wir haben vorab eine Studie mit über 1.500 Frauen zur weiblichen Sexualität gemacht, mit ihnen gesprochen und Workshops durchgeführt. So haben wir ein sehr differenziertes Bild bekommen, was es für Fantasien gibt und wie verbreitet sie sind. Die Aufnahmen sind also nicht durch Zufall entstanden, sondern auf Basis dieser Erkenntnisse. Die Fantasien, zu denen es die meisten Hörgeschichten bei uns gibt, werden auch am meisten nachgefragt.

Mir ist aufgefallen, dass eure männlichen Sprecher erstaunlich viel stöhnen. In Pornofilmen hingegen sind meist nur die Frauen sehr laut. Es ist auch gesellschaftlich eher akzeptiert, dass Frauen beim Sex laut und Männer leise sind. War das eine bewusste Entscheidung von euch?

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Jein. Wir geben unseren Sprechern nicht vor, wie viel man sie beim Stöhnen hört, sondern sagen ihnen: „Macht das so, wie es sich für euch am natürlichsten anfühlt, wie ihr eben auch in echt seid.“ Man merkt, dass es manche viel doller machen als andere. Wir haben darüber am Anfang mit jedem der einzelnen Sprecher gesprochen, weil wir gemerkt haben, dass das etwas bei Frauen auslöst. Männliches Stöhnen war eines der Themen, die wir in unserer Studie getestet haben, aber auch weibliches. Die Reaktionen waren zwar sehr unterschiedlich, allgemein finden es Frauen aber schön, wenn sie den Mann wirklich wahrnehmen und erkennen, dass die Aufnahmen authentisch sind.

Wie entsteht so eine Aufnahme eigentlich? Sitzt da einer alleine in einer Sprecherkabine und drumherum lauter andere Leute?

Nein (lacht). Wir machen das anders: Wir lassen alle von zu Hause aufnehmen. Unsere Sprecher bekommen von uns Home-Recording-Studios zugeschickt und können die Geschichten dann einfach aufnehmen, wenn es ihnen gerade passt. Eine künstliche, kalte Atmosphäre wollten wir vermeiden. Wir wollten es möglichst authentisch haben und nennen unsere Aufnahmen daher gerne „sexy Sprachnachrichten“, weil man das auch hört. Man hört, dass es keine glasklare Aufnahme ist, die bis zum Gehtnichtmehr nachreguliert wurde. Es klingt eher, als würde einem jemand ins Ohr flüstern, oder als würde man über Kopfhörer eine Sprachnachricht von einem Liebhaber anhören.

In euren Geschichten werden einige Fantasien behandelt: Sex mit fremden Männern, Gangbangs oder auch Glory Holes. Glaubst du, dass Frauen, die das reizvoll finden, solche Szenarien auch gerne in echt erleben würden oder bleibt vieles nur Fantasie?

Es kann auf jeden Fall nur eine Fantasie bleiben. Das gibt es sogar sehr häufig. Wir haben auch Vergleichsstudien mit Männern gemacht: Männer wollen Fantasien oft auch ausprobieren, während es Frauen eher genießen, in ihrer Fantasie zu bleiben.

Femtasy Smartphone
Mit schlichter Optik und bunten Farben holt „femtasy“ erotische Hörgeschichten aus der Schmuddelecke.

Also brauche ich kein schlechtes Gewissen vor meinem Partner zu haben, wenn ich mir eine Seitensprung-Geschichte anhöre?

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Überhaupt nicht. Jede fünfte Frau hat zum Beispiel sexuelle „Gewaltfantasien“. Es stellt sich zwar noch lange nicht jede eine Vergewaltigung vor, aber durchaus, mit Gewalt zu etwas Sexuellem gezwungen zu werden. Das wollen diese Frauen nicht in der Realität erleben. Da gibt es eine klare Trennung.

Ihr habt klassische Pornoszenarien im Angebot, wie etwa Doktorspielchen, der Klempner, der zu Besuch kommt, oder die Happy-End-Massage. Ein paar Geschichten sind aber nicht typisch pornomäßig. In der Geschichte „Auf der Couch“ liegt ein Pärchen beim gemeinsamen Fernsehabend auf der Couch und er fängt auf einmal an, sie zu befummeln. Wolltet ihr damit zeigen, dass auch Alltagssituationen erotisch sein können?

Total. Das war auch nicht unsere Entscheidung, sondern das, was von unseren Studienteilnehmerinnen gefragt wurde. Das, was du gerade als klassisches Pornoszenario definiert hast, ist da auch nicht ohne Grund. Diesbezüglich bekommen wir häufig Gegenwind von Journalisten, die uns fragen, ob Frauen so etwas überhaupt hören wollen. Ja, das wollen sie, aber eben auch solche Alltagssituationen. Es muss auch nicht immer zum Sex kommen, manchmal reicht auch die Beschreibung eines intimen Alltagsmoments.

Ich kenne fast nur Männer, die regelmäßig Pornos schauen. Manche meiner männlichen Freunde sagen aber selbstkritisch, dass sie davon etwas abstumpfen. Passiert das durch Audiopornos weniger, weil hier mehr die Fantasie angeregt wird?

Das glaube ich schon. Es passiert eher ein umgekehrter Effekt. Man stumpft durch die Hörgeschichten nicht ab, sondern merkt wieder, wie es kribbelt. Man fängt an, sich auf neue Fantasien einzulassen. Du weißt bei den Geschichten auch vorher gar nicht, was passieren wird. Als wir mit den Männern über ihren Pornokonsum gesprochen haben, haben wir festgestellt, dass sich die meisten schon vorher einmal durchs Video durchscrollen, um dann immer wieder die eine Stelle anzuschauen, die sie reizt. Das stumpft auf jeden Fall mehr ab, als wenn du dich auf eine Geschichte einlässt. Wir beschreiben bewusst an manchen Stellen mehr, andere weniger und lassen zum Beispiel auch mal offen, wo die Hand genau hinwandert.

Wie entscheidet ihr, welche Geschichten zu „femtasy“ passen? Gibt es Fantasien, die für euch tabu sind?

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Was wir gar nicht machen, ist alles, was ethisch-moralisch verwerflich ist, also was mit Kindern oder Tieren zu tun hat, oder rassistische oder sexistische Äußerungen beinhaltet. Ansonsten sind wir sehr offen. Viele Menschen bedanken sich bei uns, dass wir gegenüber BDSM so offen sind. Ich kann auch gar nicht verstehen, was man daran verwerflich finden kann, solange es im gegenseitigen Einverständnis geschieht.

Aktuell habt ihr um die 125 Geschichten auf eurer Seite. Wenn man euer Angebot regelmäßig nutzen will und Pro-Mitglied wird, wie oft kann man mit neuen Geschichten rechnen?

Wir laden alle paar Tage etwas Neues hoch, in der Regel einmal pro Woche. Wir versuchen, kontinuierlich neuen Content zu liefern, damit es nicht langweilig wird.

Bekommt ihr von euren Hörerinnen auch Feedback, was die Geschichten bei ihnen auslösen? Gibt es Frauen, die dadurch vielleicht das erste Mal einen Orgasmus erlebt haben?

Ja, das sind die schönsten Momente. Neulich hat mich jemand gefragt, warum ich das mache und ob mir nichts Wichtigeres auf der Welt eingefallen wäre. Dann erzähle ich, welch emotionales Feedback wir von Frauen bekommen, die sich überhaupt zum ersten Mal selbst berührt oder einen Höhepunkt erlebt haben. Oder Frauen, die sagen, dass die Geschichten ihr Leben verändert haben, weil sie viel mehr mit sich im Reinen sind und jetzt wissen, was ihnen sexuell gefällt. Die sind zum Beispiel aus einer langen Beziehung gekommen und haben einfach immer das gemacht, was der Partner wollte und nie herausgefunden, was sie selbst reizvoll finden. Oder es gibt frische Mamis, die auf diese Weise ihre Sexualität wiedergefunden haben. Mich freuen solche Nachrichten total, ich bekomme davon Gänsehaut.

Vielen Dank für das interessante Interview, Nina Julie!

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