Wenn ich an den Aufklärungsunterricht in der Schule zurückdenke, erinnere ich mich vor allem an eine Sache: Ich hatte im Test eine 1+ und fühlte mich als absolute Expertin. Bereit, die Welt der Erwachsenen zu betreten! Im Laufe meiner Jugend und auch noch mit Anfang 20 wurde mir dann immer klarer, von wie vielen Dingen ich keinen blassen Schimmer hatte. Kommt dir das bekannt vor?
Warum reden wir so wenig über Sex?
Aber zurück zum Anfang: Erinnerst du dich noch daran, was du im Aufklärungsunterricht in der Schule gelernt hast? Wurde über Lust, Einvernehmlichkeit, Geschlechteridentitäten und sexuelle Orientierungen gesprochen? Nein? Obwohl uns vermutlich allen bewusst ist, dass wir damals in der Schule zu wenig gelernt haben, ist die Wahrheit, die femtasy – die weltweit größte Audio-Porn-Plattform – im Rahmen der Kampagne #LustAufklärung an die Oberfläche geholt hat, ziemlich erschreckend. Bei einer Umfrage gaben 2.000 Personen der Community Einblicke in ihren Aufklärungsunterricht – und folgende Ergebnisse kamen dabei heraus:
- 83 Prozent hielten ihren Sexualkundeunterricht für keinen sicheren Ort, um offene Fragen zu stellen
- Nur 13 Prozent haben gelernt, was die Klitoris und ihre Funktion ist
- Nur 3 Prozent haben den Unterschied zwischen Vulva und Vagina gelernt
- 28 Prozent fühlten sich durch ihren Sexualkundeunterricht nicht ausreichend über Verhütungsmethoden aufgeklärt
- Nur 15 Prozent haben über Einvernehmlichkeit gesprochen
- Nur 3 Prozent haben über das Thema Lust gesprochen
- Nur 9 Prozent haben über sexuelle Orientierungen gesprochen
- 89 Prozent haben nicht über Masturbation gesprochen
- 92 Prozent haben nicht über Pornokonsum gesprochen
Ziemlich krass, oder? Wenn man sich diese Zahlen anschaut, ist es wirklich keine Überraschung, dass viele Jugendliche ein komplett verzerrtes Bild von Sexualität haben. Und das, obwohl mit dem Aufklärungsunterricht doch eigentlich das Gegenteil erreicht werden sollte. Trotzdem finden viele Themen dort einfach keinen Platz, was vor allem daran liegen könnte, dass laut einer Hochschulerhebung 90 Prozent der Befragten während ihrer Lehramt-Ausbildung nie etwas zu sexueller Bildung gehört haben. Kein Wunder also, dass 37 Prozent der 14 bis 25-jährigen Jungen und Männer in einer Umfrage der BZgA angaben, ihre Aufklärung über Pornos zu erhalten. Und genau da fängt das Problem an. Denn Pornos haben absolut nichts mit der Realität zu tun, stellen – was noch viel schlimmer ist – häufig frauenverachtende Situationen dar und geben Jugendlichen so das Gefühl, dass es beim Sex nur um den Mann geht – und die Lust der Frau nicht wichtig ist.
Wie femtasy den Sexualkundeunterricht revolutioniert
Genau das, was ich mir für meine Jugend gewünscht hätte, setzt femtasy aktuell in Kooperation mit Teech, einer Plattform für digitale Bildung, um. Mit der Kampagne #LustAufklärung möchte femtasy darauf aufmerksam machen, wie wenig Jugendliche über Sexualität und Lust wissen, den veralteten Aufklärungsunterricht an deutschen Schulen revolutionieren und dafür sorgen, dass allen Schüler*innen ein gesunder Zugang zu ihrer Sexualität ermöglicht wird. Dafür hat die Audio-Plattform fünf Speaker*innen engagiert, die über all die Themen sprechen, die im Sexualkundeunterricht häufig nicht vorkommen. Dabei sind Paar- und Sexualtherapeut*in Helen Hagemeier („Konsens und Lust – intime Grenzen setzen“), Influencerin & Female Empowerment Aktivistin Diana zur Löwen („Mein Weg zur Lust“), Schauspielerin & Feministin Lara Wichels („Queere Lust – was kann ich?“), Dozent*in für Diversity und Polyamorie-Advokat*in Saskia Michalski („Allyship – wie ein Ally sein?“) und Pleasure-Aktivistin Lisa Demma („Wie prägt uns Porno?“).
Alle fünf Talks werden ab November deutschlandweit kostenlos für Schüler*innen zur Verfügung gestellt. In jedem der Formate gibt es Platz für bis zu 50 Personen, die Anmeldung erfolgt über Instagram. „Um wirklich gesellschaftlich etwas zu verändern, müssen wir an die Generation herantreten, die die Welt von Morgen prägen wird“, findet femtasy-Gründerin Nina Julie Lepique. „femtasy will die Lust von erwachsenen Frauen befreien – und genau deshalb ist diese Initiative so grandios, weil sie bereits jungen Mädchen einen gesunden und altersgemäßen Zugang zu ihrem Körper und Lust verschafft.“ Zusätzlich hat die Plattform einen Guide erstellt, der alle Websites, Beratungsstellen, Instagram- und TikTok-Accounts zusammenfasst, die für Aufklärung, Sexpositivität und Queervisibility stehen:
Nur wer aufgeklärt wird, kann selbstbestimmt sein
Woran auch immer die schlechte Qualität der sexuellen Aufklärung in Deutschland liegen mag – ob das Problem nun generell das Bildungssystem ist oder vielleicht auch Eltern ihren Teil dazu beitragen, weil sie Angst haben, dass ihre Kinder zu schnell erwachsen werden: Wir müssen lernen, dass Aufklärung nicht bedeutet, Jugendliche dazu zu bringen, Sex zu haben – das werden sie früher oder später sowieso. Aufklärung bedeutet, ihnen eine selbstbestimmte Entwicklung zu ermöglichen. Ihnen beizubringen, wie ihr Körper funktioniert, was einvernehmlicher Geschlechtsverkehr bedeutet und dass es genauso okay ist, Nein zu sagen, wie ihre eigenen Bedürfnisse auszusprechen. Dass es mehr als Heterosexualität gibt und dass sie sich für nichts schämen müssen – vor allem nicht dafür, wen sie lieben. All das und noch viel mehr hätte ich gern früher gelernt, anstatt vollkommen planlos meine ersten Erfahrungen zu machen und erst viel zu spät festzustellen, dass das Ziel beim Sex nicht der männliche Orgasmus ist.
Mittlerweile weiß ich zum Glück mehr! Was ich seit meinem 1. Mal über Sex gelernt habe, verrate ich euch in diesem Artikel:
Bildquelle: Unsplash / Deon Black