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von wegen sicher

Schwanger trotz App: Sind Frauen selbst schuld?

schwanger trotz App

In den letzten Jahren sind zahlreiche Apps auf den Markt gekommen, die per Temperaturmessung die unfruchtbaren Tage anzeigen und so eine Schwangerschaft verhindern sollen. Die Abtreibungszahlen eines einzigen schwedischen Krankenhauses sorgen nun jedoch für Verunsicherung: 37 Frauen wurden innerhalb von nur vier Monaten ungewollt schwanger, obwohl sie die als sicher geltende Verhütungs-App „Natural Cycles“ verwendet hatten. Haben all diese Frauen die App lediglich falsch angewendet oder wurden ihnen falsche Versprechungen gemacht?

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Nicht sicher trotz TÜV und Temperatureingabe

Eine App alleine kann natürlich keine Frau vor einer Schwangerschaft schützen. „Natural Cycles“ beruht jedoch, wie viele andere Anwendungen, auf der als sicher geltenden symptothermalen Methode. Das heißt, dass für die Anwendung ein tägliches Temperaturmessen mit einem genauen Basalthermometer* sowie die Analyse des Zervixschleims notwenig sind. Werden diese Daten dann fleißig in die App eingegeben, werden den Nutzerinnen von „Natural Cycles“ grüne Tage im Kalender angezeigt. Auf der Webseite heißt es:

Du kannst zu diesem Zeitpunkt nicht schwanger werden, denn du bist nicht fruchtbar.
Homepage der Verhütungs-App „Natural Cycles“
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Das klingt unmissverständlich: Die App gibt grünes Licht für ungeschützten Sex. Weltweit sollen sich laut der Süddeutschen Zeitung etwa 600.000 Frauen auf diese Ansage verlassen. Allein in Schweden, dem Herkunftsland von „Natural Cycles“ sind, dem Magazin Business Insider zufolge, einer Hebamme zahlreiche Frauen aufgefallen, die eine Abtreibung vornehmen ließen: 37 von 668 Frauen wurden ungewollt schwanger, weil sie sich auf die App verlassen hatten – und das allein im kurzen Zeitraum von September bis zum Jahresende 2017 in einem einzigen Krankenhaus. Die Zahlen klingen beunruhigend, vor allem im Hinblick auf die Tatsache, dass die symptothermale Verhütungsmethode bei richtiger Ausführung bislang mit einem Pearl-Index von 0,4 als sehr verlässlich galt und die App noch dazu vom deutschen TÜV Süd zertifiziert wurde.

Die symptothermale Methode per App ist nur eine von vielen hormonfreien Alternativen. Im Video zeigen wir dir weitere natürliche Verhütungsmittel:

5 Natürliche Verhütungsmittel_V2.mp4 Abonniere uns
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Gaukeln Verhütungs-Apps falsche Tatsachen vor?

Die Stiftung Warentest hatte uns schon 2017 mit Testergebnissen verunsichert: Von 23 Verhütungs-Apps erhielten nur drei die Note „gut“. Zweifel an der Verlässlichkeit scheinen also wirklich angebracht zu sein. Während es auch Zyklus-Apps wie „Clue“ gibt, die ausdrücklich nicht als Verhütungsmethode gedacht sind, verspricht „Natural Cycles“ seinen Nutzerinnen, sich dank eines ausgeklügelten Algorithmus auf die Empfehlungen verlassen zu können. Aufgrund des guten Pearl-Index hatte ich bisher auch angenommen, dass diese Verhütungsmethode bei richtiger Anwendung eigentlich sicher sein müsste.

Stutzig wurde ich jedoch, als ich auf die Seite „We Are The Ladies“ der natürlichen Verhütungsexpertin Maggie stieß. Auf ihrer Homepage befasst sie sich detailliert mit allen gängigen Apps und Verhütungscomputern und hat auch „Natural Cycles“ getestet. Sie steht der App kritisch gegenüber, obwohl sie selbst nach der symptothermalen Methode verhütet:

Mir kommt es so vor, als würde Natural Cycles seinen Userinnen gern so viele grüne Tage wie möglich geben, was ja lieb gemeint ist. Doch ich sehe es sehr kritisch gerade Anfängerinnen (denn woher weiß die App, dass ich schon ein alter Hase bin?) so viele unfruchtbare Tage am Zyklusanfang anzuzeigen.
Maggie von „We Are The Ladies“
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Da scheint sich jemand auszukennen, denn wenn ich ehrlich bin, kann ich mir nie so recht merken, wann noch mal genau die fruchtbaren Tage sind und hätte mich wohl auf die Angaben in der App verlassen. Maggie merkt außerdem an, dass die TÜV-Zertifizierung sich nicht auf die Verlässlichkeit der App in Sachen Schwangerschaftsverhütung bezieht, sondern lediglich auf die technischen Voraussetzungen und das Qualitätsmanagement. Gut zu wissen! Bestimmt geht es nicht nur mir so, dass ich bei einer TÜV-zertifizierten Verhütungs-App davon ausgehe, dass sich die Bewertung auf die Schwangerschaftsverhütung bezieht.

Pseudo-feministische Verhütungsmittel?

Die Journalistin Berit Uhlmann sieht in solchen Verhütungs-Apps ein weiteres Problem, wie sie in der Süddeutschen Zeitung schreibt. Sie gaukelten Frauen eine natürliche Verhütungsmethode mit „pseudo-feministischem Anstrich“ vor und hetzten gegen die böse Pharmalobby mit ihren hormonellen Verhütungsmitteln. So sehr ich zwar auch etwas gegen ein stumpfes Bashing „der Pharmakonzerne“ habe, kann ich diese Kritik an „Natural Cycles“ nicht nachvollziehen. Denn eins muss man den Verhütungs-Apps lassen: Sowohl „Natural Cycles“ als auch die hierzulande beliebte App „myNFP“ bieten ihren Nutzerinnen ein umfassendes Online-Informationsangebot und weisen darin auch auf andere Formen der Verhütung hin. Man kann diesen Apps also nicht den Vorwurf machen, dass sie Frauen völlig in die Irre führen wollen.

Mehr Nutzerinnen = mehr Schwangerschaften?

Mittlerweile hat auch ein Sprecher von „Natural Cycles“ Stellung zu den zahlreichen ungewollten Schwangerschaftsfällen genommen. Im Business Insider weist dieser daraufhin, dass die hohen Zahlen ganz einfach mit einer gestiegenen Nutzerschaft zusammenhingen. Dies sei schlichtweg unvermeidbar. Zudem gäbe es auch keine Informationen darüber, ob die Frauen die App sachgemäß verwendet hätten und über 18 Jahre alt seien. Denn „Natural Cycles“ richte sich ausdrücklich an volljährige Frauen mit einem regelmäßigen Zyklus. Dass die Meldungen aus Schweden Konsequenzen für die App haben wird, sei bisher laut dem Magazin noch unwahrscheinlich. Möglicherweise könnte „Natural Cycles“ aber dazu verpflichtet werden, deutlichere Warnhinweise über ungewollte Schwangerschaften in seiner App zu platzieren.

Wenn du also einen unregelmäßigen Zyklus hast oder eine ziemliche Chaotin bist, ist die Verhütung per App eher nicht für dich geeignet. In unserer Galerie zeigen wir dir diese sicheren Alternativen:

Welches Verhütungsmittel ist am sichersten?

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Nina Everwin

Verhütungs-Apps sind sehr verführerisch

Normalerweise bin ich durchaus der Meinung, dass man als Konsument in der Verantwortung ist, sich über Risiken zu informieren und man nicht immer leichtfertig „den bösen Unternehmen“ die Schuld für alles geben sollte. Im Falle der Verhütungs-Apps bin ich jedoch zwiegespalten. Ich verhüte zwar selbst nicht mit einer App, nutze aber eine Zyklus-App, die mir ebenfalls meine unfruchtbaren Tage anzeigt. Bisher habe ich mich nie auf diese Angaben verlassen, aber sie sind doch sehr verführerisch. Auch ich hatte schon Gedanken wie „Ach komm, man kann doch nur in einem ganz kleinen Zeitraum überhaupt schwanger werden. Der unfruchtbare Zeitraum, den mir die App anzeigt, scheint sehr großzügig bemessen zu sein. Vielleicht kann ich ja doch darauf vertrauen?“

Wenn ich dann jedoch den Artikel der natürlichen Verhütungsexpertin Maggie lese, merke ich, dass ich einfach überhaupt keine Ahnung habe. Wie war das noch mal mit dem Eisprung? Ich kann mir das einfach nie merken und hätte nicht einschätzen können, ob die unfruchtbaren Tage, die mir eine App anzeigt, vielleicht zu ungenau angegeben werden. Von daher kann ich in diesem Fall beim besten Willen nicht hämisch mit dem Finger auf die Frauen zeigen, die sich auf die grünen Tage in der App verlassen haben. Ganz ehrlich: Das hätte mir auch passieren können.

Wie siehst du das? Findest du es unverantwortlich, dass Frauen sich zur Schwangerschaftsverhütung auf eine App verlassen, oder siehst du die Macher von „Natural Cycles“ in der Schuld?!

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Nina Everwin
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Bildquelle: iStock/vgajic;Plus/NataliaDeriabina

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