Objektophilie, auch Objektsexualität (OS) genannt, beschreibt die sexuelle Anziehung von Menschen zu unbelebten Dingen.
Objektophilie / Objektsexualität: Definition
Der Begriff Objektophilie leitet sich vom Substantiv Objekt (im Sinne von Gegenstand) und dem griechischen Wort philos, das übersetzt Freund oder Liebe bedeutet, ab. Objektsexualität kann synonym verwendet werden.
Objektophilie ist sowohl medizinisch, als auch psychologisch bisher kaum erforscht worden. Deshalb gibt es auch keine wirklich festgeschriebene Definition. Oft wird über Objektophilie als Fetischismus oder Paraphilie gesprochen, doch Personen, die sich als OS identifizieren, sprechen lieber von einer sexuellen Orientierung. Das hängt vor allem damit zusammen, dass sie ihre für die Gegenstände empfundene Liebe nicht gerne auf den sexuellen Aspekt reduziert haben wollen. Schließlich gehen viele Objektophile sogar partnerschaftliche Verhältnisse mit ihren geliebten Dingen ein. Sie wollen sich von jenen abgrenzen, die Gegenstände nur zur sexuellen Befriedigung nutzen, weil kein anderer Mensch hierfür zur Verfügung steht oder den Menschen, die Sexspielzeuge rein aus Experimentierfreudigkeit benutzen.
Einige Sonderformen der Objektophilie haben ihre eigenen Begrifflichkeiten. Drei der bekanntesten Unterformen der Objektophilie sind Dendrophilie, Plushophilie und Pictophilie.
Dendrophilie
Als Dendrophilie bezeichnet man eine spezielle Form der Objektophilie, bei der sich die Personen vor allem zu Bäumen hingezogen fühlen. Oft reicht der bloße Anblick von Eiche, Buche und Co., um sie in Erregung zu versetzen.
Plushophilie
Plushophile Menschen nutzen Teddybären und andere Plüschtiere für ihre sexuelle Befriedigung. Manche Plushophile brauchen einfach nur die Anwesenheit ihres Teddybären, wenn sie sich selbst befriedigen und andere nutzen sie gar als Sexpuppe oder verkleiden sich selbst in einem Plüschtierkostüm.
Pictophilie
Wer pictophil ist, verbringt seine Zeit besonders gerne in Galerien und Museen, denn er oder sie gewinnt seine sexuelle Erregung aus dem Betrachten von Gemälden.
Weitere ungewöhnliche Paraphilien und ihre Erklärungen haben wir in unserer Bildergalerie zusammengefasst:
Objektsexualität in der Geschichte
Über Objektophilie in der Historie ist relativ wenig bekannt. Der Begriff „objectum sexuality“ wurde erst in den frühen 1970ern von Eija-Riitta Eklöf-Berliner-Mauer erfunden und geprägt. Die schwedische Modellbauerin, die als erste Objektsexuelle der Moderne gilt, erregte erstmals die öffentliche Aufmerksamkeit für die Objektsexualität, indem sie 1979 die Berliner Mauer in einer nicht offiziell anerkannten Zeremonie heiratete. Nach dem Fall der Berliner Mauer trauerte sie und bezeichnete sich auch als Witwe. International bekannt wurde ihre Geschichte vor allem durch den Film „Berlinmuren“ von Lars Laumann, der 2008 auf der Biennale Premiere feierte.
Eine weitere bekannte Objektsexuelle ist die Amerikanerin Erika Eiffel. Sie wurde durch ihre Hochzeit mit dem Eiffelturm im Jahr 2007 bekannt, die auch in den Medien großes Aufsehen erregte. Sie engagiert sich stark für die OS-Community und ist die Gründerin der Internetseite „Objectum Sexuality Internationale“, welche für Aufklärung und Akzeptanz für Objektophilie wirbt.
Warum lieben Menschen Objekte?
Da Objektsexualität sowohl medizinisch, als auch psychologisch kaum erforscht ist, sind die Gründe, die zu dieser speziellen Vorliebe führen, bisher unbekannt. Auf die Frage nach dem Warum haben viele Objektophile oft auch selbst keine Antwort. Viele fühlen sich bereits seit der Kindheit oder Jugend zu Gegenständen aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Funktion hingezogen.
Die einzige Studie, die bisher zur Objektsexualität existiert, wurde übrigens 2009 durchgeführt. Es handelte sich dabei um eine Onlineumfrage, an der vierzig Mitglieder der Webseite „Objektsexualität Internationale“ teilnahmen. Die Studie fand heraus, dass es möglicherweise einen Zusammenhang zwischen dem Asperger Syndrom bzw. Autismus und Objektophilie gibt. Hier fehlt allerdings die weiterreichende Forschung, um genauere Aussagen zu machen.
Wie weit geht der Kontakt?
Zunächst muss man verstehen, dass die geliebten Objekte für Objektsexuelle alles andere als seelen- oder leblos sind. Der Kontakt zwischen Mensch und Ding kann dabei ganz unterschiedlich ausfallen. Manch einer redet mit seinem Objekt, andere fühlen eine telepathische Verbindung oder verstehen eine Übertragung von Wärme und Kälte bei der Berührung als Reaktion des Gegenstandes.
Viele Objektophile haben auch sexuellen Kontakt mit ihrem geliebten Objekt. Wie das Wort Sex in diesem Fall allerdings ausgelegt und ausgelebt wird, variiert stark. Von vielen Objektsexuellen wird eher der Begriff Intimität benutzt, statt von Sex zu sprechen. Berührungen und die Nähe zum Objekt spielen eine wichtige Rolle.
Führen Objektsexuelle Beziehungen?
Objektsexuelle geben ihren geliebten Gegenständen oft Namen und fühlen sich mit ihnen in besonderem Maße verbunden – so wie in einer richtigen Beziehung. Dabei ist es für viele Objektophile Liebe auf den ersten Blick, wenn sie das geliebte Ding zum ersten Mal sehen. Sie bezeichnen sich durchaus auch als vergeben oder sogar verheiratet, wie Erika Eiffel oder Eija-Riitta Eklöf-Berliner-Mauer. Es gibt allerdings auch Objektsexuelle, die polygam leben und Gefühle für mehrere Objekte zur gleichen Zeit hegen. Dabei ist es übrigens egal, ob es sich um ein Auto, eine Gitarre, einen Kran oder ein öffentliches Gebäude handelt. Objektsexuelle können sich in alle möglichen Dinge verlieben und Bindungen mit ihnen eingehen.
Wie in jeder Beziehung zwischen Menschen kann es auch in einer Beziehung zwischen Mensch und Ding zu Liebeskummer, Eifersucht oder einer Trennung kommen. Wer sich in ein Monument, wie zum Beispiel den Eiffelturm, verliebt, muss diesen schließlich auch mit sehr vielen Menschen teilen.
Quellen
Objektsexualität Internationale
Studie „LOVE AMONG THE OBJECTUM SEXUALS“ von Amy Marsh
SPIEGEL-Interview „Valentina war lange in einen Kran verliebt“
Bildquelle: iStock/gradyreese/iStock, Zinkevych, encrier