Wer einen natürlichen Zyklus hat (also nicht hormonell verhütet), kennt es vermutlich: Je nach Zyklusphase können die Hormone ganz schön verrückt spielen und die Stimmung und das allgemeine Wohlbefinden enorm beeinflussen. Eigentlich also naheliegend, dass diese monatliche Achterbahn der Gefühle auch Auswirkungen auf unsere sexuelle Lust hat, oder nicht? Wie genau du deinen Zyklus für dein Liebesleben nutzen kannst und was das Ganze mit Jahreszeiten zu tun hat, hat uns die Sexualtherapeutin Dania Schiftan verraten.
Dania Schiftan ist Psychotherapeutin und klinische Sexologin und bietet nicht nur private Beratungen in ihrer Praxis an, sondern teilt ihr Wissen auch auf Instagram. Und sie hat bereits drei Bücher geschrieben, wovon das neueste – „Das Comeback deiner Lust“ – im August 2024 erschienen ist. Ich habe Dania Schiftan zum Interview getroffen und mit ihr darüber gesprochen, wie sich der Zyklus auf die weibliche Lust auswirkt und wie Frauen ihn für ihr Sexleben nutzen können – ein Thema, das auch in ihrem Buch einen Platz gefunden hat. Ihre Antwort? Paare sollten sich da mehr auf den Frühling und Sommer konzentrieren. Die Hälfte des Jahres enthaltsam zu leben, meint die Expertin allerdings nicht. Wusstest du schon, dass die vier Jahreszeiten sich auch in deinem Zyklus wiederfinden?

Was der Zyklus mit Jahreszeiten zu tun hat
„Wer nicht hormonell verhütet, hat einen natürlichen Zyklus – und den kann man tatsächlich recht einfach in Frühling, Sommer, Herbst und Winter einteilen“, hat Dania Schiftan mir im Interview verraten. Welche Jahreszeit welcher Zyklusphase zugeordnet wird, siehst du hier im Überblick:
- Winter: Menstruationsphase
- Frühling: Follikelphase (zwischen Periode und Eisprung)
- Sommer: Eisprungphase
- Herbst: Lutealphase (zwischen Eisprung und Periode)
Was genau in den verschiedenen Zyklusphasen vor sich geht und wie sie sich auf deine Stimmung auswirken, kannst du hier nachlesen. Oder du schaust es dir direkt im Video an:
Und wie sich das Ganze auf deine Lust auswirkt? Das verraten wir dir jetzt …
In welcher Zyklusphase hat man am meisten Lust?
Die Zyklusphasen unterscheiden sich nicht nur durch körperliche Prozesse wie den Eisprung oder die Menstruation, sondern vor allem durch die vorherrschenden Hormone – und die sind am Ende auch dafür verantwortlich, dass wir in bestimmten Phasen mehr sexuelles Verlangen und in anderen Phasen weniger sexuelles Verlangen verspüren. In welcher Zyklusphase man also am meisten Lust hat? Im Frühling und im Sommer.
„Im Frühling (nach der Periode, aber vor dem Eisprung; hier steigt das Hormon Östrogen) herrscht häufig dieses ‚Raus und erleben‘-Gefühl, man hat Lust auf Sex, vielleicht wilderen Sex, neugierigeren Sex, frecheren Sex“, sagt Dania Schiftan. „Beim Eisprung (also im Sommer) haben viele die stärkste Lust – das macht ja biologisch auch Sinn. Aber auch an den Tagen nach dem Eisprung machen sich viele immer noch gerne nackig, finden sich schön und haben gerne Sex.“ Im Herbst (nach der Eisprungphase) kann sich das dann ändern – denn in der Lutealphase steigt das Hormon Progesteron, das für die Erhaltung einer möglichen Schwangerschaft nötig ist. „Herbst und Winter – das ist kurz vor der Periode und die Periode selbst – da gehen manche in den Rückzug, da geht’s eher um Kuscheln, um Nähe, das sexuelle Feuer lodert da etwas ruhiger. Es wird intimer und langsamer“, sagt die Sexualtherapeutin.
Wichtig bei alldem ist: Jede Frau ist anders. Es gibt viele Frauen, die während der Menstruation große Lust verspüren, weil ihr Genitalbereich stärker durchblutet ist, und genauso Frauen, für die auch der Herbst noch lustvoll verläuft. Fakt ist aber, dass die Auseinandersetzung mit dem weiblichen Zyklus durchaus helfen kann, die eigene Lust besser zu verstehen – und am Ende auch nachsichtiger mit sich selbst umzugehen.
Wie sieht das Ganze in der Praxis aus?
„Die Idee, dass wir immer gleich viel Sex haben sollten, macht allein schon mit dem Zyklus nicht so viel Sinn“, fasst Dania Schiftan zusammen. „Wenn man seinen Zyklus versteht und mitrechnet, dann kann man auch danach planen.“ Das kann laut Expertin bedeuten, Sex und Intimität aktiv im Kalender zu planen oder sich einfach bewusster zu beobachten und zu verstehen. „Ganz viele sind sich ihrem Zyklus nicht bewusst und werten sich dann im Herbst und Winter oft mit dem Gedanken ‚Wir hatten schon wieder keinen Sex‘ ab. Und gleichzeitig vergessen sie vielleicht, den Frühling zu nutzen.“ Stattdessen rät die Expertin das Gegenteil: Besonders im Frühling und Sommer (also nach der Menstruation bis hin zum Eisprung) Sex haben und im Herbst und Winter (vor und während der Periode) dann halt anders oder weniger oder gar nicht – je nachdem wie Frau sich fühlt.
Wer sein Sexleben mehr nach seinem Zyklus gestaltet, hat am Ende also nicht nur lustvolleren Sex, sondern vor allem eines: weniger Druck sich selbst gegenüber und auch gegenüber dem Partner oder der Partnerin. Es gibt nämlich einen guten Grund dafür, warum du nicht permanent und immer auf dem gleichen Level vor sexuellem Verlangen übersprudelst. Das ist absolut normal und absolut in Ordnung!
Wenn du mehr von Dania Schiftan lesen möchtest – auch zum Thema Zyklus – können wir ihr neuestes Buch „Das Comeback deiner Lust“ empfehlen. Darin erfährst du, wie du deine eigene Libido zurückerobern kannst, wenn du das Gefühl hast, sie irgendwo zwischen Alltag und Beziehung verloren zu haben. Du findest es zum Beispiel in Dania Schiftans eigenem Shop oder bei Amazon: