Tiefe emotionale Verbindungen können einschüchternd wirken. Während wir uns einerseits nach Nähe sehnen, lösen intensive Gefühle oftmals unbewusste Schutzmechanismen in uns aus. Viele Menschen halten daher unbewusst andere auf Distanz. Kennst du dieses Phänomen? Das Gefühl, einerseits jemanden näher kennenlernen zu wollen und andererseits wie von einer unsichtbaren Kraft zurückgehalten zu werden? Dieser kleine „Selbsttest“ könnte dir dabei helfen herauszufinden, ob du möglicherweise Angst vor echten Gefühlen hast.
#1
Fühlst du dich unwohl, wenn jemand zu schnell emotional intim werden möchte?
Wenn dir jemand nach wenigen Treffen erzählt, wie wichtig du bereits für ihn oder sie geworden bist oder wie gut es sich mit dir anfühlt, schrillen bei dir innerlich die Alarmglocken? Menschen mit Angst vor emotionaler Tiefe empfinden solche frühen Gefühlsbekundungen oft als bedrängend oder „zu viel“. Während gesunde Vorsicht natürlich normal ist, kann eine übermäßig starke Abwehrreaktion auf ehrliche Gefühlsäußerungen ein Hinweis sein, dass du selbst Schwierigkeiten mit emotionaler Nähe hast.
Statt sofort in Panik zu geraten, wenn jemand Gefühle äußert, versuche stattdessen mal wahrzunehmen, was genau dich verunsichert. Ist es wirklich zu früh – oder löst die Vorstellung von Nähe eine alte Angst in dir aus?
#2
Lenkst du Gespräche um, wenn sie zu persönlich werden?
Themenwechsel sind eine klassische Ausweichstrategie. Beobachte dich beim nächsten tieferen Gespräch also mal: Wechselst du das Thema, wenn es zum Beispiel um Verletzlichkeit, Zukunftswünsche oder emotionale Bedürfnisse geht? Oder greifst du zu Humor, um die Stimmung aufzulockern, sobald es emotional wird? Diese unbewusste Taktik schützt vor Verletzlichkeit – verhindert aber auch echte Verbindung.
Beim nächsten Date könntest du versuchen, bewusst in einem tiefen Gespräch zu bleiben, auch wenn es sich zunächst unangenehm anfühlt. Du wirst überrascht sein, wie befreiend es sein kann, dich auf dieser Ebene mitzuteilen – und wie sehr es die Verbindung stärken kann.
#3
Ziehst du dich zurück, wenn eine Beziehung intensiver wird?
Ein typisches Muster: Sobald das Kennenlernen in eine tiefere Phase übergeht, verspürst du plötzlich den Drang, Abstand zu nehmen. Vielleicht arbeitest du mehr, triffst häufiger Freund*innen ohne dein Date oder bist mental weniger präsent. Diese „Ein-Schritt-vor-zwei-Schritte-zurück“-Dynamik ist ein klassisches Zeichen für die Angst vor echten Gefühlen. Der Rückzug erfolgt oft genau dann, wenn emotionale Nähe entstehen könnte.
Wenn du dieses Muster bei dir erkennst, versuche dir bewusst zu machen, dass dein Unbehagen ein vorübergehendes Gefühl ist – kein Signal, dass etwas nicht stimmt. Oft lohnt es sich, durch diese Phase der Unsicherheit hindurchzugehen, anstatt die Beziehung vorzeitig zu beenden.
Du datest gerade online?
Falls du dabei unsicher sein solltest, haben wir dir im Video mal ein paar nützliche Tipps zusammengefasst.
#4
Analysierst du die kleinsten „Fehler“ der anderen Person?
„Sie schreibt zu viele Nachrichten“, „Er hat einen seltsamen Lachstil“, „Ihre Begeisterung für dieses Hobby ist übertrieben“ – kommen dir solche Gedanken bekannt vor? Die überkritische Bewertung von Kleinigkeiten (The Ick lässt grüßen!) ist häufig ein unbewusster Schutzmechanismus. Indem wir „Fehler“ suchen und aufbauschen, rechtfertigen wir unsere emotionale Distanz und schützen uns vor möglicher Enttäuschung.
Frage dich beim nächsten Mal, ob der „Makel“, der dich plötzlich so stört, wirklich ein Ausschlusskriterium ist – oder ob du vielleicht nur einen Grund suchst, auf sicherem emotionalen Abstand zu bleiben. Kein Mensch ist perfekt – und ehrliche Verbindung entsteht nicht trotz, sondern oft gerade durch unsere Unvollkommenheiten.
#5
Fühlst du dich oft erleichtert, wenn Verabredungen abgesagt werden?
Ein aufschlussreicher Test: Wie reagierst du emotional, wenn ein Date kurzfristig absagt? Natürlich kann Enttäuschung normal sein – aber wenn deine erste Reaktion Erleichterung ist, könnte das ein Hinweis sein, dass du unbewusst emotionale Nähe vermeidest. Menschen mit Angst vor tiefen Gefühlen verspüren oft eine paradoxe Mischung aus Sehnsucht nach Verbindung und gleichzeitiger Erleichterung, wenn sie diese Verbindung nicht eingehen müssen.
Beobachte deine spontanen Reaktionen auf Absagen genau. Sie können dir wichtige Hinweise darauf geben, ob du tatsächlich bereit für eine neue Beziehung bist – oder ob du vielleicht erst alte emotionale Muster auflösen solltest.
Lass dich von deinen Ängsten nicht ausbremsen!
Wenn du mehrere dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet hast, bedeutet das nicht, dass du unfähig bist, tiefe Bindungen einzugehen. Es zeigt vielmehr, dass du – wie viele Menschen – Schutzmechanismen entwickelt hast, die dich vor emotionalen Verletzungen bewahren sollen. Der erste Schritt zur Veränderung ist hier auf jeden Fall, sich dessen bewusst zu werden. Wenn du gerade also datest, beobachte einfach mal deine Reaktionen in bestimmten Situationen und frage dich: „Halte ich diese Person gerade auf Distanz? Und wenn ja, warum?“ Oft stammen unsere Ängste aus früheren Erfahrungen – vielleicht wurden deine Gefühle einmal nicht erwidert oder du hast in der Vergangenheit Verletzungen erlebt.
Versuche, in kleinen Schritten mehr emotionale Offenheit zuzulassen. Das kann bedeuten, ein persönliches Gespräch nicht sofort zu unterbrechen oder trotz des Impulses wegzulaufen, in dieser vielleicht vielversprechenden Begegnung zu bleiben. Mit der Zeit wird dir diese Offenheit sicher leichter fallen – und die Belohnung, echte emotionale Verbindung zu erleben, ist die Überwindung der Angst definitiv wert. Wenn du dabei allerdings merken solltest, dass deine Blockaden zu tief sitzen, kann natürlich auch professionelle Unterstützung ein Schritt sein. Eine Therapie bietet dir nämlich einen geschützten Raum, um die Ursachen deiner Ängste zu ergründen und neue emotionale Muster zu entwickeln. Für dich – und eine Zukunft, in der Ängste dich nicht mehr ausbremsen.