Laut dem Berliner Therapeuten Wolfgang Krüger gibt es zwei Jahreszeiten, in denen sich die meisten Paare trennen: nach den Sommerferien und nach Weihnachten. Genauer gesagt sind es jeweils etwa ein Drittel – ausgehend von den Paaren, die Wolfgang Krüger in seiner Praxis betreut – während sich das letzte Drittel über das restliche Jahr verteilt. Aber woran liegt das? Wir haben uns das Beispiel mit Weihnachten – passend zur aktuellen Jahreszeit – mal genauer angeschaut und fünf Gründe gesammelt, die für die erhöhte Trennungsgefahr nach den Feiertagen verantwortlich sind.
#1
Intensive Zeit deckt Probleme auf
Während der Feiertage verbringen Paare oft mehr Zeit miteinander als im Alltag. Diese intensive Nähe kann wie ein Brennglas wirken und bereits bestehende Probleme deutlicher hervortreten lassen. Unterschiedliche Vorstellungen von der gemeinsamen Zeitgestaltung, mangelnde Kommunikation oder fehlendes Interesse am anderen werden plötzlich offensichtlicher. Was im Alltagstrott noch überspielt werden konnte, lässt sich in der Weihnachtszeit nicht mehr ignorieren.
#2
Unterschiedliche Bedürfnisse werden sichtbar
Die Feiertage zeigen oft deutlich, wie verschieden die emotionalen und sozialen Bedürfnisse zweier Partner*innen sein können. Während die eine Person vielleicht Ruhe und Zweisamkeit sucht, möchte die andere jeden Tag mit Aktivitäten und sozialen Kontakten füllen. Auch der Umgang mit Stress und die Art, wie Zuneigung gezeigt wird, können stark voneinander abweichen. Diese unterschiedlichen Bedürfnisse, die im Alltag weniger auffallen, treten in der Weihnachtszeit besonders deutlich hervor und können zu der Erkenntnis führen, dass man langfristig nicht zueinander passt.
#3
Enttäuschte Erwartungen
Weihnachten ist emotional aufgeladen und mit vielen Erwartungen verbunden. Viele Menschen sehnen sich nach der perfekten, harmonischen Zeit mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin. Werden diese hohen Erwartungen nicht erfüllt, macht sich Ernüchterung breit. Besonders wenn der Partner oder die Partnerin wenig Mühe in die gemeinsame Gestaltung der Feiertage steckt oder die Geschenke lieblos erscheinen, können sich daraus tiefe Enttäuschungen entwickeln.
Diese Sätze ruinieren jedes Weihnachtsfest
Welche Aussagen die desired-Redaktion an den Feiertagen nicht mehr hören möchte, zeigen wir dir im Video.
#4
Familiäre Spannungen eskalieren
Die Feiertage bedeuten oft auch intensive Zeit mit der Familie – sowohl mit der eigenen als auch mit der des Partners bzw. der Partnerin. Unterschiedliche Familientraditionen, schwierige Schwiegereltern oder mangelnder Rückhalt des Partners bei Familienkonflikten können zu erheblichen Spannungen führen. Wenn sich jemand zwischen Familie und Partner*in entscheiden muss oder sich nicht ausreichend unterstützt fühlt, kann das die Beziehung stark beeinflussen. „Die Feiertage sind auch für funktionierende Beziehungen oft eine massive Belastung, doppelt und dreifach daher für Beziehungen, in denen es eh schon kriselt“, bestätigt auch Psychologin Felicitas Heyne gegenüber t-online.
#5
Neujahrsvorsätze führen zu Veränderungen
Der Jahreswechsel ist traditionell eine Zeit der Reflexion und der guten Vorsätze. Viele Menschen überdenken ihr Leben und ihre Beziehungen besonders intensiv. Fragen wie „Macht mich diese Beziehung wirklich glücklich?“ oder „Ist das die Zukunft, die ich mir wünsche?“ rücken in den Fokus. Der Wunsch nach Veränderung und einem Neuanfang kann dann zur Trennung führen, besonders wenn die Antworten auf diese Fragen nicht positiv ausfallen.
Was, wenn es gar nicht gut läuft?
Wer merkt, dass die Weihnachtszeit die eigene Beziehung auf eine harte Probe stellt, sollte nicht vorschnell aufgeben. Oft hilft es, die eigenen Erwartungen zu überdenken und offen mit dem Partner oder der Partnerin zu sprechen. Plant bewusst entspannte Momente zu zweit ein und setzt euch nicht zu sehr unter Druck, die „perfekten“ Feiertage zu gestalten. Manchmal braucht es einfach etwas Zeit und Abstand von der intensiven Feiertagsphase, um wieder klarer zu sehen und gemeinsam neue Wege zu finden.
Manchmal schlägt der Weihnachtsfluch allerdings auch schon vor den Feiertagen zu – das kennt zumindest meine Kollegin Nina:
„Wird der das nächste Weihnachten überleben?“
Dieser Satz war in meiner Familie vor einigen Jahren ein echter Running Gag: Gleich zweimal habe ich kurz vor Weihnachten Schluss gemacht (sehr zum Leidwesen meiner Mutter, die natürlich schon Geschenke besorgt hatte). Aber wieso überkam mich das Gefühl, Schluss machen zu wollen, ausgerechnet in der Vorweihnachtszeit? Ganz einfach: Ich liebe Weihnachten. Ich liebe die Weihnachtszeit und alles, was damit zusammenhängt. Für mich ist sie eine der schönsten und harmonischsten Zeiten des Jahres – und genau das ist der springende Punkt: Irgendwie habe ich erst da gemerkt, dass es in den Beziehungen überhaupt nicht so läuft, wie ich mir das eigentlich wünsche und mich der Gedanke, die eigentlich so schöne Weihnachtszeit mit diesen Menschen zu verbringen, überhaupt nicht glücklich macht und wahrscheinlich von völlig verschiedenen Vorstellungen und Erwartungen, die überhaupt nicht zusammenpassen, überschattet wird. Und weil ich diese Art von Disharmonie weder in der Vorweihnachtszeit noch im Vorausblick auf das nächste Jahr mit mir herumschleppen wollte, habe ich das Ganze einfach vor Weihnachten noch beendet – und habe es keine Sekunde bereut. Kurz und knapp: Der Glanz der Vorweihnachtszeit hat mich erkennen lassen, dass er nie der Richtige war!