„Zwischen Tüll und Tränen“, „Vier Hochzeiten und eine Traumreise“, „Mein Traum in Weiß“ und dazu zahlreiche Bilder auf Pinterest und Instagram sorgen immer mehr dafür, dass Hochzeiten heute vor allem eines zu sein scheinen: extravagant und teuer. Ich fasse mir bei jeder #dreamwedding in meinem Feed nur noch an den Kopf, kann keine Candy Bars mehr sehen und frage mich vor allem: Was soll das Ganze?
Wie viel darf eine Hochzeit kosten?
Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass eine Hochzeit absolut nicht günstig ist. Als ich meinem Mann 2016 das Ja-Wort gab, haben wir nur unsere 20 engsten Familienmitglieder und Freunde eingeladen und landeten am Ende trotz Brautkleid von der Stange, einfacher Silber-Ringe und Location mit Familienrabatt bei rund 5.000 Euro – eine sehr stolze Summe für meinen Mann und mich, weil wir damals gerade erst am Anfang unserer beruflichen Karrieren standen. Die Feier war zwar eher einfach gehalten, aber mir hat nichts gefehlt und am Ende blieb noch ein wenig Kohle für unsere Flitterwochen übrig.
Andere Hochzeiten, auf denen ich bisher eingeladen war, haben grob geschätzt eher das Doppelte oder Dreifache von meinem Budget gekostet. Dabei teilen eigentlich viele meine Einstellung zu den Kosten der Festlichkeiten. In einer Befragung aus dem Jahr 2017 gaben 38 Prozent der Leute an, zwischen 1.000 und 5.000 Euro für ihre Hochzeit ausgeben zu wollen.
In der Realität sind Hochzeiten für 5.000 Euro – selbst mit geringen Ansprüchen – eher schwierig umzusetzen. Je nachdem, welche speziellen Wünsche das Brautpaar hat und welche Qualität der Services erwartet wird, sind, laut einer Schriftführerin des Bundes deutscher Hochzeitsplaner e.V., Summen ab 10.000 Euro aufwärts wesentlich wahrscheinlicher. Nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt.
Tüll, Tränen und viel Kommerz
Während man früher noch Brautzeitschriften kaufen musste, um ein wenig Inspiration für die eigene Trauung zu bekommen, reicht heute ein Blick auf Instagram und Pinterest für die eigene #dreamwedding. Und auch beim Durchschalten kann einem im Fernsehen die eine oder andere Sendung begegnen, in der Frauen weinen, wenn sie ihr perfektes Brautkleid entdeckt haben, oder Frauen zynisch das Essen auf der Hochzeit einer Konkurrentin „als zu kalt“ oder „nicht ausgefallen genug“ bewerten.
Wann immer ich mit solchen Hochglanz-Hochzeiten konfrontiert werde, rolle ich die Augen und denke mir nur: Kein Wunder, dass die Leute das Gefühl haben, immer mehr für ihre Feier ausgeben zu müssen. Der Trend zur teuren Hochzeit kommt aus Amerika, wo die Kosten für eine durchschnittliche Hochzeit bei 44.000 Dollar liegen. Und natürlich, wer in seinem Social Media Feed immer wieder auf pompöse Insta-Weddings mit Fotobox, Candy Bar, Naked Cake und Co. blickt, fühlt sich mit dem Gedanken einer günstigen Gartenhochzeit im kleinen Kreis vielleicht plötzlich minderwertig – oder denkt zumindest: „Tolle Idee, das will ich für meine Hochzeit aber auch!“ Die eigene Budget-Rechnung steigt und steigt, weil viele Brautpaare sich von solchen Bildern unter Druck gesetzt fühlen:
Und für wen macht ihr das ganze Spektakel?
Was mich besonders an diesen völlig übertrieben inszenierten Hochzeiten nervt, ist die Frage: Wer soll damit beeindruckt werden? Meiner Erfahrung nach, hat man am Hochzeitstag selbst nämlich nicht viel von allem Tamtam, das man sich so überlegt hat, sondern hetzt eher gestresst von Programmpunkt zu Programmpunkt und schafft es nur mit Müh und Not etwas vom extravaganten Büffet oder der fünfstöckigen Hochzeitstorte zu naschen. In Ruhe mit den Gästen quatschen und die eigene Hochzeit genießen? Klingt romantisch – findet für viele Brautpaare aber aufgrund der ambitionierten Planung nicht statt. Mit etwas Glück sind die Gäste am Ende von Deko, Location und Essen schwer beeindruckt – und vielleicht gibt's auf Instagram auch ein paar Likes und Glückwünsche. Aber ist das wirklich den Preis und Stress wert?
Teure Hochzeiten sind nicht besser als günstige!
Ich höre immer wieder, dass die Hochzeit der schönste Tag im Leben sein soll, und dieser Tag deshalb auch durchaus etwas mehr kosten darf. Ich will auch niemandem vorschreiben, welches Budget angemessen ist. Aber ich möchte an dieser Stelle noch einmal betonen, dass es sich um einen einzigen Tag handelt. EINEN. EINZIGEN. TAG. Und auch wenn Instagram, und TV-Doku-Soaps uns brainwashen wollen: Es ist doch völlig verrückt für ein paar Stunden so viel auszugeben, wie für ein brandneues Auto, oder?
Am Ende habe ich außerdem das Gefühl, es geht bei den ganzen Hochzeitstrends der letzten Jahre vor lauter Glitzer und Hashtags völlig verloren, worum es eigentlich geht: die Liebe. Klingt jetzt ein bisschen cheesy, aber bei einer Hochzeit sollte es nicht um die Instagrammability gehen, sondern um das Paar und den glücklichen Start in die Ehe. Mein Vorschlag: Investiert lieber ein bisschen mehr Zeit in die Formulierung eines schönen Eheversprechens statt euch verrückt zu machen und stundenlang im Internet in Inspo-Bildern zu versinken.
Die beste Nachricht zum Schluss: Eine Studie aus dem Jahr 2014 fand heraus, dass mit dem Preis der Hochzeit auch das Scheidungsrisiko steigt. Ergo halten günstige Hochzeiten länger. Schulden für eine Hochzeit aufzunehmen, ist deshalb unnötig. Darauf erhebe ich mein Glas Sekt (statt Champagner) und sage: Lasst euch nicht blenden und feiert eure Hochzeit, wie ihr es für richtig haltet.
Und, wie stellst du dir deine Traumhochzeit vor? Willst du lieber im kleinen Kreis feiern oder planst du eine große Party mit allen Freunden und Bekannten?
Bildquelle: Unsplash/Sweet Ice Cream Photography, Statista, Pinterest