Stell Dir vor, Du würdest Deinen derzeitigen Freund heiraten und ihn ab sofort eben vor anderen nicht mehr als „mein Freund“, sondern eben als „mein Mann“ vorstellen. Das klingt in Deinen Ohren total merkwürdig? Mit dieser Empfindung bist Du nicht alleine: Selbst bereits verheirateten Paaren gehen die Bezeichnungen „mein Mann“ und „meine Frau“ oft nicht leicht über die Lippen. Doch warum ist das nur so? Wir sind diesem seltsamen Phänomen auf den Grund gegangen und zeigen Dir, was Paare an diesen Titeln so stört und welche Erklärung die Wissenschaft dafür hat.
Was manche Paare an den Begriffen „mein Mann“ und „meine Frau“ stört
„Und somit ernenne ich Sie zu Mann und Frau“ heißt es zum Ende der Trauzeremonie. Ab diesem Zeitpunkt ist man in einer Beziehung nicht mehr nur Freund und Freundin füreinander, sondern Ehemann und Ehefrau. Viele junge Paare können sich aber einfach nicht an den Klang dieser neuen Titels gewöhnen. „Mein Mann“ – das klingt so furchtbar hart und besitzergreifend. In den Ohren vieler Frauen klingt es so, als wären sie ihrem Mann untergeordnet, während die Bezeichnung „Freund“ irgendwie gleichwertiger klang. Umgekehrt fühlen sich auch manche Männer unwohl dabei, ihre Liebste als „meine Frau“ zu bezeichnen, denn das hört sich so an, als würden sie diese besitzen. Bei vielen wecken diese Bezeichnungen also Bilder von veralteten Geschlechterrollen, die in einer gleichwertigen modernen Beziehung fehl am Platz wirken. Nicht selten kommt es daher vor, dass junge Paare sich untereinander nur mit einer gewissen Ironie als Mann und Frau bezeichnen.
Die wissenschaftliche Erklärung hinter dem Phänomen
Dass die Bezeichnungen „mein Mann“ und „meine Frau“ gewisse Assoziationen wecken, kommt nicht von ungefähr. Denn wir verknüpfen Worte unbewusst auch mit ihren historischen Bedeutungen und ihrer Verwendung in Literatur und Filmen, sodass die Bezeichnung „mein Mann“ in Dir vielleicht eher das Bild eines alten Patriarchen weckt als das Deines geliebten Lebenspartners. Auch in anderen Sprachen besteht übrigens dieses Problem. Insbesondere im Englischen sind die Begriffe „husband“ und „wife“ stark sexistisch konnotiert: „Husband“ bedeutet ursprünglich so viel wie Herr des Hauses, während „wife“ einfach eine eher wahllose Bezeichnung für jede Frau war. Im Japanischen bedeutet die Bezeichnung „Oku-san“ für Ehefrau sogar lediglich „die Person im Hintergrund“.
Doch nicht nur die Bedeutung, sondern auch allein der Klang der Wörter kann ein Grund dafür sein, dass sie manchen Paaren missfallen. Die Linguistin Amanda Montell hat untersucht, warum es Vorbehalte gegenüber diesen Begriffen gibt und kam zu dem Schluss, dass im Englischen der Begriff „husband“ einfach viel zu lang und umständlich ist, während „wife“ einen sehr harten Klang hat. Ähnlich ist das wohl auch im Deutschen: „Mein Mann“ klingt einfach eher plump und verdeutlicht im Gegensatz zu Bezeichnungen wie Partner oder Lebensgefährte auch nicht, dass ihr in einer partnerschaftlichen und liebevollen Beziehung zueinander steht.
„Das ist mein Mann“ kann auch schön klingen
Allerdings haben nicht alle Paare etwas gegen diese Bezeichnungen – im Gegenteil! Der ein oder andere fühlt sich auf einmal äußerst erwachsen, wenn der Partner anderen nicht mehr bloß als „mein Freund“ vorgestellt wird. Der Beziehung wird durch die Hochzeit und die neuen Titel quasi auch etwas mehr Seriosität verliehen. Vom Partner als „meine Frau“ bezeichnet zu werden, kann sich eben auch wie eine Ehre anfühlen, denn Freundin ist schließliche eine weniger exklusive Bezeichnung.
Viele Paare legen allerdings wert darauf, sich anderen stets auch mit vollem Namen und nicht nur mit „Frau“ und „Mann“ vorzustellen. Somit wollen sie sicherstellen, dass sie ihre individuellen Persönlichkeiten bewahren und sie durch die Hochzeit nicht lediglich eine Rolle erfüllen. Anstatt „Das ist mein Mann“ solltest Du also vielleicht eher sagen: „Das ist Arne, mein Mann.“
Anderen Paaren gefallen die Bezeichnungen aus ganz anderen Gründen: Für die einen haben die traditionellen Titel einen erotischen Touch und passen gut in sexuelle Rollenspiele. Für homosexuelle verheiratete Paare können sie sogar eine empowernde Wirkung haben, denn es kann eine gewisse Genugtuung bereiten, den Partner in der Öffentlichkeit oder vor homophoben Menschen selbstbewusst als „meinen Mann“ oder „meine Frau“ zu bezeichnen.
Kannst Du Paare nachvollziehen, die sich total bescheuert dabei vorkommen, ihren Partner nach der Hochzeit anders zu nennen oder findest Du, dass das zur Tradition einfach dazugehört? Wenn Du bereits verheiratet bist, verrate uns, wie Du anderen Deinen Ehemann vorstellst. Vielleicht gebt Ihr Euch untereinander ja auch eher einer dieser beliebten Kosenamen.
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