Eins ist klar: Worte können mindestens genauso verletzend sein wie Taten. Emotionaler Missbrauch ist deshalb ein wichtiges Thema, das in der Gesellschaft aber oft übersehen wird, da eben keine offensichtlichen Spuren am Körper prangen. Wir erklären dir, wie du emotionalen Missbrauch erkennst und wie du mit ihm umgehen kannst.
Was ist emotionaler Missbrauch und wie erkenne ich ihn?
Emotionaler Missbrauch ist das Resultat von verbaler bzw. psychologischer Gewalt, die über einem längeren Zeitraum in oft identischen Mustern erfolgt. Entscheidend ist dabei, dass es immer ein Ungleichgewicht zwischen dem Täter und dem Opfer gibt. Der Täter befindet sich in einer Machtposition und lässt das Opfer diesen Unterschied durch sein Verhalten oft sehr deutlich spüren. Die häufigsten Warnzeichen sind dabei:
# Kontroll- und Eifersucht
Wenn der Partner krankhaft eifersüchtig ist, kann er sehr kontrollierend werden und anfangen, die Freiheiten des anderen einschränken. Dann wird schnell ins Handy geschaut, dir auferlegt, was du anziehen sollst oder mit wem du wann ausgehen darfst. Wirst du bevormundet und wie ein Kind behandelt, kann das ein erstes Anzeichen für emotionalen Missbrauch sein, der dich langsam immer mehr in die Abhängigkeit von deinem Partner treibt.
Vorsicht: Oft sind missbrauchende Partner äußerst manipulativ und versuchen ihre Kontrollsucht als Besorgnis zu tarnen. Wenn du selbst nicht mehr über deine eigenen Handlungen bestimmen darfst, ist es Zeit, klare Grenzen zu setzen und deine Selbstbestimmtheit einzufordern.
# Emotionale Distanz
Oft ist ein Nähe-Distanz-Problem ein Anzeichen für emotionalen Missbrauch. Das bedeutet, dass der Partner dir, wenn ihm etwas nicht passt, bewusst die Nähe entzieht, obwohl du sie dringend bräuchtest. Dieser Fall tritt auch vor allem bei Kindern auf. Dieser „Liebesentzug“ tut nicht nur weh, dein Partner nimmt dabei auch keinerlei Rücksicht auf dich und deine Gefühle. Es mangelt ihm klar an Empathie und Einfühlungsvermögen.
# Erniedrigung
Erniedrigung ist ein klares Warnzeichen von emotionalem Missbrauch. Wenn dein Partner also immer wieder vor anderen Personen offen über dich lacht oder Witze auf deine Kosten macht, die dich verletzen, ist äußerste Vorsicht geboten. Spätestens, wenn du dich beschwerst und er dir erklärt, dass du dich „nicht so haben“ sollst oder „viel zu sensibel“ bist, überschreitet er eine Grenze und erniedrigt dich. Interessanterweise sind missbrauchende Personen oft selbst nicht in der Lage, Kritik an sich einzustecken und können über kleine Witzchen meist auch nicht lachen.
Mach dir klar: Keiner hat über deine Gefühle und Meinungen zu bestimmen und keiner das Recht dich zu abzuwerten.
Was können die Folgen von emotionalem Missbrauch sein?
Emotionaler Missbrauch hat vor allem psychische Folgen. Die Opfer haben häufig ein geringes Selbstwertgefühl, fühlen sich hilflos und suchen die Schuld meist vorrangig bei sich selbst. Oft isolieren sich die Opfer und meiden den Kontakt zu Freunden und Verwandten. Auch der Körper kann leiden und Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Magenprobleme die Folge sein. Im schlimmsten Fall können Depressionen und Angststörungen eintreten.
Was kannst du tun, wenn du selbst betroffen bist?
Es ist nicht leicht, sich aus einer toxischen Beziehung zu befreien. Schließlich kostet es einiges an Mut und Überwindung sich dem Täter entgegenzustellen und die eigenen Gefühle zu äußern. Wenn du allerdings immer darauf wartest, dass sich etwas ändert, bleibst du im Teufelskreis gefangen und riskierst, dass du psychische Schäden davonträgst oder die verbale Gewalt vielleicht auch irgendwann in körperliche Gewalt umschlägt. Deshalb solltest du unbedingt ein paar Dinge unternehmen, um rechtzeitig die Reißleine zu ziehen, bevor deine Gesundheit leidet:
# Sprich über deine Gefühle
Den ersten Schritt, um sich vom emotionalen Missbrauch zu befreien, ist es, ihn offen anzusprechen. Weise deinen Partner auf die Verhaltensweisen hin, die dafür sorgen, dass du dich minderwertig fühlst. Mach deine Rechte klar, fordere sie dir ein und setze deinem Partner klare Grenzen. Wenn dein Partner dabei versucht zu provozieren, nimm dich zurück und gehe nicht auf eventuelle Beleidigungen oder Drohungen ein. Beende lieber die Disksussion und entfliehe der Situation.
# Vergiss alle Ausreden
Viele Menschen bleiben viel zu lange in einer Beziehung, die ihnen eigentlich nur schadet. Mach dir klar, dass die Person dir seelisches Leid zufügt und dir nicht den gebührenden Respekt zeigt. Ausreden wie „er ist ein toller Mensch, wenn man ihn näher kennenlernt“ solltest du aus deinem Wortschatz streichen. Dein Mitgefühl ist unangebracht, denn es hilft der missbrauchenden Person nicht, die eigenen Fehler zu erkennen und bringt sie auch nicht dazu, sich zu ändern.
# Such die Distanz
Wenn du deinem Partner dein Herz ausgeschüttet hast, er aber uneinsichtig reagiert und auch kurze Zeit danach wieder die gleichen Verhaltensmuster zeigt, kann es helfen, etwas Abstand zu suchen. Wenn du immer nur damit drohst, dass du die Beziehung beendest, dabei aber immer noch im engen Kontakt bleibst, wirst du wahrscheinlich nicht genügend ernst genommen. Zieh also vorübergehend aus der gemeinsamen Wohnung aus und reagiere nicht auf Anrufe oder Nachrichten. Nutze die Zeit zum Nachdenken und fixiere dich nur auf dich selbst und deine Gefühle. Falls du dich entscheidest, deinem Partner eine zweite Chance zu geben, es aber wieder zu Problemen kommt, ziehe die Reißleine und beende die Beziehung. Brich den Kontakt ab und suche dir einen sicheren Platz, um wieder zu dir selbst zu finden.
# Hol dir Hilfe
Wer lange Opfer von emotionalem Missbrauch war, hat vielleicht nicht mehr die Kraft den Partner zu konfrontieren oder zu verlassen. In diesem Fall ist es wichtig, sich Hilfe zu holen. Diese kann ein enger Freund oder Vertrauter sein, aber auch ein Arzt oder Psychologe.
Es ist nicht immer leicht, emotionalen Missbrauch zu erkennen und sich aus toxischen Beziehungen zu lösen. Doch mit viel Mut und Unterstützung von Freunden, Familie oder Psychologen kann es gelingen. Hast du schon einmal emotionalen Missbrauch erlebt? Teile deine Ratschläge gerne in den Kommentaren mit.
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