In deiner Beziehung läuft es nicht so rund, du und dein Partner oder deine Partnerin geratet immer wieder aneinander und du fragst dich, ob ihr wirklich eine gemeinsame Zukunft habt? Der Psychologe und Paartherapeut John Gottman hat möglicherweise die Antwort: Er identifizierte fünf Verhaltensweisen, die er als „Apokalyptische Reiter“ bezeichnet – und zwar, weil sie jede Partnerschaft in den Abgrund reiten können.
Die Häufigkeit von Streit spielt dabei tatsächlich keine Rolle, sondern die Art, wie zwei Menschen miteinander umgehen. Dank seiner These konnte John Gottman während seiner Paar- und Ehetherapien mit einer Trefferrate von 83 Prozent vorhersagen, welche Partnerschaft hält und welche nicht – und das nach nur 15 Minuten Gesprächszeit. Wir zeigen dir, welche die 5 Apokalyptischen Reiter sind, wie du sie in deiner Beziehung erkennst und warum sie so schädlich sind.
#1
#1 Kritik
Kritik kommt in Beziehungen natürlich immer mal vor – schließlich ist es normal, unterschiedliche Meinungen und Bedürfnisse zu haben. John Gottman differenziert allerdings zwischen „Kritik“, bei der Schuldzuweisungen, Verallgemeinerungen und Angriffe auf den Charakter oder die Persönlichkeit stattfinden, und „Beschwerden“. Bei einer Beschwerde steht ein konkreter Vorfall im Fokus und es werden Gefühle und Bedürfnisse geäußert. Und genau das ist laut Paartherapeut der richtige Weg – denn ständige Kritik am Partner oder der Partnerin untergräbt das Vertrauen und die Zuneigung und macht es außerdem schwer, die Grundlage für ein Gespräch zu finden.
Beispiel: Statt „Du bist so unordentlich! Kannst du nicht einmal aufräumen?“ wäre es besser zu sagen: „Ich fühle mich unwohl, wenn die Wohnung unordentlich ist. Können wir gemeinsam eine Lösung finden?“
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#2 Verachtung
Verachtung ist laut John Gottman der gefährlichste der fünf Apokalyptischen Reiter, weil sie das Fundament einer Beziehung zerstören kann. Sie zeigt sich zum Beispiel durch Sarkasmus, Zynismus, Respektlosigkeit oder abwertenden Humor und entsteht häufig, wenn Beschwerden nicht geäußert und stattdessen in sich hineingefressen werden. Auf Dauer führt das zu Unzufriedenheit – und die wiederum dazu, dass wir uns von unserem Partner oder unserer Partnerin distanzieren und beginnen, ihn oder sie zu verachten und gar kein Interesse mehr daran haben, Probleme gemeinsam zu lösen.
Auch die Systemische Paarcoachin Lina Marie Gralka empfindet Verachtung als den schlimmsten apokalyptischen Reiter, wie sie uns im Interview verraten hat: „Es zeigt, dass jeglicher Respekt verloren gegangen ist. Und das kann auch still passieren, es muss nicht immer das große Geschrei sein – manchmal kann ein Augenrollen oder ein Lippenzucken mehr auslösen als ein lauter Streit.“
Beispiel: „Na, das hast du ja wieder toll gemacht“ (mit sarkastischem Unterton) und „Du brauchst nicht gleich wieder so zickig zu werden“ sind klare Zeichen von Verachtung. Übe dich stattdessen in Wertschätzung, denn wir machen alle mal Fehler oder reagieren emotional.
#3
#3 Rechtfertigung
Als dritten Apokalyptischen Reiter nennt John Gottman die Rechtfertigung. Und die kennen wir wohl alle – denn wenn wir uns von unserem Partner oder unserer Partnerin kritisiert fühlen, haben wir natürlich das Bedürfnis, uns und unser Verhalten zu erklären und eben auch zu rechtfertigen. Tatsächlich verhindert das allerdings zwei wichtige Dinge: echtes Zuhören und Problemlösung. Wenn wir uns rechtfertigen, signalisiert das, dass wir die Verantwortung von uns weisen und uns nicht wirklich für die Gefühle unseres Gegenübers interessieren. Das ist allerdings eine Voraussetzung, um Probleme aus der Welt zu schaffen.
Beispiel: „Natürlich habe ich das Geschirr nicht gespült, ich war den ganzen Tag unterwegs!“ Versuche stattdessen, die Perspektive deines Partners oder deiner Partnerin zu verstehen und Verantwortung zu übernehmen, dass du deine Aufgabe nicht wie versprochen erledigt hast.
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#4 Mauern
Eine weitere Verhaltensweise, die Beziehungen zerstören kann, ist das Mauern. John Gottman unterscheidet hierbei zwischen „Körperlichem Mauern“ und „Innerlichem Mauern“. Bei beiden Varianten wird sich in Streitsituationen zurückgezogen – entweder emotional, indem eine Person schweigt oder ein Thema ignoriert, oder körperlich, indem eine Person den Raum verlässt oder sich abwendet. Mauern signalisiert dem Gegenüber deutlich, dass kein Interesse an weiterer Kommunikation besteht, was auf Dauer ziemlich schädlich für die Verbindung zwischen zwei Menschen ist.
Beispiel: Dein Partner oder deine Partnerin spricht über ein Problem, und du starrst schweigend auf den Fernseher. Bleib stattdessen im Gespräch, auch wenn's unangenehm wird. Eine weitere Möglichkeit, ist zu sagen: „Ich fühle mich gerade überfordert. Können wir in 10 Minuten darüber reden?“
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#5 Machtdemonstration
Nr. 5 der Apokalyptischen Reiter laut John Gottman: die Machtdemonstration. Bei dieser Verhaltensweise versucht eine Person, Kontrolle und Dominanz über die andere Person auszuüben. Es wird keine Rücksicht gezeigt, kein Interesse an Kompromissen und sogar mit Absicht Streit provoziert. Auch Drohungen, Manipulation oder das Aufzwingen von Entscheidungen können hierbei eine Rolle spielen. Alles Dinge, die nicht zu einer Beziehung auf Augenhöhe beitragen und es unmöglich machen, an einem Strang zu ziehen und den Grundstein für eine gemeinsame Zukunft zu legen.
Beispiel: „Wenn du zu dieser Party gehst, brauchst du gar nicht mehr nach Hause zu kommen“ oder „Wenn du mich wirklich liebst, dann würdest du das für mich tun“. Respektiere stattdessen die Autonomie deines Partners oder deiner Partnerin und sucht gemeinsam nach Kompromissen.
Was tun, wenn die Anzeichen zutreffen?
Erkennst du einen oder mehrere der Apokalyptischen Reiter in deiner Beziehung wieder? Das ist kein Grund, direkt in Panik zu verfallen. Bewusstsein ist der erste Schritt zur Veränderung. Reflektiere also dein eigenes Verhalten und sprich offen mit deinem Partner oder deiner Partnerin über die Dinge, die eine Veränderung brauchen. Überlegt gemeinsam, wie ihr in Streitsituationen respektvoller und liebevoller miteinander umgehen könnt und was ihr euch voneinander wünscht, um euch gegenseitig ein gutes Gefühl zu geben. Manchmal kann auch professionelle Hilfe neue Perspektiven eröffnen und euch helfen, gesündere Kommunikationsmuster zu entwickeln.
