Die Zeiten scheinen sich zu ändern: Wie aus einer Studie der Dating-Plattform ElitePartner hervorgeht, erwarten heutzutage immer weniger Frauen beim Date, von Männern eingeladen zu werden. Lässt sich diese Entwicklung als Zeichen von Emanzipation werten oder ist es nicht auch typisch für unsere Generation, die stets unverbindlich bleiben will, eine Rechnung im Restaurant oder in der Kneipe genau aufzuteilen?
Bei vielen ersten Dates ist ein Café, eine Kneipe oder ein Restaurant der Treffpunkt der Wahl. Somit bleibt am Ende eine Frage unvermeidbar: Getrennt oder zusammen? Vor einigen Jahrzehnten wäre es wohl noch unvorstellbar gewesen, dass die Frau sich an der Rechnung beteiligt oder gar den Mann einlädt. Inzwischen verdienen wir Frauen natürlich auch unser eigenes Geld und veraltete Rollenklischees werden immer mehr hinterfragt. Das zeigt auch die Entwicklung der ElitePartner-Studie zum Teilen der Rechnung: Während 2012 noch 45 Prozent der befragten Frauen „auf jeden Fall“ eine Einladung erwarteten, sind es in der aktuellen Auswertung nur noch 24 Prozent – ein rasanter Abfall! 45 Prozent der Frauen aus der Studie finden es mittlerweile besser, die Kosten aufzuteilen. Ich frage mich jedoch, ob diese Entwicklung wirklich nur der Emanzipation geschuldet ist.
Erzeugt eine Einladung Druck?
Laut der Diplom-Psychologin Lisa Fischbach, die die ElitePartner-Studie ausgewertet hat, können hinter dem Wunsch, die Rechnung aufzuteilen, durchaus emanzipatorische Motive stecken:
Zu Teilen bedeutet in diesem Zusammenhang, alte Rollenbilder aufzuweichen und dem Mann zu zeigen, dass ihm die Frau auf Augenhöhe begegnen möchte – und zwar von Anfang an. Sie steht für sich selbst ein, vermeidet das Gefühl, nach der Einladung etwas schuldig zu sein, und zeigt sich damit unabhängig.
Lisa Fischbach, Diplom-Psychologin
Das klingt zunächst nach einer erfreulichen Entwicklung: Frauen sind heutzutage immer gleichberechtigter und kommunizieren das auf ihren Dates. Jedoch weist Fischbach auch daraufhin, dass diese gesellschaftlichen Entwicklungen die Sache mit der Rechnung nicht unbedingt einfacher machen, weil viel mehr in die Einladung eines Mannes hineininterpretiert werden könne: Bekundet er damit seine Sympathie oder beweist er damit, dass er in alten Rollenklischees verhaftet ist? Diese simple Geste kann also beim ersten Date, bei dem man sich ohnehin schon fragt, was der andere von einem hält, für noch mehr Verunsicherung sorgen. Erwartet ein Mann beim Zahlen der Rechnung gar, dass ich ihm nun etwas schuldig bin und sofort mit ihm in die Kiste springe? Bin ich als Frau dreist oder unemanzipiert, wenn ich mich einladen lasse, ohne eine Gegenleistung zu erbringen?
Solche Fragen wurden auch Dating- und Beziehungscoach Dr. Leonie Thöne gestellt, die Frauen dazu rät, sich nicht zu verrückt zu machen. Egal, ob man die Rechnung aufteile oder nicht, das Bezahlen sollte nicht zum Machtkampf beim Date werden:
Eine Frage des Gehalts?
Ich vermute hinter dem Trend zum Teilen von Rechnungen mehr als nur die Veränderung der Geschlechterrollen. Die ElitePartner-Studie hat nämlich auch ergeben, dass besonders die Singles unter 30 lieber getrennt zahlen – eine Generation, mit der ich mich ganz gut auskenne. Ich bin selbst 29 und habe in den letzten 5 Jahren ein paar erste Online-Dates in Kneipen gehabt. Dabei war zu Beginn meiner Dating-Erfahrungen klar, dass jeder für sich selbst zahlt, auch, weil ich selbst und die Typen, mit denen ich mich getroffen habe, oft nicht gerade wohlhabende Studenten waren. Es wäre mir gar nicht in den Sinn gekommen, jemandem, der ähnlich wenig Geld wie ich monatlich zur Verfügung hat, auf der Tasche zu liegen.
Wer die Rechnung zahlt, ist beim Date eine eigentlich eher lästige Frage. Schließlich gibt es so viele andere Aspekte, die eine schöne Begegnung zu dem machen, was sie ist:
Immer diese Unverbindlichkeit
In den letzten Jahren verdiene nicht nur ich selbst jedoch mehr, sondern date auch Männer, die nicht jeden Cent zweimal umdrehen müssen. Dennoch blieb es bei den meisten Dates bei getrennten Rechnungen, worüber ich mir zunächst auch keine Gedanken gemacht habe. Schließlich kann ich mir locker meine eigenen Drinks leisten und halte eh nicht so viel von verstaubten Date-Regeln. Ich dachte immer, dass es sich förmlich anfühlen würde, wenn mich ein Mann einlädt. Auf einmal wäre es eben nicht so, wie wenn ich mich ganz locker mit Freunden in einer Kneipe treffe, sondern es wäre ganz klar ein klassisches Date, auf dem der Mann die Frau mit höflichen Gesten beeindrucken möchte.
In einigen seltenen Fällen habe ich dann jedoch auch die Erfahrung gemacht, dass ein Mann mir ganz selbstverständlich den ersten Drink ausgegeben hat. Und was soll ich sagen? Es hat sich ziemlich gut angefühlt, weil es signalisierte: Ich habe Interesse an dir und lade dich ein, weil du nicht eine von 20 Tinder-Matches bist, für die ich keine drei Euro lockermachen will. Insbesondere, wenn man in einer Großstadt wie Berlin Dating-Apps nutzt, bekommt man aufgrund des Riesenangebots an Singles eben häufig das Gefühl, dass sich niemand wirklich festlegen will. Alleine ein paar Euro in ein Date zu investieren sind dann schon eine zu große Verbindlichkeit, die viele Milllenials einfach nicht eingehen wollen. Der andere könnte sonst womöglich ja noch denken, dass man mehr von ihm will! Also bleibt lieber jeder schön für sich, um durch die Rechnung keinen unausgesprochenen Vertrag miteinander zu schließen.
Ich habe auf jeden Fall die Erfahrung gemacht, dass die Männer, die getrennt zahlen wollten, eher von der Sorte „Ich such gerade nichts Festes und hatte schon einige Tinder/OkCupid-Dates“ waren. Bei diesen Männern stand bestimmt nicht Emanzipation und Gleichberechtigung im Vordergrund, wenn sie die Rechnung teilen wollten, sondern vielmehr der Wunsch, die Frau auf Abstand zu halten und bloß nicht zu viel Zuneigung zu zeigen.
Meine Lösung: Sich abwechselnd einladen!
Während mein früheres Ich sich wohl reflexartig gegen dieses heteronormative Rollenverhalten gewehrt hätte, kann ich mich mittlerweile durchaus auf Einladungen einlassen. Jedoch würde ich es auch nicht ertragen, wenn ein Mann mich immer einlädt – es sei denn, er wäre wirklich steinreich. Ich habe für mich eine gute Lösung gefunden, um mich zugleich emanzipiert zu fühlen und Rechnungen trotzdem nicht immer zu trennen. Sobald ich mich öfter mit jemandem date, finde ich es schön, wenn man nicht mehr so genau aufs Geld schaut. Stattdessen kann man sich auch einfach mit Einladungen abwechseln. Ob man am Ende dann wirklich quitt ist oder nicht, sollte meiner Meinung nach in Sachen Dating und Liebe nicht so wichtig sein. Und ja, ich fände es auch vollkommen in Ordnung, wenn ich am Ende mehr zahlen würde.
Bei der Diskussion um das Teilen der Rechnung sollte es nicht nur um das Aufbrechen von Geschlechterklischees gehen. Wir sollten uns auch fragen, warum viele junge Singles so sehr darauf bedacht sind, für sich alleine zu zahlen. Wollen diese Menschen überhaupt wirklich eine Beziehung zu jemandem eingehen, wenn sie nicht bereit dazu sind, etwas zu geben?
Wurdest du auf Dates immer von Männern eingeladen oder findest du es besser, wenn Frauen auf die Trennung der Rechnung bestehen?
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