Warum fällt es eigentlich so schwer, seinem Gegenüber die wahren Gefühle zu gestehen? Ein Kommentar darüber, warum es uns allen besser tun würde, etwas mehr Verletzlichkeit zu zeigen.
Und da ist er wieder: Der Mann, den man gerade erst kennengelernt hat, mit dem man sich schon wieder viel zu früh die schönsten Szenarien ausmalt. Den man anschaut und sich denkt: Ich mag dich.
Das sind Gedanken. Gedanken, die jede/r mal gedacht und gefühlt hat. Diese Gedanken dem Gegenüber mitteilen? No way. Das ist für mich ein großer Dating-Struggle der letzten Jahre. Ich zeige dem, den ich will, nicht, dass ich ihn will, damit er mich weiterhin will.
Dieses internalisierte Mantra, dass man sich rar machen sollte, dem anderen nicht zeigt, dass man ihn will, ist eigentlich so paradox. Das ist die Bredouille der auf Teufel komm raus zu versteckenden Verletzlichkeit.
Was meine ich mit Verletzlichkeit?
Verletzlichkeit bedeutet, zu sich und seinen Gefühlen zu stehen, seine Emotionen zu zeigen, mit dem Risiko, abgelehnt oder abgewiesen zu werden. Sich verletzlich zeigen, das will aber irgendwie niemand. Viele möchten „ihr Gesicht wahren", cool bleiben, als wäre es absolut egal, ob es nun mit dem Gegenüber weitergeht oder nicht.
Wir vergessen dabei immer, dass wir von Natur aus einfach verletzbar sind, physisch und psychisch. Es gehört zum Leben, zu verletzen und verletzt zu werden, ob gewollt oder ungewollt.
Daher mein Appell: Zeigt Mut, eure Emotionen, Gedanken und Gefühle zu kommunizieren. Spielt mit der Ungewissheit und Unsicherheit, ob und was zurückkommt. Werden meine Gefühle erwidert? Möchte er/sie mich wiedersehen? Meldet er/sie sich nochmal? Riskiere ich eine Ablehnung?
EGAL. Wichtig ist, zu dir selbst zu stehen, zu dir und den Dingen, die du fühlst; Mut zu fassen, dein Schamgefühl zu überwinden und Dinge anzusprechen, die dir auf dem Herzen liegen. Nur so kannst du Authentizität leben und dir selbst treu bleiben. Wenn du authentisch bist, zeigst du dich so, wie du bist, und dein Gegenüber sieht dich genau so, wie du eben bist. Du hast kein Ich kreiert, um zu gefallen, sondern du bist einfach du, echt und unverfälscht.
Authentisch sein – nicht nur beim Dating!
Diese Einstellung lässt sich auf das ganze Leben projizieren. Auf Freundschaften, Familie, auf die Arbeit. Im Arbeitsleben habe ich begonnen, meine ehrlichen Gedanken und mögliche Struggles Kolleg*innen mitzuteilen - nur so lassen sich Missverständnisse aus der Welt schaffen und nur so stehe ich zu mir und schlucke meine Gefühle nicht herunter und invalidiere sie mit einem „halb so wild, er/sie meinte das bestimmt nicht so".
Raus aus der Komfortzone
Wenn du beginnst, deine Komfortzone zu verlassen, offen über deine Gedanken, Gefühle, Erlebnisse und Ängste zu sprechen, erfährst du vielleicht Ablehnung. Aber ganz sicher auch Gleiches vom Gegenüber - und damit eine wachsende Verbundenheit und echte Zuneigung. Denn nur so schaffst du Vertrauen und Nähe und damit ein wichtiges Fundament für eine gut funktionierende Beziehung.
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