Wisst ihr, was ich letztens festgestellt habe? Mein erstes Mal ist mittlerweile 10 Jahre her. 10 Jahre! Und während ich darüber nachdachte, ob das jetzt in erster Linie bedeutet, dass ich alt geworden bin oder dass ich einfach früh angefangen habe, ist mir aufgefallen, dass sich seit damals einiges verändert hat – zum Glück.
Als ich mit 15 Jahren angefangen habe, Sex zu haben, wusste ich ungefähr gar nichts darüber. Das Wichtigste war damals, einen festen Freund zu haben und mindestens drei Monate zusammen zu sein, damit man auch wirklich sicher sein konnte, dass er der Richtige ist. Aber da hörte es auch schon auf. Ich glaube, auf die Frage meines damaligen Freundes, ob ich denn auch kommen würde, habe ich mit „Ich weiß nicht“ geantwortet. Und das lag nicht daran, dass ich es wirklich nicht wusste, sondern daran, dass ich mich nicht getraut habe, über das Thema zu sprechen. Wie auch? Das bringt einem ja leider niemand bei.
Es gibt sooooo viele Dinge, die ich gern früher gewusst hätte. Zum Beispiel, dass Sex mehr als Penetration ist und dass meine Lust genauso wichtig ist wie die meines Partners. Stattdessen wurde damals in der Schule leider nur über den männlichen Orgasmus gesprochen und darüber, wie wir eine Schwangerschaft verhindern können. Dieses Unwissen und die daraus resultierende Unsicherheit, haben mich so sehr gehemmt, dass ich – zumindest rückblickend betrachtet – jahrelang schlechten Sex hatte. Und mich vor allem einfach damit abgefunden habe, weil ich dachte, das wäre alles ganz normal. Heute bin ich zum Glück schlauer und habe dazugelernt – dank guter und weniger guter Erfahrungen. Was ich bisher aus meinem 10-jährigen Sexleben mitgenommen habe, verrate ich euch jetzt.
8 Dinge, die ich über Sex gelernt habe
#1 Schweigen ist Scheiße, Reden ist Gold
Um beim Sex auf meine Kosten zu kommen, darf ich nicht nur, sondern muss sogar meine Bedürfnisse äußern. Jeder Mensch ist anders und wir können nicht von unserem Sexpartner oder unserer Sexpartnerin erwarten, dass er oder sie weiß, welche Berührungen uns anmachen. Deshalb müssen wir kommunizieren, was sich gut anfühlt und was nicht und wovon wir gern mehr hätten und wovon vielleicht weniger. Keine Frage: Das ist leichter gesagt als getan und braucht definitiv ein bisschen Mut. Es gehört aber einfach zum Sex dazu und macht ihn um einiges besser – versprochen.
#2 Orgasmen vortäuschen bringt nichts
Warum das so ein Riesending ist, verstehe ich bis heute nicht. Denn wer einen Orgasmus vortäuscht, suggeriert der anderen Person damit ja, dass sie alles richtig macht und kann dementsprechend nicht erwarten, dass sich etwas ändert. Und mal abgesehen davon kommen wir ja nicht, um unserem Sexpartner damit eine Freude zu bereiten, sondern für uns. Selbst, wenn ihr diesen Mann eh kein zweites Mal wiedersehen wollt: Nächstenliebe! Denkt doch bitte an seine zukünftigen Sexpartnerinnen oder Freundinnen, die den Schlamassel im Nachhinein ausbaden und ihm die Wahrheit sagen müssen. Ich spreche aus Erfahrung, deshalb die Dringlichkeit.
#3 Die Welt ist voller Egoisten
Ich habe noch nie einen Orgasmus vorgetäuscht – zumindest nicht bewusst. Leider liegt das aber nicht daran, dass ich schon früher so weise war, sondern daran, dass das oft gar nicht nötig gewesen ist. Denn es gibt da draußen unglaublich viele Egoisten, die sich beim Sex nur um sich selbst kümmern und ihren kompletten Fokus auf die Penetration legen – auch Ego-Ficker genannt. Ich habe schon einen erlebt, der mich nur angefasst hat, um zu checken, ob ich feucht genug für ihn bin, einen, der mich gar nicht angefasst hat und direkt loslegen wollte und einen, der beim Oralsex die Augen verdreht hat, als ich ihn darum bat, weiterzumachen. Kein Scherz – und kein schönes Gefühl.
#4 Halleluja! Es gibt Männer mit Durchblick
Umso schöner war für mich das Learning, dass die Welt auch ein paar Männer bereithält, die wissen, worauf es beim Sex ankommt. Ich durfte das erst relativ spät erleben und konnte mein Glück kaum fassen, als sich ENDLICH jemand dafür interessiert hat, wie es um meinen Höhepunkt steht und ich ENDLICH gelernt habe, was es bedeutet, guten Sex zu haben. Bahnbrechend, ich sag's euch. Als es mit dem Typen irgendwann vorbei war, hatte ich tatsächlich Sorge, er sei der einzige Mann auf der Welt, der mir diese Glücksgefühle bescheren kann. Die gute Nachricht: Ist er nicht. Auch heute entpuppen sich noch manche Sexpartner als Griff ins Klo, aber es gibt definitiv einige, die überzeugen.
#5 Guter Sex braucht Gleichberechtigung
Seitdem weiß ich, dass Sex gleichberechtigt sein und auf Augenhöhe stattfinden muss, um gut zu sein. Ich will nie wieder das Gefühl haben, dass ein Mann Dinge als Pflichtprogramm sieht, nur um mir einen Gefallen zu tun, und eigentlich gar keine Lust drauf hat. Und mich nie wieder lästig fühlen, wenn es bei mir ein bisschen länger dauert. Beim Sex soll es doch vor allem darum gehen, Spaß daran zu haben, seine*n Sexpartner*in zu befriedigen und nicht nur sich selbst, sonst kann man das Ganze lieber gleich sein lassen. Um eine meiner Lieblingsautorinnen Katja Lewina aus ihrem Buch Bock zu zitieren: „[…] ein Mann, der gern leckt, ist immer der bessere Mann.“ Da habe ich nichts weiter hinzuzufügen.
#6 Reife hat nichts mit dem Alter zu tun
Ich habe mich lange an den Gedanken festgeklammert, dass all meine weniger guten Erfahrungen mit dem Alter zusammenhingen, musste allerdings feststellen, dass das nicht der Wahrheit entspricht. Denn wie reif oder unreif sich eine Person verhält, hat nichts mit ihrem Geburtsjahr zu tun. Während einige Männer ihre Sexpartnerin auch noch mit Ende 20 fragen, ob sie die Pille nimmt – und damit nach der Erlaubnis, ohne Kondom mit ihr zu schlafen –, habe ich deutlich jüngere Männer kennengelernt, die ich nicht erst überreden musste, ein Gummi zu benutzen. Das Gleiche gilt übrigens für das egoistische Verhalten – auch das scheinen einige Männer trotz zunehmendem Alter nicht abzulegen.
Zum Kondom-Thema gibt es übrigens auch eine dates & desires-Kolumne:
#7 Lust und Liebe sind zwei unterschiedliche Dinge
Die meisten Jahre meines Sexlebens habe ich als Single erlebt und gemerkt, dass Lust und Liebe nicht zwangsläufig zusammengehören. Wenn ich mit jemandem ins Bett gehe, muss ich keine Gefühle für die Person haben – und auch im Nachhinein keine entwickeln. Sex ist manchmal einfach nur Sex. Ohne Verpflichtungen und ohne tiefergehende Emotionen. Für mich funktioniert das super und den besten Sex hatte ich sogar mit Männern, mit denen ich nicht zusammen war. Genau deshalb bin ich ein großer Fan von Freundschaft Plus-Beziehungen und allem, was in die Richtung geht. Für andere funktioniert das vielleicht weniger gut – denn …
#8 Jede*r tickt anders
Einige Menschen haben gerne und viel Sex und andere eher selten. Einige Menschen haben eine lange Liste mit Sexpartner*innen und andere können sie an einer Hand abzählen. Einige Menschen schlafen beim ersten Date mit jemandem und andere warten lieber ab, bis sie sich näherkommen. Wie in allen anderen Lebensbereichen ticken wir auch beim Sex unterschiedlich, was vollkommen normal ist. Und deshalb sollten wir uns niemals gegenseitig verurteilen, nur weil wir selbst eine andere Meinung, Vorliebe oder was auch immer haben. Alles, was sich im Bett richtig anfühlt, ist richtig – egal, ob es in unsere Vorstellung passt oder nicht.
Cheers to the next 10 years
Rückblickend bin ich froh über alle guten und auch schlechten Erfahrungen, die ich in der Vergangenheit machen durfte. Denn ohne sie wäre ich jetzt nicht die Person, die ich heute bin und wüsste vielleicht noch immer nicht, was mir beim Sex wichtig ist und worauf ich verzichten kann. Und das Schönste an so einer Liste? Vermutlich werden immer wieder Learnings dazukommen – denn wo neue Sexpartner*innen warten, warten natürlich auch neue Erfahrungen auf uns. Wer weiß, was die nächsten 10 Jahre bringen?
Alle bisher veröffentlichten „dates & desires“-Kolumnen findest du hier:
Bildquelle: Unsplash / Spencer