Wenn es um Dating geht, redet heutzutage gefühlt niemand mehr von romantischen Treffen, sondern von Ghosting und Situationships und darüber, dass bei der kleinsten emotionalen Regung sofort Panik aufkommt. Kein Wunder, dass die Generation Z – also die heute 18- bis 25-Jährigen – gerne mal als beziehungsunfähig hingestellt wird. Gleichzeitig nervt dieses Schubladendenken aber auch total, wie ich finde. Denn nur, weil mittlerweile alles anders läuft, heißt das doch nicht, dass es falsch läuft. Warum Gen Z in Wahrheit die Nase vorn hat, erklärt Tinder in seinem neuen „Future of Dating“-Report.
„Die Generation Z wird die bisher erfolgreichsten Ehen führen“ – das ist eine der Prognosen, die Paul C. Brunson, Tinders internationaler Experte für Beziehungen, für die Zukunft des Datings stellt. Klingt nicht gerade nach beziehungsunfähig, oder? Grund für seine Annahme ist vor allem die Art, wie sich Gen Z auf Tinder verhält. Während die Online-Dating-Welt früher noch eine ganz neue Welt war, in der man sich perfekt inszenieren wollte, ist sie mittlerweile zum Alltag geworden. Für 18- bis 25-Jährige und damit für 50 Prozent aller Tinder-Nutzer*innen steht mittlerweile deshalb nur noch eine Sache im Vordergrund: Authentizität. Statt Spielchen zu spielen, falsche Signale zu senden und sich absichtlich rar und damit vermeintlich interessanter zu machen – was unter den Millennials (1980 bis 1996) im gleichen Alter noch als normal galt –, geht es bei ihnen um Ehrlichkeit und Offenheit und darum, sich so zu zeigen, wie sie eben sind. Und wer das nicht akzeptiert, hat eben Pech gehabt.
Niemand will mehr eine Beziehung? Stimmt nicht – sie werden nur anders definiert
Dieses Verhalten führt vielleicht dazu, dass Gen Z seltener Beziehungen eingeht – diejenigen, die eingegangen werden, halten aber auch länger. „Persönliche Entwicklung, emotionales Wohlbefinden und klare Kommunikation in Beziehungen haben für die Generation Z Priorität, was zu stärkeren und gesünderen Ehen führt. Sie sind jedoch weniger an der Ehe interessiert als frühere Generationen und konzentrieren sich lieber darauf, ein erfülltes Leben zu führen“, so Paul C. Brunson. Und genau das ist ein weiterer wichtiger Punkt. Denn die Annahme, dass Generation Z nicht an festen Beziehungen interessiert ist, ist falsch. Laut Tinder haben 40 Prozent von ihnen in ihrem Profil angegeben, dass sie eine langfristige Beziehung suchen. Ein kurzes Abenteuer gehört mit 13 Prozent hingegen zu den am seltensten gewählten Optionen.
Es ist also nicht so, dass niemand mehr eine feste Beziehung will, sondern so, dass die Definition einer festen Beziehung sich verändert hat. Und das muss bei den älteren Generationen eben erst mal ankommen. Für 18- bis 25-Jährige steht nicht mehr die Ehe an erster Stelle und laut Tinder-Umfrage glauben 75 Prozent von ihnen, dass ihre Generation die Dating- und Beziehungsstandards, die ihnen von früheren Generationen überliefert wurden, in Frage stellt. Sie legen weniger Wert auf „Verbindlichkeit“ im traditionellen Sinne und definieren feste Beziehungen auf unterschiedliche Weise – von Monogamie über offene Beziehungen bis hin zu Situationships.
Keine bessere Hälfte, sondern noch mehr Glück
Natürlich macht auch Gen Z nicht alles richtig (wer macht das schon?), hier und da holpert es noch, was Ehrlichkeit und Kommunikation angeht und sicher gibt es da draußen einige Personen, die tatsächlich Schwierigkeiten haben sich zu binden. Gleichzeitig gibt es aber auch viele junge Menschen, die sich bewusst gegen eine Beziehung entscheiden oder sich einfach Zeit lassen, bevor sie offiziell mit jemandem zusammen kommen, und das auch offen kommunizieren. Und das ist gut so – denn sich selbst, seine eigenen Bedürfnisse und seine mentale Gesundheit in den Fokus zu stellen und dasselbe auch von einem potenziellen Partner oder einer potenziellen Partnerin zu erwarten, hat nichts mit Beziehungsunfähigkeit zu tun. Es verdeutlicht einfach nur, dass junge Singles nicht nach einer besseren Hälfte suchen, sondern nach einer Person, die ganz sie selbst ist und bei der sie ganz sie selbst sein können.
Am Ende ist das doch genau der richtige Weg, um sein Glück zu finden, oder nicht? „Die Dating-Renaissance der Generation Z sollte mit offenen Armen angenommen werden, sodass eine Welt der Liebe und Verbundenheit entsteht, auf die wir alle stolz sein können“, findet auch Paul C. Brunson. Alles, was wir dafür brauchen, ist ein bisschen mehr Toleranz und Offenheit – und zwar von allen Generationen.
Auch die desired-Redaktion bleibt nicht von Dating-Strapazen verschont! In unserer Kolumne „dates & desires“ erfährst du jeden zweiten Freitag, was uns gerade beschäftigt:
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