Künstler setzen sich immer wieder als Grenzüberschreiter mit Themen auseinander, die von der Gesellschaft stigmatisiert und tabuisiert werden. Mit den Mitteln der Kunst lassen sich Sachverhalte auf eine neue Weise betrachten und regen uns zum Nachdenken an. Nicht selten bringt erst die künstlerische Auseinandersetzung mit kritischen Themen Problemlagen ans Licht und ebnet den Weg für neue Debatten. Die Inzest-Thematik und das Inzestverbot wird seit vielen Jahren immer wieder zum Gegenstand künstlerischer Betrachtung: Dürfen sich Bruder und Schwester lieben, wenn es freiwillig geschieht? Dabei geht es oft um die Grenzen der sexuellen Selbstbestimmtheit und die Frage, wie sich sexuelle Anziehung zwischen Menschen überhaupt reglementieren lässt. Hier folgen 9 Beispiele aus Literatur und Film der letzten über 100 Jahre, in denen das Inzestthema aufgegriffen wird.
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Richard Wagner: Die Walküre
In Richard Wagners opulenter Oper „Die Walküre“ verlieben sich die Zwillinge Siegmund und Sieglinde ineinander und zeugen den Helden Siegfried, der übermenschliche Kräfte besitzt. Mit den Opern „Das Rheingold“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ bilden sie den Ring des Nibelungen.
Vladimir Nabokov: Ada oder das Verlangen
Vladimir Nabokov beschreibt 1969 in „Ada oder das Verlangen“ die lebenslange Liebesbeziehung und Erotik zwischen den hochbegabten Halbgeschwistern Van und Ada und löste mit diesem Roman eine große Kontroverse über Geschwisterliebe aus. Die Handlung spielt in einem imaginären Land Ende des 19. Jahrhunderts. Der russisch-amerikanische Schriftsteller gehört zu den größten und einflussreichsten Erzählern des 20. Jahrhunderts.
Max Frisch: Homo faber
Der deutsche Autor Max Frisch lässt die zentrale Liebesbeziehung in seinem „Homo faber“ tragisch als Inzestgeschichte enden: In dem international erfolgreichen Roman von 1957 verliebt sich der Ingenieur Walter Faber durch Zufall in seine Tochter, von deren Existenz er bis dato nichts wusste und erfährt, dass sie die Tochter seiner Jugendliebe ist. Frisch verarbeitet im Roman Elemente aus seiner Biographie und vor allem den Konflikt zwischen Zufall oder Schicksal. „Homo faber“ wurde unter gleichem Titel mit Sam Shepherd und Julie Delpy in den Hauptrollen 1991 verfilmt.
John Irving: Das Hotel New Hampshire
Auch in den Werken von Bestseller-Autor John Irving finden sich zahlreiche inzestuöse Anspielungen. Vor allem im Roman „Das Hotel New Hampshire“ (1981) beschreibt der amerikanische Autor die ganz besondere Beziehung zwischen Bruder und Schwester innerhalb eine eigenartigen Familie, die mehrere Hotels leitet. Auch dieser Roman wurde unter dem Titel „Hotel New Hampshire“ 1984 u.a. mit Jodie Foster und Rob Lowe verfilmt.
Gabriel Garcia Márquez: Hundert Jahre Einsamkeit
Das Familienepos „Hundert Jahre Einsamkeit“ (1980) des Literaturnobelpreisträgers Gabriel Garcia Márquez beginnt und endet mit Inzest: Der Verheiratung von Cousin und Cousine sowie die Zeugung eines missgebildeten Kindes durch Tante und Neffe. Der Roman wurde in 35 Sprachen übersetzt und gilt als eines der wichtigsten Werke des Magischen Realismus und der lateinamerikanischen Literatur.
Inzest
Romy Schneider spielte 1970 im Film „Inzest“ eine Mutter, die sich in ihren Sohn James verliebt, weil er sie so sehr an ihren verstorbenen Liebhaber und seinen Vater erinnert. Der Konflikt entsteht, da ihr Ehemann Robert, mit dem sie nicht mehr glücklich ist, nicht weiß, dass James nicht sein Sohn ist. Der tragische Höhepunkt der Geschichte: James tötet nach einem Streit seinen Stiefvater.
Kaori Yuki: Angel Sanctuary
Selbst in japanischen Mangas finden sich Inzest-Motive: In der Manga-Serie „Angel Sanctuary“ (1994 – 2000) der Zeichnerin Kaori Yuki verliebt sich ein junger Mann, der die Seele eines Engels hat, in seine Schwester. Der Manga wurde erfolgreich als Anime verfilmt und lief bei uns u.a. auf VOX und VIVA.
Die Borgias: Sex Macht Mord Amen
Historische Serien und Filme sind so beliebt wie nie und bieten natürlich ebenfalls die perfekte Bühne für Tabuthemen. Die amerikanische Serienverfilmung „Die Borgias“ dreht sich um den Machtkampf einer berühmten italienischen Adels-Familie im Rom des 15. Jahrhunderts. Sie ist besonders bekannt für ihre erotischen Szenen. Besonders pikant: Die Geschwisterliebe zwischen der jungen Lukrezia und ihrem Bruder Cesare (links), die im Laufe der Serie im romantischen Beischlaf kulminiert.
Game of Thrones
Natürlich dürfen wir auch eine der weltweit erfolgreichsten Fantasy-Serien nicht vergessen: In Game of Thrones wimmelt es nicht nur von unzüchtigen Liebesszenen, erotischer Gewalt und zahlreichen sexuellen Tabuthemen. Die einvernehmliche Liebe zwischen dem Geschwisterpaar Cersei und Jaime wird geradezu romantisch verklärt und legitimiert. Die 7. Staffel strotzt nur so von interessanten inzestuösen Neuigkeiten und es wird in der letzten Staffel im nächsten Jahr sicherlich so weiter gehen. Wir dürfen gespannt sein!