Der Einzelne in der Partnerschaft hat immer mehr zu sagen. Er rückt in den Vordergrund und schiebt das Gemeinsame hinten an. Das ist das Ergebnis der Studie „Vermächtnis“. Darin haben Sozialforscher herausgefunden, dass die Selbstbestimmung jedes Partners in der modernen Paarbeziehung zunehmend in den Mittelpunkt rückt – insbesondere Frauen legen Wert darauf.
Vor allem die Frauen treiben den Trend voran, in dem die Eigenverantwortlichkeit und Individualität der Beteiligten eine zentralere Rolle spielt als romantische Ideale wie Hingabe und Aufopferung. Männer fühlen sich dagegen gebundener und halten eher am Gemeinsamen fest.
Jeder zweite Mann will ständig bei der Partnerin sein
Während laut Umfrage jeder zweite Mann (51 Prozent) am liebsten die ganze Zeit mit seiner Partnerin verbringen würde, wünschen sich das nur 41 Prozent der Frauen. 14 Prozent von ihnen lehnten das klar ab, bei den Männern konnten sich nur 8 Prozent gar nicht vorstellen, permanent mit der Partnerin zusammen zu sein.
Auch bei wichtigen Lebensentscheidungen legen Frauen offenbar größeren Wert auf ihre Selbstbestimmung als Männer: Der Aussage, nachfolgende Generationen sollten Entscheidungen in wichtigen Lebenssituationen aus Liebe zu ihren Partnern treffen, stimmten 29 Prozent der Männer zu, aber nur jede vierte Frau (25 Prozent). 24 Prozent der Damen lehnten das klar ab, von den Männern nur 19 Prozent.
Männer halten an gescheiterter Beziehung fest
Auch fanden die Forscher heraus, dass Männer eher noch zum Festhalten an der Partnerschaft neigen: Während nur jede fünfte Frau (20 Prozent) dafür ist, eine zerbrochene Beziehung den Kindern zuliebe aufrechtzuerhalten, spricht sich fast jeder dritte Mann (32 Prozent) dafür aus. 40 Prozent der Frauen lehnen dies ganz klar ab, bei den Männern sind es nur 28 Prozent.
Die Liebe, so die Wissenschaftler, scheint sich von den Ketten der gesellschaftlichen Normen zu befreien. Auch „die Ehe als einstmals starke Norm ist in Auflösung begriffen“, sagte die WZB-Chefin Jutta Allmendinger der Zeit.
Moderne Partnerschaft: Ausgleichende Macht
Männer sind eben noch eher dem traditionellen Liebesbegriff verhaftet. Das ist nicht weiter erstaunlich, haben sie doch von den klassischen Rollenbildern und dem Machtungleichgewicht doch eher profitiert. Die Frauen nutzen ihre Chance: „Im Gegensatz zu den Männern sehen sie in dem moderneren, partnerschaftlichen Beziehungsmodell einen Gewinn", sagt der Sozialforscher Jan Wetzel.
Die Forscher stellen aber klar, dass das Streben nach mehr Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit keine Ablehnung von Bindung ist. Sowohl für Mann (87 Prozent) als auch für Frau (90 Prozent) ist die Liebe das höchste Gut im Leben.
Die ZEIT, das Sozialforschungsinstitut infas und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) haben für die Studie mehr als 3.100 Menschen aller Altersgruppen, Einkommensklassen und Herkünfte zu den Themen Ehe, Monogamie und Treue befragt sowie dazu, was ihnen in der Partnerschaft wichtig ist.
Bildquelle: iStock/Thomas_Zsebok_Images, iStock/Anton Bogodvid