Unsere Erwartungen an „guten Sex“ sind in der Regel hoch. Leidenschaft, Extravaganz, Orgasmus - wir wollen das ganze Programm. Da kann die eigene Lust in der Beziehung schon mal zum tief sitzenden Frust werden. Es gibt zahlreiche Gründe, warum es im Bett lahmt. Helfen kann eine Sexualtherapie. Aber was passiert da eigentlich?
Viele Menschen sind mit ihrem Sexleben unzufrieden. Rund jede dritte Frau fühlt sich sexuell beeinträchtigt, sei es durch Orgasmusstörungen, Vaginismus, also das instinktive Verkrampfen des Scheideneingangs, oder Unlust. Bei den Männern ist sogar mehr als jeder zweite unzufrieden und leidet etwa unter vorzeitigem Samenerguss, Erektions- oder Orgasmusstörungen. Das mindert sowohl das körperliche als auch das mentale Wohlbefinden.
Spezielle Sexualtherapeuten sind hier der richtige Anlaufpunkt: Im Gegensatz zu konventionellen Paartherapien geht es in der Sexualtherapie darum, die Sexualkontakte in der Beziehung und die Freude daran wiederzubeleben. Das gelingt mithilfe von Sprechstunden und praktischen Übungen zuhause.
Das offene Gespräch
Im Mittelpunkt steht das offene Gespräch: Zunächst wird geklärt, welche Probleme es gibt. Wie funktioniert das Paarleben? Was wurde vielleicht schon versucht, um das Problem zu überwinden? In vielen weiteren Gesprächen in der Praxis werden die Ursachen ausgemacht. Manchmal ist es sinnvoll, dazu im Vorfeld oder parallel bei einem Mediziner mögliche körperliche Ursachen abzuklären.
Aber auch auf psychischer Ebene können die Ursachen variieren und von Dauerstress, Langeweile im Bett oder negativen Beziehungsdynamiken über bestimmten Erfahrungen, psychische Störungen bis hin zu frühkindlichen Traumata reichen. Häufig ist es eine Kombination aus mehreren Faktoren. Sind die Ursachen tiefgreifend und liegen im Unterbewusstsein, sollte eine andere Therapieform der Sexualtherapie vorgezogen werden, etwa eine Psychotherapie oder –analyse.
Häufig sind aber auch die sexuellen Vorlieben sehr unterschiedlich oder das Vertrauensverhältnis ist gestört. Im Fokus steht also definitiv das Gespräch über die Partnerschaft. Die Außenansicht des Therapeuten hilft, bestehende Probleme aufzudecken. Intime Details aus seinem Liebesleben und eigenen „Seltsamkeiten“ auszubreiten, muss in der Sexualtherapie nicht schambesetzt sein. Für den Therapeuten oder die Therapeutin ist das alles nämlich nichts Neues. Rote Ohren bekommt hier niemand. Sachlicher und unerotischer als hier geht es vermutlich nirgendwo zu.
Wie so ein Gespräch ablaufen kann
Praktische Übungen für zuhause
Sobald die Ursache geklärt ist, werden zusätzlich zu den Gesprächen praktische sexuelle Übungen als „Hausaufgabe“ aufgegeben. Das kann der zeitweilig verordnete komplette Verzicht auf Sex sein. Das können aber auch Rollenspiele sein, in denen jeder seine Fantasien ausspricht.
Bevor überhaupt eine Sexualtherapie in Erwägung gezogen wird, sollte man natürlich miteinander sprechen. Das mag zunächst schwer sein, je nachdem, wie fortgeschritten Ihr in eurer Kommunikation und Offenheit seid, ist aber immer noch der erste Schritt.
Will der Partner keine Sexualtherapie, kannst Du diese immer noch allein in Angriff nehmen. Das passiert häufiger, als Du denken magst. Manchmal kommt der Partner dann auch später dazu. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten übrigens nicht, die Honorare von bis zu 100 Euro muss man selbst tragen.
In vielen Fällen lohnt sich das: Zwar gehen manche Paare getrennt aus der Sexualtherapie, weil sie sich darüber bewusst geworden sind, dass sie generell nicht mehr viel teilen. Oftmals gelingt es Paaren aber, mithilfe der Sexualtherapie die Leidenschaft füreinander wiederzuentdecken und die eigenen Probleme zu überwinden. Und manchmal lernen die Partner einfach, mit den Problemen und den Unterschiedlichkeiten umzugehen.
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