Irgendwann lässt in jeder Beziehung das anfängliche Prickeln und die Lust aufeinander nach. Bei einigen herrscht nach einiger Zeit jedoch sogar totale Flaute. Wenn das ganze eine Weile anhält, dann kommt unweigerlich die Frage auf: Eine Beziehung ohne Sex, kann das funktionieren?
Liebe kann wie ein Rausch sein, vor allem am Anfang. Das Kennenlernen, die ersten Küsse, der Sex, bei dem alles noch so neu und aufregend ist, man weiß gar nicht, was einen mehr berauscht. Doch sind mit der rosaroten Brille auch erst mal die Schmetterlinge im Bauch verschwunden, stellt sich plötzlich eine Normalität ein, die zum totalen Lustkiller werden kann. Manche führen dann sogar eine Beziehung ohne Sex. Und so scheint die Beziehung mit jemandem, den man vielleicht mal als seine große Liebe bezeichnet hat, plötzlich zu wackeln. Ist das das sichere Ende?
Eine Beziehung ohne Sex ist keine Seltenheit
Dass der Geschlechtsverkehr in einer Partnerschaft komplett fehlt, ist tatsächlich weiter verbreitet, als man meinen könnte. Eine Umfrage der GfK Marktforschung Nürnberg für die „Apotheken Umschau“ hat ergeben, dass immerhin bei 14 Prozent aller Partnerschaften in Deutschland die Sexualität überhaupt keine Rolle mehr spielt. Rund einem Drittel der liierten Männer und Frauen sei Sex nicht mehr so wichtig.
Die Sexlust scheint aber vor allem Frauen schnell zu vergehen. Laut der Umfrage fühlen sich knapp 40 Prozent der befragten Frauen schlichtweg zu gestresst, um überhaupt noch sexuelle Lust zu verspüren. 28 Prozent sind es bei den Männern, die keinen Sex mehr wollen. Wir sehen also: Der Anteil ist bei beiden Geschlechtern nicht gerade gering, eine Beziehung ohne Sex also etwas, das langfristig durchaus viele Paare betreffen kann.
Beziehung ohne Sex = Gesteigertes Fremdgeh-Risiko
Ob eine Beziehung ohne Sex funktionieren kann, hängt wohl auch davon ab, ob es ein vorübergehender Zustand ist, der nur unnormal lange geht und von äußeren Einflüssen herrührt. Das kann zum Beispiel eine Dauerbelastung im Job sein, die einem so richtig auf die Stimmung und die Libido schlägt. Wenn neben der körperlichen allerdings eine sich langsam aufbauende, emotionale Distanz verbirgt, kann eine Beziehung ohne Sex zum Risiko werden. So platt es klingen mag: Die Lust und der Fortpflanzungstrieb sind einige der grundlegendsten Triebe des Menschen. Wer auf Dauer darauf verzichtet, ob gewollt oder ungewollt, der wird dieses Verlangen irgendwann anderweitig stillen wollen.
So ist es eigentlich nur logisch, dass eine Beziehung ohne Sex das Risiko, fremdzugehen, um ein Vielfaches steigert. Und das kann tückisch sein. Denn der neue Sex ist natürlich wieder aufregend, weil fremd und so gar nicht routiniert, wie es bei langjährigen Beziehungen schnell der Fall ist. Auch der eigene Körper wird auf eine ganz neue Weise begehrt, was einen schnell zurück in einen Rauschzustand führt, der in einem Gefühlschaos enden kann.
Ist eine offene Beziehung die Lösung?
Wenn der (geheime) Wunsch nach einem Seitensprung wächst, ist die Frage, ob eine offene Beziehung bei Sexmangel vielleicht eine Alternative wäre. Die klare Antwort: Nein. Selbst dann, wenn man den geplanten Seitensprung offen kommuniziert, wird das die Verbundenheit miteinander, das Vertrauen und die Gefühle, die man füreinander hegt, auf Dauer ins Wanken bringen. Auf kurz oder lang rückt die eigentliche Beziehung angesichts all der neuen, aufregenden Erfahrungen immer weiter in den Hintergrund.
Natürlich gibt es Ausnahmen, sowohl für harmonische, offene Beziehungen als auch für Beziehungen, die ohne Sex wunderbar funktionieren. Doch bei den meisten Paaren ist es eben nicht so. Und dann bleibt eigentlich nur noch eines übrig.
Wenn die Beziehung ohne Sex nicht läuft, hilft nur reden – und es tun!
Egal, ob die mangelnde Lust auf Sex von einer Seite oder gar von beiden ausgeht, ein klärendes, ehrliches Gespräch ist absolut notwendig. Beide müssen sich nämlich darüber klar werden, wie sie die Situation einschätzen, ob sie den Sex vermissen, was sie davon abhält, mit dem anderen zu schlafen, ob der Sex vielleicht sogar als schlecht bewertet wird. Wenn ein Punkt gefunden ist, an dem man ansetzen und gemeinsam dran arbeiten kann, ist das schon mal ein guter Start. Interessant ist an dieser Stelle, dass Pärchen, die keinen Sex mehr haben, sich oft auch sonst kaum noch berühren und Zärtlichkeiten austauschen. Ehe man also mehr oder weniger gezwungen sofort ins Bett springt, sollte man sich vielleicht erst mal wortwörtlich herantasten. Dann könnte man auch mal etwas Neues ausprobieren, Fantasien ausleben, an ungewöhnlichen Orten Sex haben, eben neuen Wind und ein neues Knistern in die Beziehung bringen. Dann gibt sich die Flaute hoffentlich bald von allein.
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