Über Geld spricht man nicht? Das sehe ich anders. Für mich hat es etwas sehr Empowerndes, wenn sich Kollegen (vor allem Frauen) offen darüber austauschen, was sie verdienen. Ich glaube: Wir sollten mit der albernen Geheimniskrämerei um unsere Gehälter aufhören – nicht zuletzt, um einen wichtigen Schritt Richtung Lohngerechtigkeit zu gehen.
Wenn ich eines über Gehaltsverhandlungen in meinen bisherigen Jobs gelernt habe, dann: Man sollte immer gut vorbereitet beim Termin erscheinen und nicht erschrecken, wenn Gegenwind vom Vorgesetzten oder Personaler kommt. Die eigenen Forderungen durchzusetzen erfordert manchmal einiges an Resilienz und Verhandlungsgeschick. Ein Trick, der mir bei Gehaltsgesprächen bisher immer geholfen hat: Ich weiß, wie viel meine Kollegen in ähnlichen Jobs verdienen. Denn ein besonders beliebtes Argument von Personalern, um Gehälter niedrig zu halten, ist: „In dieser Branche sind die Gehälter nun mal so.“ Ich hatte bisher immer Glück, in meiner Branche gut vernetzt zu sein und durch offene Gespräche mit anderen Journalist*innen und Redakteur*innen zu wissen, wann diese Aussage in etwa zutrifft und wann nicht.
In einer Verhandlung versuchte mein Gesprächspartner sogar mal, mir wegen meiner Forderung einer Gehaltserhöhung ein schlechtes Gewissen einzureden: „Dir ist schon klar, dass du mehr verdienen würdest als deine Kollegen, wenn wir deiner Forderung nachkämen?“ Ähm, nope. Ich wusste sofort: Da will mich jemand herunterhandeln! Und so blieb ich bei meiner ursprünglichen Forderung.
Mein Beitrag, um den Gender Pay Gap zu schließen
Auch ich verrate Kollegen gerne, was ich verdiene. Und wenn ich Kollegen sage, meine ich vor allem: Kolleginnen. Denn die haben es bei Gehaltsverhandlungen besonders schwer. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts verdienen Frauen rund 21 Prozent weniger als Männer. Das liegt, wie oft bewiesen, an geschlechterspezifischer Diskriminierung, aber eben auch daran, dass wir uns in Verhandlungen nicht trauen, das einzufordern, was uns wirklich zusteht. Oder, wie viele Männer, einfach mal „dreist“ mehr zu verlangen und zu gucken, was passiert.
In einer Studie von Bonner Wissenschaftler*innen aus dem Jahr 2019, bei der über 15.000 Männer und Frauen ihre Gehaltsvorstellungen in simulierten Vorstellungsgesprächen durchsetzen sollten, gaben sich die Frauen mit viel niedrigeren Gehältern als die Männer zufrieden. Die Wissenschaftler kamen sogar zu dem Schluss, dass die Unsicherheit der Frauen beim Verhandeln eine größere Rolle beim Gender Pay Gap spielt als Unterbrechungen des Karrierewegs durchs Kinderkriegen. Worauf ich hinauswill: Wir Frauen müssen uns gegenseitig aufbauen, damit wir den Mut haben, furchtlos(er) einzufordern, was uns zusteht. Zu wissen, was andere verdienen, ist dabei ein hilfreiches Tool. Wenn ich anderen Frauen erzähle, was ich verdiene, ist das mein kleiner Beitrag zur Schließung des Gender Pay Gaps.
Darf man sein Gehalt überhaupt offenlegen?
Ja, darf man. Die Befürchtung, man könnte einen Vertragsbruch begehen, indem man seinen Verdienst mit anderen bespricht, ist weit verbreitet – aber unbegründet. Vertragsklauseln, die besagen, dass man seinen Verdienst nicht preisgeben darf, sind per Gesetz ungültig. Trotzdem: Arbeitgeber sehen es nicht gerne, wenn sich ihre Mitarbeiter über Gehälter austauschen und es muss dir klar sein, dass du mit deiner Offenheit möglicherweise aneckst.
Gehaltstransparenz im Netz
Übrigens: Auch wenn du kaum Bekannte oder Kollegen mit vergleichbaren Jobs kennst, gibt es gute Möglichkeiten, dir einen Überblick zu über das Branchenniveau zu verschaffen. Bei Portalen wie Glassdoor, Xing oder Gehalt.de* kannst du dir die durchschnittlichen Gehälter für deinen Job nach Städten und Ländern anzeigen lassen. Zudem ist seit 2017 das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen in Kraft. Arbeitgeber ab einer gewissen Anzahl an Beschäftigten (meist ab 200 oder 500) müssen ihren Mitarbeiter*innen auf Anfrage erläutern, nach welchen Kriterien sie wie bezahlt werden, und ob im Unternehmen die gesetzlichen Vorschriften zur Entgeltgleichheit eingehalten werden.
Wage ain't nothing but a number
Zugegeben: Es ist nicht immer leicht, zu erfahren, dass Kollegen für gleiche Arbeit besser bezahlt werden als man selbst. Auch in mir hat das schon Unsicherheiten ausgelöst. Wichtig ist deshalb, sich in Erinnerung zu rufen, dass die Höhe deines Gehalts nichts über deinen Wert als Mensch aussagt. Es kann auch helfen, vor dem Gespräch die Abmachung zu treffen, dass man diese Unsicherheiten nicht aneinander auslässt oder dem anderen vorhält, dass man unterschiedlich viel verdient. Ziel des offenen Gehaltsvergleichs ist schließlich, sich gegenseitig zu empowern, nochmal in die Verhandlung zu gehen, um unfaire Unterschiede zu beseitigen. Also: Traut euch nachzufragen, solidarisiert euch und habt keine Angst, über Zahlen zu reden!
Bildquelle: Stocksy/STUDIO FIRMA, Unsplash/CoWomen