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Frauen in Führung

Designerin Silke Geib: „Frauen stapeln leider immer eher tief“

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Als Frau hast du schlechtere Chancen auf eine Führungsposition als deine männlichen Kollegen? Gut möglich. Trotzdem kein Grund, es deswegen unversucht zu lassen! Wir haben die Modedesignerin und ABOUT:FASHION-Gründerin Silke Geib getroffen und sie nach ihrem Erfolgsrezept gefragt.

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desired: Sie haben jahrelang erfolgreich als Modedesignerin gearbeitet und leiten heute ABOUT:FASHION, eine Karriereberatung für die Modebranche. Wie schafft man es als Frau auf eine Führungsposition?

Silke Geib: Bei mir war es bestimmt eine Eigenschaft, die man als deutsches Attribut bezeichnen könnte: Also der Fleiß – denn es ist einfach harte Arbeit, in diesem Job auf so einem Niveau zu bestehen. Außerdem natürlich mit Kreativität, aber auch mit Durchhalten. Ich wusste von Anfang an, dass ich im Luxusbereich arbeiten will und habe mich davon nie abhalten lassen, und war dabei auch immer risikobereit. Es gehört also auch sicher eine gewisse Angstfreiheit dazu: Man sollte nie Angst davor haben, Verantwortung zu übernehmen. Dazu muss man dann eben auch mal aus der Komfortzone treten und sich neuen Herausforderungen stellen. Das allerwichtigste ist aber, dass man an sich glaubt und davon überzeugt ist, was man kann und was man einem Unternehmen zu bieten hat - am Ende ist es dann wahrscheinlich einfach das Selbstvertrauen.

Gerade nach Abschluss der Schule oder der Uni traut man sich oft nicht, sich direkt bei den großen Häusern zu bewerben. Was denken Sie, ist da ein Erfolg als Berufseinsteiger*in eher unrealistisch?

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Nein, das ist überhaupt nicht unrealistisch. Das versuche ich auch immer den Studierenden in den ABOUT:FASHION-Workshops mitzugeben. Ich habe das auch geschafft: Ich bin nicht auf eine Elite-Schule gegangen, und hatte auch keine Connections in die Branche, also musste ich mich da letztendlich hinein kämpfen wie jeder andere auch. Deshalb kenne ich natürlich auch ganz gut die Ängste und Probleme der Studierenden und weiß auch, wie man es eben doch machen kann. Letztendlich kochen die großen Häuser auch nur mit Wasser. Und wenn man dann hinter die Kulissen geblickt hat, weiß man, dass die tollsten Designer auch nur ganz normale Menschen sind und meistens auch total nahbar. Wer also Leidenschaft mitbringt und Engagement, und sich nicht abhalten lässt von Absagen, dann klappt das auch. Ich versuche immer zu vermitteln: Alles ist möglich und jeder hat eine Chance.

Zur Person
Silke Geib arbeite viele Jahre als Designerin im Ausland für internationale Modehäuser wie Maison Margiela oder Viktor & Rolf. Seit 2010 coacht sie mit ABOUT:FASHION Schul- und Uniabgänger*innen in Kursen und individuellen Beratungen für ihren Berufseinstieg in die Modebranche.

Wenn es dann trotzdem mal nicht klappt, wie sollte man mit einer Absage umgehen?

Ich finde immer den Vergleich zum Wettkampf im Sport ganz gut: Also mit einem sportlichen Ehrgeiz an die Sache herangehen, aber es auch nicht zu ernst nehmen. Man sollte also auch Niederlagen oder Absagen nicht zu persönlich nehmen. Oft haben die Gründe der Absage in erster Linie gar nichts mit einem selbst zu tun. Ich war auch bei vielen Jobinterviews, bei denen ich den Job nicht bekommen habe. Meine Erfahrung ist, dass es rückblickend dann doch immer Sinn gemacht hat, dass ich einen Job nicht bekommen habe. Denn der nächste coole Job war around the corner. Es kommt ja immer etwas nach, da muss man also keine Angst haben, sondern immer dranbleiben und weiter machen.

Oft fühlt man sich gerade zu Beginn der Karriere einfach unsicher – Denken Sie, dass das ein weibliches Phänomen ist?

Ich glaube, es ist leider sehr weiblich. In den Hochschulen sehe ich immer wieder riesige Gruppen von Frauen, und dazwischen ein bis drei Männer. Und die sind immer viel selbstbewusster, wie sie sich präsentieren. Das heißt nicht, dass sie dann auch immer besser sind, aber eben selbstsicherer. Frauen stapeln leider immer eher tief. Meistens sind sie total talentiert und haben jede Menge zu bieten, aber trauen sich dann doch nicht so viel zu wie die männlichen Kollegen. Wenn man die Modebranche betrachtet, dann sieht man, dass es viel weniger Männer gibt, die diese Ausbildung machen. In den Führungspositionen sind dann allerdings meistens Männer, obwohl es andersherum sein müsste.

Was muss getan werden, um das zu ändern?

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Es liegt mir am Herzen, das zu ändern. Dabei mache ich natürlich keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern, aber ich versuche, gerade den Studentinnen sehr viel Selbstbewusstsein mit auf den Weg zu geben. Eben auch, wenn es dann darum geht, sich bei den großen Häusern zu bewerben oder in den ersten Gehaltsverhandlungen: Der erste Job ist natürlich immer der schwierigste, auch finanziell gesehen. Und da versuche ich die Leute zu coachen, ihnen für die ersten Gehaltsverhandlungen Tipps zu geben, wie man auch als Berufsanfänger ein ordentliches Gehalt aushandeln kann.

Wie würden Sie denn den Unterschied zwischen Frauen und Männern auf beruflicher Ebene beschreiben?

Frauen sind oft irgendwie nahbarer. Vielleicht ist es auch einfach dieses Frauen-unter-Frauen-Ding, dass man da direkt eine andere Connection und andere Themen hat als mit Männern. Das ist schwer festzumachen. Aber ich spüre oft mehr Empathie, mehr Menschlichkeit. Das ist dann wahrscheinlich einfach diese Frauenpower, dass sich Frauen in einer männerdominierten Welt mehr gegenseitig unterstützen.

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Sie bieten ja auch Beratung zu Bewerbungsmappen an – Haben Sie ein paar Tipps, worauf es dabei ankommt?

Generell muss man sagen, dass sich die Art sich zu bewerben in den letzten Jahren sehr stark verändert hat. Selbstvermarktung ist ein Riesenthema geworden. Was natürlich auch wunderbar ist, denn es gibt die Möglichkeiten, sich über Plattformen wie LinkedIn oder Xing oder Social Media wahnsinnig gut selbst zu vermarkten. Man kann das Selbstmarketing wirklich selbst in die Hand nehmen und das fängt bei den Bewerbungsunterlagen an: Man sollte sich sehen wie eine Marke und sich auch branden wie eine Marke. Man sollte sich überlegen, wofür man als Marke steht und darin natürlich auch authentisch sein. Also auch handeln und auftreten wie eine Marke, nicht wie eine Privatperson.

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Gibt es etwas, das Sie all Ihren Schützlingen versuchen mit auf den Weg zu geben?

Also mein Leitspruch ist immer, dass man seinem Herzen folgen sollte. Ich treffe manchmal Kursteilnehmern, die aus ganz anderen Bereichen kommen und die sagen, dass sie früher nichts im Bereich Mode studiert haben, einfach wegen des gesellschaftlichen Drucks und der Vorurteile. Aber wenn man die Leidenschaft für etwas hat, dann lässt die einen auch nicht mehr los. Viele grübeln einfach viel zu viel, denken zu rational und haben verlernt, auf die innere Stimme zu hören. Ich denke aber, es ist ganz wichtig auf diese Stimme zu hören. Denn wenn man zufrieden und glücklich ist, dann kommt der Erfolg von ganz alleine.

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Silke Geib ist das beste Beispiel dafür, dass man es als Frau sehr wohl nach oben schaffen kann – und zwar auch ohne Kontakte oder Elite-Abschluss. Wir danken Silke Geib für das motivierende Interview! 

Bildquelle: Studio Karpstein; Instagram/ About Fashion