Frugalismus ist ein Spartrend, der vielen auf den ersten Blick sehr extrem erscheint. Denn Frugalisten sparen heute so viel wie möglich, um in möglichst jungen Jahren finanzielle Freiheit zu erreichen und theoretisch in Rente gehen zu können. Wir haben mit Frugalistin und Bloggerin Valentina von Minimalfrugal darüber gesprochen, wie sie es schafft, als Studentin die Hälfte ihres Einkommens zu sparen, warum das für sie keinesfalls nur Verzicht bedeutet und was sie vorhat, wenn sie die finanzielle Freiheit erreicht.
Dies ist die gekürzte Version des Interviews. Das vollständige Gespräch kannst du dir im aktuellen desired-Podcast anhören!
desired: Wie bist du auf das Thema Frugalismus aufmerksam geworden?
Valentina: Das erste Mal richtig auf etwas hin gespart habe ich während meines Abiturs. Ich wollte mir damals ein Auto kaufen. Doch als ich das Geld zusammen hatte, habe ich gemerkt, dass ich das gar nicht brauche. Ich hatte also plötzlich für mich relativ viel Geld auf dem Konto und habe gemerkt, dass mir das Sparen an sich Spaß macht. Ich mochte das Gefühl eine Rücklage zu haben oder immer genügend Geld für zum Beispiel eine Reise. Ich habe einfach gemerkt, dass einem das sehr viele Freiheiten gibt. Früher habe ich super viel geshoppt und mir neue Kleidung gekauft, die ich eigentlich gar nicht brauchte. Mit der Zeit hat es mir allerdings viel mehr Spaß gemacht zu sparen, allerdings hatte ich nun kein festes Sparziel mehr. Da habe ich dann zum ersten Mal von den Themen Frugalismus und finanzieller Freiheit gehört und gemerkt, dass das genau das ist, worauf ich hin sparen möchte. Mein Ziel ist es, immer die Freiheit zu haben, das zu tun, was ich möchte und das kann man sich eben auch ein Stückweit mit Geld ermöglichen.
Was bedeutet Frugalismus für dich?
Beim Frugalismus geht es für mich darum, die eigenen Ausgaben zu hinterfragen, Unnötiges zu streichen und trotzdem ein gutes Leben zu führen. Die Differenz zwischen den Einnahmen und den Ausgaben kann man dann zur Seite legen und gewinnbringend investieren, um später davon zu leben. Denn das Ziel der meisten Frugalisten ist es, finanziell frei zu sein. Sie streben also danach, all ihre Ausgaben durch passive Einnahmen decken zu kennen, die zum Beispiel aus Kapitalanlangen stammen.
Die meisten Frugalisten setzen sich dafür ziemlich hohe Sparziele. Du zum Beispiel sparst monatlich 50 Prozent der Netto-Einnahmen. Gerade als Studentin stelle ich mir das sehr schwer vor. Wie schaffst du das?
Ich wohne zum Beispiel bewusst nur in einer Ein-Zimmer-Wohnung, weil die Mieten hier sehr teuer sind. Das ist sogar fast schon ein Luxus, die meisten Studierenden in meiner Gegend wohnen in WG-Zimmern. Aber ich habe eine sehr günstige Wohnung gefunden und kann dadurch sparen. Außerdem habe ich kein Auto und achte auch beim Lebensmittelkauf darauf, günstig einzukaufen und No-Name- anstatt Markenprodukte zu kaufen. Kleidung kaufe ich meist nur auf dem Flohmarkt. In den letzten eineinhalb Jahren habe ich mir aber fast gar keine neue Kleidung gekauft. Gleichzeitig habe ich mehrere Nebenjobs. Man kann die eigenen Ausgaben natürlich nur bis zu einem bestimmten Punkt herabsenken und kann dann schauen, wie man um noch mehr zu sparen stattdessen die Einnahmen erhöht.
Ist das nicht sehr stressig, neben dem Studium noch mehreren Nebenjobs nachzugehen?
Ich habe meine Nebenjobs so gewählt, dass sie sich gut ergänzen. Einige meiner Nebenjobs sind auch gleichzeitig meine Hobbys, etwa mein Blog oder mein Instagram-Account. Andere Nebenjobs, wie zum Beispiel die Sitzwache im Krankenhaus, kann ich auch nutzen, um nebenbei noch etwas anderes zu machen. Außerdem übe ich nicht alle Jobs regelmäßig aus, habe aber immer etwas, worauf ich zurückgreifen kann. Mir gefällt es aber auch, viele unterschiedliche Tätigkeiten auszuüben und somit immer Abwechslung zu haben. Insgesamt habe ich dadurch aber wahrscheinlich weniger Freizeit als viele andere Studierende.
Ist es typisch für Frugalisten sich so viele verschiedene Einnahmequellen zu suchen?
Ich glaube, das ist ganz unterschiedlich. Wenn jemand einen festen Job hat und da viel verdient, muss er sich natürlich nicht zwangsläufig nebenher noch etwas anderes suchen. Viele bauen sich aber trotzdem neben ihrem Hauptjob ein Projekt auf und verdienen damit irgendwann so viel, dass sie die Stunden in ihrem Angestellten-Job reduzieren und trotzdem noch genug sparen können.
Dein Ziel ist es, mit 35 finanziell frei zu sein. Was willst du dann machen? Aktuell arbeitest du ja sehr viel. Könntest du dir vorstellen, dann einfach in Rente zu gehen?
Für mich geht es gar nicht darum, dann nicht mehr zu arbeiten. Ganz im Gegenteil: Ich will Zeit haben, für die Dinge, die mir wichtig sind. Ich habe so viele Ideen, für die mir einfach die Zeit zur Umsetzung fehlt. Außerdem möchte ich gerne mehr Zeit für Freizeitaktivitäten haben oder die Möglichkeit, für eine längere Zeit zu reisen. Ich will dann auch gar nicht plötzlich im Luxus leben. Die meisten Dinge, die ich gerne mache, wie etwa wandern, sind nahezu kostenlos, aber man muss sich dafür natürlich trotzdem Zeit nehmen und davon hat man letztendlich mehr, wenn man nicht auf einen Vollzeitjob angewiesen ist.
Liebe Valentina, vielen Dank für das Interview!
Den kompletten Podcast mit Valentina zum Thema Frugalismus kannst du dir hier anhören:
Bildquelle: istock/courtneyk