Beim Thema Finanzen hinken wir Frauen noch immer hinterher. Das muss sich ändern, findet auch Katharina Brunsendorf, Mitbegründerin der Initiative finanz-heldinnen. Die 32-Jährige hat es sich zur Aufgabe gemacht, möglichst viele Frauen für das vermeintlich trockene Thema zu begeistern und sie zu finanzieller Unabhängigkeit zu motivieren. Aber warum hinken wir Frauen überhaupt hinterher und was können wir dagegen tun? Das hat uns die Finanzheldin im desired-Interview erklärt!
desired: Viele Frauen haben großen Respekt, wenn nicht sogar Angst, vor dem Thema Finanzen. Woran liegt das und wie kann man sich selbst diese Hürde nehmen?
Katharina Brunsendorf: Studien zeigen da vor allen Dingen zwei Punkte: Zum einen, dass wir Frauen uns das Thema Finanzen nicht zutrauen – also das Thema Selbstbewusstsein – und zum anderen sagen wir: Wir wissen zu wenig. Und das sind häufig die Punkte, warum man oft gar nicht erst so richtig loslegen möchte. Deshalb haben wir als Finanzheldinnen uns auch auf die Fahne geschrieben, dass wir Frauen für das Thema Finanzen begeistern wollen. Und das dann mittels unterschiedlicher Wissensformate, um genau diese Hürde überwinden zu können und um eine Begeisterung für ein vermeintlich trockenes Thema zu finden. Wir haben als Finanzheldinnen ja ein breites Spektrum aufgebaut: von Instagram über Podcast bis hin zum Buch, was dann eben das haptische Erlebnis ist. Es gibt für jeden Weg etwas, in jeder Form, die man gerne konsumiert. Deshalb: Wenn du mehr zum Thema Finanzen wissen möchtest, schau welchen Kanal du gerne konsumierst und mache dann damit den ersten Schritt.
Was sind dann die nächsten wichtigen, aber möglichst einfachen Schritte, um sich dem Ziel der finanziellen Unabhängigkeit zu nähern?
Ganz als erstes: Ein Bewusstsein schaffen, warum man etwas verändern möchte, warum man diese Reise gehen will. Und dann eine Grundstruktur schaffen. Da kommen dann so Themen wie Haushaltsbuch, Notgroschen, Ziele setzen, Kassensturz, Budgettöpfe oder das Herausfinden vom eigenen Risikotyp. Das klingt vielleicht erst mal nach einer ganzen Reihe an Schritten, aber wenn man diese Schritte wirklich durchläuft – und da versuchen wir mit unserem Buch ja wirklich an die Hand zu nehmen und Schritt für Schritt zu begleiten – lernt man ganz viel auch über sich persönlich. Und das kann eine Motivation sein: Ich werde mir dadurch mit mir selbst nochmal klarer über unterschiedliche Themen und nutze das dann auch als Basis, um das Thema Finanzen für mich anzugehen.
Auch in Ihrem Buch raten Sie dazu, dass jede Frau einen Notgroschen ersparen sollte. Ist er wirklich unverzichtbar und wie hoch sollte er sein?
Man sagt, dass man mit dem Notgroschen ungefähr drei bis sechs Monate die eigenen Fixkosten zahlen können sollte. Wenn ich selbstständig bin, sind es eher die sechs Monate, wenn ich in einem Angestelltenverhältnis bin, eher die drei Monate. Mit dem Geld sollte man dann über die Runden kommen und es ist eben auch wichtig, dass man den Notgroschen auch wirklich schnell verfügbar auf einem Tagesgeldkonto zum Beispiel hat. Und das Geld eben nicht in Wertpapiere oder ähnliches investiert hat, denn in Notgroschen steckt ja schon das Wort „Not“ drin, die Not kommt ja eher immer über Nacht und von der einen Stunde auf die andere. Man muss also schnell darauf zugreifen können. Alles andere, was investiert wird, ist dann die langfristige Vorsorge. Und langfristig heißt mehr als 10 Jahre.
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Langfristige Anlagen wie Wertpapiere, ETFs oder Fonds – das klingt für viele erst mal fremd und vielleicht auch abschreckend. Wie wichtig ist es, sich trotzdem mit solchen Anlagemöglichkeiten zu beschäftigen?
Gerade für uns Frauen ist das Thema Altersvorsorge und auch Geldanlage mit Wertpapieren extrem wichtig. Wir haben einen so hohen Bedarf, weil das Thema Altersarmut ist weiblich – leider. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir unsere Möglichkeiten erkennen. Und auch hier ist es so, dass wir mit unserem Buch versuchen, erst mal grundsätzlich abzuholen, aber dann auch Möglichkeiten aufzuzeigen. Welche Möglichkeiten habe ich, wie kann ich mir meinen persönlichen Mix zusammenstellen aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge? Wenn man das erst mal für sich geklärt hat, kann man im nächsten Schritt wirklich loslegen und wird auch schnell entdecken, dass das richtig Spaß machen kann.
Wertpapierhandel gilt für viele als risikobehaftet. Ist das nur ein Vorurteil?
Es kommt ganz darauf an, wie man das angeht. Deshalb ist es auch so wichtig, den eigenen Risikotyp kennenzulernen. Ich habe zum Beispiel eine Freundin, die hat eine sehr hohe Aktienquote im Depot, also sehr viele einzelne Werte. Das ist natürlich risikobehafteter, weil das Risiko nicht wie in einem Fonds, wo ich einen großen Topf mit vielen Werten habe, breiter gestreut ist. Sie ist da auf einem guten Level und kann damit gut schlafen. Für mich wäre das wiederum nichts. Aber: Eine Geldanlage ganz ohne Risiko – die gibt es nicht. Man kann aber lernen, wie man dieses Risiko streuen kann und wie man sich so aufstellen kann, dass es möglichst gering ist.
Katharina Brunsendorf ist Kommunikationsreferentin bei comdirect und dort für die Initiative finanz-heldinnen zuständig. Erst durch ihre Tätigkeit bei der Direktbank hat sie sich mit ihren eigenen Finanzen intensiver auseinandergesetzt. Die geweckte Begeisterung dafür möchte sie nun auch an andere Frauen weitergeben.
Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt in allen Lebensbereichen an Bedeutung, auch beim Thema Finanzen. Eine nachhaltige Geldanlage – geht das?
Ja, das geht. Das kommt auch immer mehr auf den Markt. Ich finde bei dem Thema ganz wichtig: Was bedeutet für mich persönlich Nachhaltigkeit? Wie definiere ich das für mich? Dann kann man schauen, wie man die eigene Vorstellung auf der einen Seite mit der eigentlichen Geldanlage auf der anderen Seite zusammen bekommt. Dadurch, dass es noch nicht ganz so viele Produkte aktuell gibt, wird man diese erste perfekte Überschneidung wahrscheinlich noch nicht finden. Aber man kann ja mit etwas starten, wo es langsam zusammenkommt. Der Markt verändert sich, eine Geldanlage ist ja auch nie in Stein gemeißelt, und dann kann man das auch immer mal wieder justieren und anpassen.
Wenn man das Thema Geldanlage und finanzielle Unabhängigkeit erfolgreich angegangen ist – welchen Effekt hat das Ihrer Meinung nach auf andere Lebensbereiche?
Geld begegnet uns in allen Lebenslagen und deshalb wird man auch in den unterschiedlichsten Bereichen Auswirkungen merken. In einigen Punkten ist man dann sicherlich aufgeräumter und klarer. Alleine wegen der Tatsache, dass ich mir in dem ganzen Prozess Gedanken darüber gemacht habe, was meine Ziele in den nächsten ein bis fünf Jahren sind, was ich den in nächsten 10 Jahren erreichen möchte und auch später. Dieser Prozess ist super spannend. Man hat also so eine Klarheit dadurch und auch eine Checkliste, auch wenn sich das je nach Lebenslage natürlich auch immer wieder verändern kann.
Wer in einer festen Partnerschaft lebt, würde Geldanlagen & Co. vielleicht instinktiv eher mit dem Partner oder der Partnerin gemeinsam angehen. Ist das klug?
Grundsätzlich finde ich, dass auch in der Partnerschaft auf jeden Fall über das Thema Finanzen gesprochen werden sollte. Um dann auch gemeinsam in der Beziehung Lösungen und Ansätze zu finden. Sollte man gemeinsam investieren und wirklich alles gemeinsam machen? Jein. Ich glaube, es ist immer gut, wenn man das alleine macht. Das fühlt sich auch gut an. Aber einen Teil kann man dann durchaus auch mit dem Partner oder der Partnerin gemeinsam angehen, denn man hat ja auch gemeinsame Ziele. Wichtig ist aber, immer die Infos einzuholen: Was ist, wenn? Was wäre, wenn wir uns trennen? Was wäre, wenn dem Partner oder der Partnerin ein Unfall passiert? Wenn dann alles gut geht, tut niemandem diese Absicherung weh, dann haben einfach alle was davon. Wenn aber nicht, dann kenne ich meine Rechte und weiß eben auch, was zu tun ist. Also ja, gemeinsame Ziele und Pläne machen, aber sich selbst immer im Blick haben.
Vielen Dank für das Interview, Katharina Brunsendorf!
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Bildquelle: Philipp Tonn