Stichwörter wie „Frauenquote” oder „Gender Pay Gap” verfolgen uns seit Jahren. Dass es zu wenig Frauen in Führungsebenen gibt, wird als unverändertes Problem immer wieder thematisiert. Doch woran kann es liegen, dass Frauen viel seltener eine Karrierelaufbahn einschlagen als Männer?
#1 Wir verkaufen uns unter Wert
Viele Frauen haben das Problem, dass sie zu bescheiden sind. Sie bewerten ihre Leistung schlechter als sie eigentlich ist und unterschätzen sich damit gewaltig. Sie sprechen häufiger über ihre Schwächen und Probleme als ihre Stärken und Erfolge, weil sie das irgendwie unangebracht oder arrogant finden würden.
Diese falsche Bescheidenheit sorgt nicht selten dafür, dass diese Frauen sich auch leichter verunsichern lassen. Sagt ihnen jemand: „Also diese Aufgabe müsste dir echt liegen“, ist die Chance hoch, dass sie sie mit Bravour meistern. Meldet aber jemand Zweifel an, dass sie der Herausforderung auch gewachsen sind, übernehmen sie diese manchmal auch. Im Gegensatz dazu scheinen die meisten Männer Erwartungsdruck relativ leicht ausblenden zu können. Laut einer Umfrage rechnen 56 Prozent der Männer mit Erfolg bei dem, was sie tun. Bei den Frauen sind es nur 45 Prozent. Woher kommt diese Unsicherheit bei den Frauen? Ist es vielleicht nur eine Erziehungsfrage?
#2 Wir haben Angst vor zu hohen Erwartungen
Hast du dir schon mal eine Stellenanzeige durchgelesen und sie noch im selben Moment abgehakt, weil du in einer der geforderten Tätigkeiten noch keine Erfahrungen gemacht hast? Gedanken wie „… dann nehmen die mich auf keinen Fall, ich brauch es also gar nicht erst zu probieren“ schwirren durch deinen Kopf. Selbst wenn du dich bewerben und den Job bekommen würdest, hättest du Angst davor, zu viel zu versprechen.
Ähnlich sieht es aus, wenn in der eigenen Firma eine machtvolle Position neu vergeben werden soll: Garantiert gibt es sofort eine Menge männlicher Interessenten, die ihre Chance auf einen Aufstieg und mehr Geld wittern. Doch auch hier bremsen viele Frauen sich oft selbst aus und lassen sich von Sorgen leiten, vielleicht zu versagen. Meist ergreifen sie die Möglichkeit dann nur, wenn sie jemand direkt darauf anspricht.
#3 Wir haben mit Vorurteilen & Rollenbildern zu kämpfen
Woher kommt diese Angst, unter zu hohen Erwartungshaltungen von außen zu versagen? Machen die betroffenen Frauen sich selbst diesen Druck oder haben wir tatsächlich noch mit konservativen Rollenbildern zu kämpfen, die Schuld daran sind, dass man uns zu wenig zutraut?
Eine Umfrage unter 5000 Männern und Frauen aus diesem Jahr wollte wissen, wer sich in seinem Beruf durch Vorurteile aufgrund seines Geschlechts benachteiligt fühlt. Während nur 9,3 Prozent der Männer diesem Punkt zustimmten, waren es 23,7 Prozent bei den Frauen. Bei unseren österreichischen Nachbarn wurden zum selben Zeitpunkt 442 Führungskräfte befragt, in welchen Punkten sie Hindernisse für die Karriere von Frauen sehen: Ganze 60,4 Prozent empfanden tatsächlich konservative Rollenbilder und Vorurteile als Grund dafür. Die Hälfte der Befragten nannte außerdem die Unternehmenskultur selbst als Ursache für geringere Karrierechancen.
#4 Wir schrecken vor Verhandlungen zurück
Wenn es um ihr Gehalt geht, üben sich einige Frauen ebenfalls in Zurückhaltung. Treten sie einen neuen Job an, verlangen sie vorsichtshalber weniger, als sie eigentlich wollen, aus Angst, dass sie sich mit zu viel ihre Chance verbauen könnten. Und auch später sprechen viele selten von sich aus an, dass sie sich mehr Geld wünschen. Stattdessen arbeiten sie lieber mehr und hoffen, dass der Chef ihre Leistung und Motivation bemerkt und ihnen von selbst eine Gehaltserhöhung oder eine bessere Position anbietet. Eine weltweite Umfrage zeigt, dass bisher immerhin 39 Prozent der befragten Männer um eine Beförderung im Job gebeten haben, allerdings nur 28 Prozent der Frauen. Bei Gehaltserhöhungen dürfte es ähnlich aussehen.
#5 Wir müssen Karriere & Familie vereinbaren
Auch, wenn immer mehr Männer in Elternzeit gehen, so sind es nach wie vor vor allem die Frauen, die mit den Kindern zuhause bleiben. Allein der Mutterschutz und die Zeit nach der Geburt schließen sie für einige Monate aus dem Berufsleben aus. Oft steigen sie dann nur in Teilzeit wieder ein und haben dadurch in vielen Firmen bereits einen Nachteil im Gegensatz zu in Vollzeit arbeitenden Kollegen. Oft bemerken Frauen an diesem Punkt in ihrem Leben auch, dass es nicht die berufliche Karriere ist, die sie glücklich macht, sondern die private Verwirklichung.
#6 Wir haben weniger Ehrgeiz als Männer
Die vorangegangenen Punkte könnten schuld daran sein, dass eine Vielzahl an Frauen oft erst gar keine großen Ambitionen entwickelt und das meist sogar völlig okay findet. Den Wunsch, irgendwann eine Führungsposition zu erreichen, hegen laut Umfrage nur 34 Prozent der Frauen, während es bei Männern 42 Prozent sind. Einem Drittel der Frauen ist es sogar gleichgültig, ob sie in ihrem Betrieb überhaupt eine Aufstiegschance haben oder nicht. Schließlich wird von Frauen in der Gesellschaft aufgrund alter Rollenbilder auch nicht unbedingt erwartet, dass sie Karriere machen – möglicherweise fehlen uns aber auch einfach die Vorbilder.
Tipps für deine Karriere
- Statt alle Aufgaben zu übernehmen, übernimm insbesondere die prestigeträchtigen, also die, bei denen du für alle sichtbar Verantwortung und im Anschluss die Lorbeeren trägst.
- Nimm dir Verantwortung, traue sie dir zu, in neuen Projekten oder Funktionen. Warte nicht, bis dein Vorgesetzter von selbst auf die Idee kommt, dir welche anzubieten.
- Bilde dich weiter: Für Führungspositionen werden spezielle Kompetenzen gebraucht, informiere dich, welche das sind. Setze dir konkrete Ziele und kommuniziere diese nach außen.
- Der Schlüssel heißt Selbstvermarktung: Sei selbstbewusst und sprich dein Gehalt in Personalgesprächen direkt an. Bringe deine bisher erbrachten Erfolge als Argumente mit ins Gespräch.
Nicht jede Frau strebt eine große berufliche Karriere an und das ist völlig in Ordnung. Willst du jedoch Großes in deinem Job erreichen, solltest du dich nicht von Klischees oder statistischen Hürden aufhalten lassen. Es liegt in deiner Hand!
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