Dich hat das Fernweh gepackt und du überlegst, für eine längere Zeit ins Ausland zu gehen? Wir erklären dir, welche Möglichkeiten du hast und welche Vor- und Nachteile ein Auslandsjahr mit sich bringen kann.
Welche Möglichkeiten gibt es?
Gerade, wenn man in einer Zeit des Umbruchs steckt, wie nach der Schule, dem Abitur oder dem Studium, denkt man oft über einen längeren Auslandsaufenthalt nach. Beliebte Regionen sind zum Beispiel die USA, England, Kanada, Australien und Neuseeland. Je nachdem, in welchen Lebensumständen du dich gerade befindest (Berufsleben, Studium etc.) und wie viel Zeit dir zur Verfügung steht, bieten sich verschiedene Wege für dich an. Die bekanntesten Möglichkeiten sind:
- Work & Travel
- Schüleraustausch / Universitätsaustausch
- Au-pair
- Freiwilligenarbeit
- Praktikum
- Sprachreise
- Selbst organisierte Erlebnisreise
Welche Vorteile bietet ein Auslandsjahr?
# Sprachkenntnisse verbessern
Zwar kann man die eine oder andere Sprache in der Schule, in einem Sprachkurs oder mit einer App lernen, aber so richtig beherrscht man sie meist erst, wenn man sie regelmäßig spricht und auch mit Muttersprachlern in Kontakt kommt. Egal, ob Französisch, Spanisch oder Englisch: Ein paar Monate im Ausland können deine Sprachkenntnisse enorm verbessern und dir mehr Sicherheit geben.
# Den Horizont erweitern
Wer für längere Zeit ins Ausland geht, begegnet Menschen verschiedenster Herkunft und lernt mit kulturellen und auch ganz persönlichen Unterschieden umzugehen. Diese Fähigkeit ist im Leben oft gefragt und bringt viele Vorteile mit sich. Zum Beispiel schließt man Freundschaften und sammelt Erinnerungen, die man nicht so schnell vergisst.
# Lebenserfahrung sammeln
Nicht nur die Sprachkenntnisse können sich verbessern, wenn man ein Auslandsjahr wagt. Man kann sich auch persönlich entwickeln und charakterlich reifen. Meist bist du in der Fremde auf dich allein gestellt, musst dich organisieren, selbstbewusst sein, Mut beweisen und über dich selbst hinauswachsen. Nicht nur deshalb kommen längere Auslandsaufenthalte auch bei Arbeitgebern oft gut an.
Welche Nachteile gibt es?
# Entfernung / Heimweh
Der offensichtliche Nachteil daran, das Heimatland zu verlassen, ist die Entfernung zu deiner gewohnten Umgebung und zu Freunden und Familie. Trotz Skype, E-Mail und Co. können Beziehungen an der Entfernung zerbrechen und Heimweh deine neuen aufregenden Erlebnisse überschatten.
# Kosten
Ganz ohne Erspartes wird es im Ausland sehr schwer werden. Viele Firmen, die Auslandsaufenthalte organisieren, setzen sogar ein gewisses Eigenkapital von mehreren tausend Euro voraus. Wer aber wirklich ins Ausland will, findet einen Weg zur Finanzierung. Mit Work & Travel-Programmen kannst du dir mit kleinen Jobs vor Ort das Reisen selbst finanzieren und so die Kosten reduzieren – und im Studium ist beispielsweise Auslands-BAföG eine tolle Unterstützung.
Wichtig: In einigen Ländern, die nicht Teil der EU sind, brauchst du teilweise ein Visum oder eine Arbeitserlaubnis für das Ausland. Informiere dich vorher ausführlich, ob du alle Voraussetzungen hierfür erfüllst.
# Dauer
Wenn du ins Ausland gehst, ist auch immer die Frage, wie viel Zeit du dir hierfür nehmen kannst. Während man im Studium häufig weniger Probleme mit einem Auslandsaufenthalt von einem oder zwei Semestern hat, muss man als Schüler durchaus mal eine Klasse wiederholen. Ist man dagegen sogar schon im Berufsleben angekommen, wird es noch schwerer, sich die Zeit zu nehmen. Du kannst aber beispielsweise bei deinem Arbeitgeber um ein Sabbatical bitten oder die Zeit zwischen zwei Jobs nutzen, um eine längere Auszeit zu nehmen.
Welche Erfahrungen haben meine Kolleginnen gemacht?
Ich selbst habe bisher keinen längeren Auslandsaufenthalt gehabt. Das lag bei mir vor allem daran, dass meine Mutter während meiner Studienzeit sehr krank wurde und ich deshalb nicht weit entfernt von ihr sein wollte – und nach dem Studium fehlte mir irgendwie die Zeit dafür. Tatsächlich habe ich viele Kolleginnen, denen es ähnlich geht, und die es bisher maximal ein paar Wochen bis zwei Monate ins Ausland verschlagen hat. Umso spannender und inspirierender waren die Geschichten derjenigen, die den Sprung gewagt haben:
„Die Zeit an der University of Aberdeen war eine der besten meines Lebens. Ich habe tolle Leute kennengelernt, mit denen ich immer noch befreundet bin, habe mein Englisch auf ein echt gutes Niveau gebracht und habe auch die Kurse dort geliebt – und die Uni sah aus wie Hogwarts. Ich würde es immer wieder machen!“
(Katharina Meyer, zehn Monate als Studentin in Schottland)
„2013 bin ich für knapp vier Monate als Praktikantin nach Windhoek gereist, habe beim Deutschen Hörfunk-Programm vom ersten Tag an die recht große deutschsprachige Gemeinde in Namibia zugetextet und auch dort Land und Leute kennengelernt. Seitdem war ich noch zweimal da – und bestimmt waren das nicht die letzten Male.“
(Katharina Meyer, vier Monate als Prakikantin in Namibia)
„Es ist einfach schön, einen Fleck so weit von der Heimat als zweites Zuhause sehen zu können und dort Menschen zu haben, die man gerne wieder besuchen geht (oder fliegt).“
Katharina Meyer
„Ich habe zwei Jahre als Au-pair gearbeitet und es war die beste Entscheidung meines Lebens. Man wird komplett ins kalte Wasser geworfen und lernt, was es bedeutet, sein eigenes Leben nach der Schule zu führen. Sich in einem fremden Land allein zurecht zu finden und die Sprache nicht zu 100 Prozent zu beherrschen, ist eine Herausforderung. Aber ich bin danach selbstbewusster, in meiner Persönlichkeit gefestigter und stärker zurückgekommen – mit dem Wissen: Große Herausforderungen im Leben sind keine Hindernisse oder Probleme, sondern Chancen.“
(Majena von Cappeln, zwei Jahre als Au-pair in den USA)
„Nach dem Abi wollte ich nicht gleich studieren. Aus Interesse bin ich nach Indien – für drei Monate, denn mich gleich für ein Jahr festzulegen, war mir zu riskant. Vor Ort habe ich in einem Waisenhaus Englisch unterrichtet. An den Wochenenden ging es in verschiedenste Ecken des Landes. Für mich war es ein wundervolles Erlebnis. Heute würde ich jedoch nicht mehr für eine Freiwilligenarbeit ins Ausland gehen, da ich diese Art der ,Entwicklungshilfe‘ nicht unterstützenswert finde.“
(Anett Pohl, drei Monate als freiwillige Helferin in Indien)
„Ich habe mich bei der Wahl meines Studiums noch einmal umentschieden und Freunde fürs Leben gewonnen.“
„Für den Master in Südasienwissenschaften habe ich mich entschieden, nach London zu gehen. Das Leben bei einer englischen Familie war eine positive Erfahrung, die mich viel in Sachen interkultureller Kompetenz gelehrt hat. Ja, wir Deutschen sind direkt. Nein, Engländer sagen nicht genau, was sie meinen. Diese Stereotype sind so bekannt, wie sie wahr sind, – mit ihnen umzugehen und das Zusammenleben gut zu gestalten hat ein paar Wochen gedauert. Neben meiner Gastfamilie habe ich auch sehr gute Freunde gewonnen.“
(Anett Pohl, ein Jahr als Studentin in London)
„Nach meiner Ausbildung wollte ich ein Jahr als Au-pair arbeiten. In Stockholm habe ich nicht nur tolle Menschen getroffen, sondern auch Schwedisch gelernt. Nach meinem Au-pair-Jahr habe ich mir dort einen Job gesucht und mich an der Uni eingeschrieben. Plötzlich war ich Teil der schwedischen Gesellschaft und bin sieben Jahre geblieben. Schließlich hat mir die Familie gefehlt und ich bin nach Berlin gezogen. Die Zeit war nicht immer leicht. Aber die Herausforderungen haben mich stark gemacht, meinen Horizont geöffnet und mit vielen fantastischen Menschen in Verbindung gebracht.“
(Michaela Munitzk, sieben Jahre als Au-pair und Studentin in Schweden)
„Um keinen Preis möchte ich diese Erfahrungen missen.“
Schon wenige Monate in einer fremden Umgebung können eine ganze Menge in deinem Leben verändern. Meine Kolleginnen haben sich getraut und den Schritt nicht bereut. Ihre Erfahrungen zeigen: Ein kleines Abenteuer zu wagen, kann zu neuen Freundschaften und unvergesslichen Erinnerungen führen, die einem auch helfen können, in der eigenen Persönlichkeit zu wachsen. Wenn du bereits mit dem Gedanken spielst, können wir nur sagen: Trau dich ruhig, es lohnt sich! Denn wie meine Kollegin Michaela so schön sagte: „So sehr man auch Heimweh hat, das Fernweh wirst du auch nie wieder los!“ Wir freuen uns, wenn du uns in den Kommentaren erzählst, was du so auf Auslandsaufenthalten erlebt hast.
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