Über Gehalt wird in Deutschland meist nicht gesprochen. Schon als Kind hat man uns schließlich eingebläut: „Über Geld spricht man nicht, Geld hat man!“ Was aber, wenn man es nicht hat? Wenn der Kontostand am Monatsende immer ein Minus anzeigt und man im Supermarkt jedes Mal überlegen muss, ob man sich die Eier überhaupt leisten kann? Armut betrifft in Deutschland mehr Menschen als viele vermuten – das zeigt diese Statistik zur Armutsgrenze.
Ab wann ist man eigentlich arm? Und wann ist man offiziell reich? Diese Fragen haben sich wahrscheinlich die meisten von uns schon häufiger gestellt. „Arm“ ist, wer nur sehr wenig Geld zum Leben hat. Aber diese Definition ist genauso wenig aussagekräftig wie die Wörter „arm“ und „reich“ selbst. Zähle ich bereits als arm, wenn mein Kontostand am Ende des Monats im Minus ist? Bin ich offiziell reich, wenn ich ein teures Auto fahre und in der Karibik Urlaub mache?
Armutsgrenze in Deutschland für Einzelpersonen
Die europäische Definition von Einkommensschichten beschreibt genauer, wer offiziell arm und wer reich ist. Dies berechnet sich nach dem Durchschnittseinkommen eines Landes. Jede Person, die 60 Prozent oder weniger als das Durchschnittseinkommen zur Verfügung hat, befindet sich unterhalb der Armutsgrenze. Für einen Ein-Personen-Haushalt lag im Jahr 2022 die Armutsgrenze bei einem Einkommen (inklusive Transferleistungen) von 1.189 Euro. Die Armutsgrenzen der anderen Haushaltstypen sind davon abgeleitet.
Armutsgrenze in Deutschland für Paare
Bei Paaren wird das gemeinsame Nettoeinkommen als Ausgangsbasis für die Berechnung zugrunde gelegt. Paare, die weniger als 1.783 Euro im Monat zur Verfügung haben, gelten als arm. Leben Kinder mit im Haushalt, verändert sich die Armutsgefährdungsschwelle entsprechend wie in der Tabelle oben ersichtlich. Ein Paar mit zwei Kindern, was weniger als 2.496 Euro im Monat zur Verfügung hat, wird somit als arm eingestuft.
Übrigens: Als offiziell „reich” gilt man, wenn man als Paar ohne Kinder mindestens 5.550 Euro monatliches Nettoeinkommen zur Verfügung hat.
16 Prozent der Deutschen sind arm
Oft wissen wir gar nicht, wie viel unsere Freunde, Verwandte oder Kollegen überhaupt verdienen. Geld ist ein Thema, das gerne totgeschwiegen wird. Dabei gibt es dringenden Handlungsbedarf! In Deutschland gelten derzeit laut statista etwa 16 Prozent (Stand 2022) der Bevölkerung als von Armut oder sozialer Ausgrenzung gefährdet. Das heißt, ihr Haushaltseinkommen beträgt maximal 60 Prozent des Durchschnitts. Noch immer ist der Prozentteil in den neuen Bundesländern höher als in den westlichen Bundesländern, d.h. im Osten sind mehr Bürger*innen von Armut betroffen.
Altersarmut betrifft vor allem Frauen
Wenn man sich die Statistiken zur Altersarmut anschaut, sieht es insbesondere für Frauen dramatisch aus. Sie sind besonders gefährdet, im Alter unter die Armutsgrenze zu fallen. Grund dafür ist, dass Frauen im Schnitt nach wie vor weniger verdienen als Männer. Die Armutsgefährdungsquote von Seniorinnen lag im Jahr 2022 bei 19,4 Prozent. Damit war sie über vier Prozentpunkte höher als bei Männern über 65 Jahren (15,1 Prozent). Auch hier sieht man einen Unterschied nach Bundesländern: Seniorinnen im ehemaligen Westdeutschland sind häufiger armutsgefährdet als in Ostdeutschland.
Grund für die Altersarmut bei Frauen sind meist die geringen Renten, der sogenannte Gender Pension Gap. Er lag im Jahr 2022 bei rund 28 Prozent. Die Alterseinkünfte von Frauen waren also im Schnitt fast ein Drittel niedriger als die der Männer. Die Gründe dafür? Oft zahlen Frauen deutlich weniger in die Rentenkasse ein, da sie zum Beispiel mehr Care Arbeit übernehmen – dazu zählen unter anderem die Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen. Frauen arbeiten zudem häufiger in Teilzeit und oder gehen in Babypause. Hinzu kommt, dass Frauen häufiger im Niedriglohnsektor beschäftigt sind als Männer.
Brauchen wir mehr finanzielle Bildung?
Erschreckende Statistiken, die zeigen, dass Armut auch in Deutschland ein großes Thema ist, über das viel mehr und viel offener gesprochen werden sollte. Und ein Thema, mit dem man gar nicht früh genug anfangen kann! Denn wer weiß, wie er aus seinem (wenigen) vorhandenen Geld möglichst noch mehr rausholt, ist immer im Vorteil! Das gilt für alle Einkommensklassen. In unserem Podcast mit der bekannten Finanz-Expertin Madame Moneypenny erfährst du, wie du dein Geld am besten investieren kannst.
Im Video zeigen wir dir einfache Tipps, wie du beim Online-Shopping Geld sparen kannst:
Bereits in der Schule sollte doch der Grundstein gelegt werden, um Schülern beizubringen, wie sie effektiv mit ihrem Geld wirtschaften können. Doch das Schulfach „Finanzen“ sucht man nach wie vor vergebens. Eine Umfrage der comdirect zeigt: Kaum ein Schulabgänger kann heute etwas mit den Begriffen „Sparplan“, „Rendite“ oder „Tagesgeldkonto“ anfangen. Meine Vermutung ist: Viele Erwachsene können es auch nicht. Und wer sich jeden Monat aufs Neue den Kopf darüber zerbrechen muss, wie er die Stromrechnung bloß bezahlen soll, der hat verständlicherweise keinen Kopf (und kein Geld), um sich finanziell weiterzubilden. Ein trauriger Teufelskreis.