Ein Langzeitpraktikum ist gerade für viele jugendliche Arbeitnehmer die Realität: Während es für viele Menschen einen ersten Schritt in ein festes Arbeitsverhältnis darstellt, plagt andere wiederum die Angst, aus der Praktikumsspirale nicht mehr hinauszukommen. Einen solchen Fall hatte nun das Landesarbeitsgericht in Hamm zu beurteilen: Eine Praktikanten wollte nach einem Langzeitpraktikum von acht Monaten wie eine reguläre Angestellte bezahlt werden…
Welche Auswirkungen der gesetzliche Mindestlohn, der im nächsten Jahr in Kraft treten soll, für die Situation der zahlreichen Praktikanten in Deutschland haben wird, steht noch in den Sternen. Derzeit scheint es mit den Arbeitnehmerrechten bei einem Langzeitpraktikum allerdings noch nicht in jeder Hinsicht rosig auszusehen. So hatte beispielsweise eine Praktikantin eines Bochumer Supermarkts vor kurzem ihren Arbeitgeber verklagt, weil sie der Meinung war, dieselben Tätigkeiten übernommen zu haben wie ihre fest angestellten Kollegen. Anstatt denselben Lohn zu erhalten, arbeitete die Praktikantin, die eher unfreiwillig in dieses Langzeitpraktikum gerutscht war, allerdings unentgeltlich.
Stattdessen bezog die Praktikantin weiterhin Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, die das Praktikum auch vermittelt hatte. Anstatt im Rahmen einer berufsvorbereitenden Maßnahme lediglich für einen Monat in den Betrieb hineinzuschnuppern, entwickelte sich das Arbeitsverhältnis allmählich zu einem Langzeitpraktikum, das am Ende acht Monate lang andauerte. Das wollte die Praktikantin nicht hinnehmen und forderte schließlich gerichtlich ihren Lohn ein. Das Bochumer Arbeitsgericht gab ihr zunächst Recht und sprach ihr für ihr Langzeitpraktikum eine Lohnnachzahlung von 17.281,50 Euro zu. Daraufhin ging die Supermarktkette in Berufung.
Langzeitpraktikum soll der Ausbildung dienen
Das nächsthöhere Gericht, das Landesarbeitsgericht in Hamm, wollte sich dem Bochumer Urteil zum Langzeitpraktikum der Klägerin allerdings nicht mehr anschließen. Zwar habe die Praktikantin teilweise reguläre Arbeitstätigkeiten übernommen, doch diese seien „im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses“ übernommen worden. Ein reguläres Arbeitsverhältnis liege daher nicht vor. Zudem habe die Klägerin Leistungen der Bundesagentur für Arbeit erhalten. Ein darüber hinausgehender Lohn stehe ihr daher unter den gegebenen Umständen nicht zu. Das Langzeitpraktikum habe stattdessen der Ausbildung gedient.
Viele Praktikanten, die ebenfalls ein Langzeitpraktikum absolvieren, dürften auf dieses Urteil mit Spannung gewartet haben. Immerhin ist die Zahl der Praktikanten, die für ihre Arbeit keinen Lohn bekommen, noch immer sehr hoch. Nachträgliche Lohnforderungen haben zumindest in diesem konkreten Fall jedoch nicht gefruchtet. Wie sich die Situation der Praktikanten in Deutschland nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns entwickeln wird, bleibt allerdings abzuwarten…
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