Wahrsagen wird gern als Werk von Scharlatanen bezeichnet oder schlicht in die Hokuspokus-Abteilung abgeschoben, es gibt aber auch genügend Menschen, die an übernatürliche Fähigkeiten glauben. Insbesondere in Krisenzeiten tendieren viele dazu, ein reges Interesse am Werdegang ihres Schicksals zu entwickeln. Wenn keine rationale Erklärung für ein Problem gefunden wird, wendet man sich eben an jemanden, der übernatürliche Fähigkeiten besitzt. Doch was hat es mit der alten Kunst des Wahrsagens auf sich und wie begegnet man ihr heute?
Wahrsagen ist die Deutung der Zukunft und, wenn gewünscht, eine Lebensberatung. Wie die Zukunft gedeutet wird, ist wissenschaftlich nicht zu erklären. Es gibt zahlreiche Praktiken und Methoden, die zukünftige Ereignisse vorhersagen und gegenwärtige oder vergangene Ereignisse ermitteln sollen. Der Blick in die Zukunft ist also weniger „etwas sehen“, als vielmehr etwas schlussfolgern. In der Literatur sind die Bezeichnungen Mantik (Kunst der Zukunftsdeutung) und Divination (Erforschung des göttlichen Willens) gebräuchlich. Letzteres meint nicht nur die Enthüllung der Zukunft, sondern bezeichnet jegliche Auslegung von Zeichen der Götter. Die katholische Kirche lehnt das Wahrsagen daher entschieden ab und argumentiert, es handele sich dabei um eine Anmaßung gegen Gott und sei mit dem christlichen Glauben unvereinbar. Die evangelische Kirche hingegen hat einen wesentlichen Schritt in Bezug auf weltliche Bedürfnisse gemacht: Sie sieht die Inanspruchnahme von Wahrsagen als menschliches Grundbedürfnis an.
Wahrsagen: Wie lange gibt es das schon?
Das Wahrsagen ist so alt wie die Menschheit selbst. Zu allen Zeiten in der Vergangenheit gab es verschiedene Arten der Zukunftsdeutung. Im Römischen Reich versuchte man beispielsweise durch die Vogelschau und das Eingeweidelesen den Willen der Götter zu interpretieren, im antiken Griechenland halfen Traumdeutung und die Befragung eines Orakels bei der Lösung von Problemen. Die Ägypter nutzten die Astrologie, Numerologie und das Handlesen für die Deutung der Zukunft und bei den Kelten kamen Knochenwurf und Runen zum Einsatz. Fast alle großen Herrscher und Kirchenfürsten ließen sich in der Vergangenheit die Zukunft vorhersagen und hatten oft sogar einen Hofwahrsager als Angestellten.
Wahrsagen = Scharlatanerie?
Einen Menschen zu finden, der vorgibt wahrsagen zu können, ist nicht schwer. In den Kleinanzeigen vieler Printmedien oder im Internet sind genügend einschlägige Angebote zu finden. Ob es sich dabei jedoch um seriöse Dienstleister handelt, ist nicht gewährleistet. Leider gibt es auch in dieser Branche jene Menschen, die nur Geld machen möchten, ohne wirklich die Fähigkeit zum Wahrsagen zu besitzen. Insbesondere fragwürdige Telefonhotlines, die für ihre Dienste immense Kosten verlangen, sind Schuld am schlechten Ruf des Wahrsagens. Ob Prophezeiungen nun zuverlässig sind oder das Eintreffen einer Vorhersage nur ein Zufall ist, kann niemand klar beweisen. Kritiker bemängeln seit jeher, dass Wahrsager, Hellseher, Kartenleger, Traumdeuter, Astrologen und Handleser häufig die Technik des „Cold Reading“ einsetzen, statt sich auf ihre übersinnlichen Fähigkeiten zu verlassen. „Cold Reading“ beschreibt eine Methode, die in interviewartigen Situationen beim Gesprächspartner den Eindruck eines vorhandenen Wissens erweckt, das jedoch erst einmal gar nicht vorhanden ist. Geübte Wahrsager können in nur einem Gespräch immense Informationen über ihren Gesprächspartner erlangen und somit schlussfolgern, welche Ereignisse mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintreten.
Warum besucht man einen Wahrsager?
Es gehört wohl eine Menge Glauben oder Aberglauben dazu, sich von einem Wahrsager die Zukunft deuten zu lassen, und dennoch gibt es genügend Menschen, die an übernatürliche Phänomene glauben. Eine wissenschaftliche Erklärung dafür, dass manche Menschen einen Sinn für das Übernatürliche haben, andere wiederum gar nicht, ist die Hyperreligiösität. Diese bioelektrische Aktivität im limbischen System des Gehirns ist bei manchen Menschen hoch und bei anderen niedriger ausgeprägt, sodass man sie in Gläubige und Skeptiker einteilen könnte. Es scheint also, als könnten wir gar nichts dafür, wenn wir daran glauben, dass Wahrsagen die Lösung für unsere Probleme ist. Wahrsagen hat jedoch nicht immer etwas mit einem Blick in die Zukunft zu tun. Oftmals reichen kleine Denkanstöße oder Ratschläge, die mögliche Lösungen für ein Problem des Alltags geben und den Klienten nach einer Sitzung seine Situation wesentlich deutlicher sehen lassen. Im Grunde dient das Wahrsagen der Entwicklung, der Selbsterkenntnis und der Klärung – es zählt das Bauchgefühl und nicht der Verstand! Gerade banal erscheinende Entscheidungen, wie z. B. ob man ein neues Stellenangebot annehmen oder ablehnen soll, sind so immens wichtig, weil sie unsere ganze Zukunft beeinflussen können.
Techniken und Methoden des Wahrsagens
Manche Wahrsager behaupten, ein „Zweites Gesicht“, also einen unmittelbaren intuitiven Zugang zur Zukunft zu haben, andere interpretieren Zeichen, die sie als Symbole für Künftiges betrachten. Egal ob zu Fragen der Partnerschaft, der Finanzen oder der Arbeit, Du musst Dir darüber im Klaren sein, dass der Wahrsager das sagt, was er sieht, und nicht das, was Du Dir wünschst! Es gibt zwei Arten des Wahrsagens: Entweder wird aus nicht beeinflussbaren Ereignissen oder Sachverhalten Zukünftiges herausgelesen, das geschieht zum Beispiel in der Deutung von Gestirnkonstellationen (Astrologie), ungewöhnlichen Wettererscheinungen oder dem Handlesen. Bei der anderen Möglichkeit verursacht der Wahrsager selbst ein Ereignis, dessen Ergebnis er dann als verschlüsselte Information über Zukünftiges auslegt. Das geschieht zum Beispiel beim Kartenlegen oder dem Wurforakel, bei denen aus dem Wurf eines Gegenstands, z. B. Würfel, Knochen oder Eier, die Antwort auf eine gestellte zukunftsbezogene Frage gelesen wird. Das Kartenlegen, insbesondere Tarot, gehört heutzutage zu den beliebtesten Methoden, wenn es um das Wahrsagen geht. Zwar gibt es auch Wahrsager, die ohne Hilfsmittel arbeiten, allerdings müssen dazu wirklich starke Impulse vorhanden sein.
An Wahrsagen muss man glauben, sonst wird der Blick in die Zukunft nicht gelingen. Auch wenn viele gläubige Menschen immer wieder von Vorhersagen berichten, die wirklich so eingetreten sind, gibt es natürlich auch viele Misserfolge. Du musst für Dich selbst herausfinden, inwieweit das Wahrsagen Dir einen Mehrwert bringen kann, und dementsprechend handeln. Das Wichtigste dabei ist, dass man genau auf seine Gefühle achtet und sein Unterbewusstsein zu Rate zieht. Im Prinzip könnte also jeder Mensch sein eigener persönlicher Wahrsager sein, wenn er nur genauer auf seine innere Stimme hören würde.
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