Telepathie ist nichts anderes als Gedankenübertragung und gehört zu den Psi-Phänomenen. In fiktionalen Texten, Filmen und Fantasygeschichten taucht Telepathie genau wie andere Psi-Phänomene (Telekinese, Hellseherei, Mediumismus) immer wieder auf, aber gibt es Telepathie wirklich? Und wenn ja, wie funktioniert sie? Kann man Telepathie nachweisen und vielleicht sogar lernen?
Telepathie ist die Übertragung eines Gedankens von einem Menschen zum anderen, ohne dass die physischen Sinne dabei zu Hilfe genommen werden – der Transfer funktioniert also ausschließlich per Gedankenkraft. Das Wort „Telepathie“ setzt sich aus den altgriechischen Wörtern „téle“, zu deutsch „fern“, „weit“, und „páthos“, das so viel wie „Erfahrung, „Einwirkung“ bedeutet, zusammen.
Auch wenn der Begriff es vermuten lässt, ist er aber noch gar nicht so alt: Der Schriftsteller Frederic Myers prägte ihn erst 1882 und löste damit altmodischere Begriffe wie „Gedankenlesen“, „Gedankenübertragung“ oder „Das Zweite Gesicht“ ab. Ein stichhaltiger Nachweis für Telepathie konnte bis jetzt nicht erbracht werden, doch nach wie vor arbeiten Parapsychologen experimentell an einem solchen Beleg.
Telepathie in der Wissenschaft
Wissenschaftlich betrachtet gehört die Telepathie in den Bereich der Parapsychologie, die an manchen Universitäten als Teilgebiet der Psychologie gelehrt wird. Zur Erforschung der Telepathie gibt es verschiedene Methoden und Ansätze. Bekannt sind beispielsweise die so genannten Zenerkarten, die in den 1930er Jahren von dem Psychologen Karl Zener und seinem Kollegen Joseph Banks Rhine entwickelt wurden. Dabei handelt es sich um ein Kartendeck von 25 Karten mit fünf Symbolen, die entsprechend auf jeweils fünf Karten abgebildet sind: Ein Kreis, ein Kreuz, drei Wellenlinien, ein Quadrat und ein fünfzackiger Stern. Die Probanden sollten die Karten, die der „Sender“ der Information zieht, erraten – die rein statistische Trefferquote läge also bei 20 Prozent. Eine höhere Trefferquote würde also als ein Beweis für Telepathie gewertet – je höher, desto schlagkräftiger. Allerdings sind die Zenerkarten umstritten: Es wurde bemängelt, dass Versuche dieser Art leicht manipulierbar seien. Inzwischen sind die Experimente, um Telepathie nachzuweisen, allerdings deutlich ausgefeilter geworden, wie etwa die Ganzfeld-Methode. Ein häufiges Problem, vor allem was eine fundierte wissenschaftliche Betrachtung von Telepathie angeht: Viele Menschen, die fest von ihren telepathischen Fähigkeiten überzeugt sind, halten Phänomene für Telepathie, die sich durchaus wissenschaftlich erklären ließen.
Telepathie: Die Ganzfeld-Methode
Wer Telepathie oder Parapsychologie googelt, stößt recht schnell auf merkwürdige Bilder rot angestrahlter Menschen mit Kugeln dort, wo sonst Augen sind. Was zunächst aussieht, wie eine beklemmende Szene aus einem Horrorfilm, ist in Wahrheit nichts anderes als die Abbildung eines Ganzfeld-Experiment-Probanden. Bei einem Experiment nach der Ganzfeld-Methode versuchen zwei Personen durch Fernwahrnehmung (Telepathie) miteinander zu kommunizieren. Der Empfänger der telepathischen Wahrnehmungen hält sich dabei in einer möglichst reizarmen Umgebung auf: Er wird auf einen weichen Stuhl gebettet, ein leichtes Rauschen ertönt als Audio-Kulisse, die Augen werden hinter halbierten Tischtennisbällen verborgen, die von außen rot angestrahlt sind, wodurch ein völlig gleichförmiges Bild für den Probanden entstehen soll – das so genannte „Ganzfeld“, das dem Experiment seinen Namen gibt. Durch diesen Aufwand sollen störende Sinneseindrücke vermieden werden, damit die Telepathie, so schwach sie auch sein mag, den Empfänger in jedem Fall erreicht. Während des eigentlichen Experimentes werden der sendenden Person Bilder gezeigt, die sie dann durch reine Konzentration per Telepathie dem Gegenüber (das sich in einem anderen Raum befindet) schicken soll. Der Empfänger bekommt vier Bilder gezeigt und soll das gesendete bestimmen. Die Wahrscheinlichkeit für mögliche Zufallstreffer liegt also bei 25 Prozent. Die tatsächlichen Ergebnisse in den durchgeführten Studien lagen aber eher zwischen 30 und 40 Prozent – ein Beleg für das Funktionieren von Telepathie? Darüber sind die Wissenschaftler geteilter Meinung: So könnten die Ergebnisse auch schlicht Zufall oder das Resultat einer fehlerhaften Versuchsanordnung sein. Forscher arbeiten aber daran, die Versuchsanordnungen für einen Nachweis von Telepathie (oder eben den Nachweis ihrer Nichtexistenz) zu verbessern, etwa durch einen digitalen Raum, der eventuelle mechanische Störungen ausschließt.
Kann man Telepathie lernen?
Die Frage, ob sich Telepathie lernen oder trainieren lässt, ist nicht leicht zu beantworten, denn erstens ist nicht einmal klar, ob es Telepathie gibt und falls es Telepathie gibt, ob es eine Art Sinn ist, den alle Menschen teilen (ob Telepathie also gewissermaßen instinktiv ist), oder ob es sich vielmehr um eine Art Talent handelt, das manchen Menschen gegeben ist und anderen eben nicht. Manche Esoteriker gehen davon aus, dass es sich bei Telepathie tatsächlich um eine instinktive Fähigkeit handelt, die sich aber dennoch trainieren lässt. Vorgeschlagene Übungen sind etwa, sich deutlich auf eine Person zu konzentrieren und diese beispielsweise dazu zu bringen, einen anzuschauen oder sich umzudrehen (etwa im Kino oder Theater), oder intensiv an jemanden zu denken und diese Person per Telepathie „herbeizurufen“. Problematisch bei diesen Methoden sind einerseits die mangelnde Überprüfbarkeit sowie andererseits die Frage, ob es wirklich das ist, was mit Telepathie gemeint ist.
Einen wissenschaftlichen Beweis für Telepathie gibt es bis jetzt nicht. Andererseits ist das Feld der Parapsychologie und der ungeklärten Vorkommnisse, wie etwa telepathischer Wahrnehmungen, weit und eben das: ungeklärt. Fast jeder Mensch hat schon einmal eine Situation wie ein Déja-Vu, eine telepathische Wahrnehmung oder einen prophetischen Traum gehabt. Noch sind lange nicht alle Phänomene zwischen Himmel und Erde geklärt – auch nicht, ob es Telepathie gibt.
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