„Ich habe es Dir doch prophezeit, dass er Dich verlässt!“, hat wohl fast jede Frau schon mal aus dem Mund ihrer Freundin gehört, nachdem der Typ, den man unendlich toll fand, sich als Idiot entpuppt hat. Doch ist Prophezeiung in diesem Kontext das richtige Wort? Wo kommt der Begriff eigentlich her und was war damit ursprünglich gemeint? Das kannst Du im Folgenden erfahren.
Als Prophezeiung – auch Weissagung oder Verheißung – bezeichnet man eine Voraussage von Ereignissen in der Zukunft, die oft auch in religiösen Kontexten gemacht wird. Der Ausdruck stammt vom altgriechischen Wort „propheteía“ ab, was „aussprechen“, „aussagen“ oder „für jemanden sprechen“ (phēmí „ich spreche“; pro „für, heraus, anstelle“) bedeutet. Im Gegensatz zu einer (wissenschaftlichen) Prognose geht eine Prophezeiung in der Regel aus der Intuition oder Inspiration einer besonders befähigten Person wie zum Beispiel einem Propheten hervor. Der Oberbegriff für gesammelte mündliche oder schriftliche Prophezeiungen ist Prophetie.
Die Prophezeiung in den Religionen
In nahezu allen Religionen gibt es Prophezeiungen, die in unterschiedlichsten Zusammenhängen und aus verschiedenen Anlässen ausgesprochen werden. Dies geschieht in der Regel durch einen Propheten, der sich von (einem) Gott dazu berufen fühlt. Der Inhalt der Prophetie wird als göttlich inspirierte Aussage (Offenbarung) verstanden und muss nicht zwingend eine Aussage über die Zukunft sein. Der Begriff Prophezeiung umfasst also auch die Verkündigung einer Wahrheit oder einer seherischen oder göttlich bewirkten Erkenntnis, die sich auf die Gegenwart bezieht.
In der griechischen Mythologie gab es verschiedene Orakelstätten (z.B. Delphi), wo regelmäßig Propheten befragt wurden, welche durch Traumvisionen oder gedeutete Medien wie Tierorganen, Vogelflug, Verzückung oder Audition Prophezeiungen machten. Auch in der Bibel gibt es Propheten, welche im Alten Testament Vorhersagen für die Zukunft gemacht haben. Im Neuen Testament wurde die „Apokalypse des Johannes“ als prophetisches Buch verstanden. Im Islam gilt Mohammed als der letzte und den Ausschlag gebende Prophet.
Prophezeiung: Wann kommt es dazu?
Die Bibel steckt voller Prophezeiungen. Ein Viertel ihres Inhalts soll aus prophetischen Äußerungen bestehen und viele Menschen glauben daran, dass diese der Wahrheit entsprechen. Doch in welchen Zeiten macht ein Mensch überhaupt Prophezeiungen? In der Regel kommt es in krisenhaften Zeiten am häufigsten zu Prophetien und prophetischen Ermahnungen. Wenn früher große Schlachten oder Kriege bevorstanden, wurden Voraussagen über ihren Ausgang und die damit verbundenen Folgen getroffen. Aber auch in der Neuzeit, wenn etwas Großes bevorsteht, wie zum Beispiel der Wechsel vom Jahr 1999 zu 2000, werden Prophezeiungen gemacht. In diesem Fall glaubten viele Menschen, dass mit dem Jahrtausendwechsel der Weltuntergang unausweichlich sei. Genau zwölf Jahre später erschütterte die berühmte Maya-Prophezeiung die Menschheit, nach welcher die Welt am 21. Dezember 2012 untergehen sollte. Heutzutage hört man immer wieder von Prophezeiungen über einen anstehenden Dritten Weltkrieg. Fundierte Beweise gibt es für die Voraussagen jedoch nicht. Vermutlich möchte man sich mit Hilfe von Prophezeiungen einfach beruhigen, indem man eine Erklärung für etwas (er)findet, das man eigentlich nicht erklären kann.
Prophezeiung: Etwas MUSS kommen
Eine Prophezeiung ist eine Art Prognose und somit die stärkste Zukunftsaussage. Ist sie positiver Art, spricht von einer religiös oder politisch motivierten Erlösungsprophezeiung, das negative Pendant dazu ist die Untergangsprophezeiung, die ökologische, politische, soziale oder kulturelle Auslöser haben kann. Eine Entwicklung hin zu einem meist extremen und symbolischen Endergebnis wie einem Weltuntergang wird als zwangsläufig und unabwendbar kommuniziert. Auf diese Weise versucht der Akteur, seine Zuhörer zu manipulieren, um sich selbst mit Hilfe von „starken Bildern“, Überraschungseffekten und überhöhten Emotionen in eine Machtposition zu bringen. Neben seiner Selbstinszenierung und der Machtdeklaration möchte der „Prophet“ eine Verhaltensänderung der Rezipienten erzwingen.
Was ist eine selbsterfüllende Prophezeiung?
Es gibt Menschen, die werden als „Propheten“ verehrt, und andere, die sich diese Rolle anmaßen. Wieder andere manipulieren ihre Mitmenschen mit dem Ziel, deren Verhalten an ihre Erwartungen anzupassen. Dieses Phänomen wird in der Soziologie als selbsterfüllende Prophezeiung bezeichnet. 1911 wurde der Begriff erstmals vom Wissenschaftstheoretiker Otto Neurath erwähnt, die Soziologen Paul Watzlawick und Robert K. Merton haben ihn verbreitet. Zur Verdeutlichung: Erwartet jemand ein bestimmtes Verhalten von seinem Gegenüber, erzwingt er durch eigenes Verhalten genau dieses Verhalten. Im Gegensatz zur selbsterfüllenden Prophezeiung steht die selbstzerstörende Prophezeiung, bei der der Betreffende sich so verhält, dass die Prophezeiung (das erwünschte Verhalten) gerade nicht in Erfüllung geht.
Glaubst Du an Prophezeiungen oder hast Du vielleicht sogar erlebt, dass eine Voraussage wahr geworden ist? Oder hältst Du das Ganze für kompletten Unsinn? Ganz egal, wie Du zu dem Thema stehst – solange Du andere Menschen mit Deinen Voraussagen nicht belästigst oder versuchst, ihnen Deine Meinung aufzudrücken, darfst Du glauben, was Du möchtest.
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