Was passiert, wenn ein Mensch stirbt? Ist er einfach tot und damit alles vorbei? Oder gibt es doch ein Jenseits, ein Leben nach dem Tod? Die Frage nach dem Jenseits ist zweifelsohne eine der letzten großen Fragen der Menschheit. Und schließlich will am Ende niemand der König auf dem Sterbebett sein, dem der eigene Narr den Narrenstab überreicht, weil er sich sein Leben lang nicht auf eine Reise vorbereitet hatte, von der er doch immer wusste, dass er sie eines Tages antreten würde…
Woher kommen wir? Und vor allem: Wohin gehen wir? Mit derlei Fragestellungen sehen sich die meisten Menschen irgendwann in ihrem Leben einmal konfrontiert. Die Antworten, wie das Jenseits aussieht, sind vielfältig: Jede Religion, jeder Kulturkreis und letzten Endes jeder Mensch für sich haben unterschiedliche Vorstellungen von der „anderen Seite“.
Oft gehört dazu die Idee, nach dem Tod im Jenseits die Rechnung für das im Diesseits gelebte Leben präsentiert zu bekommen – wie auch das Konzept von Himmel und Hölle nahe legt. Die große Angst, dass mit dem Tod einfach alles zu Ende sein soll, ist für die meisten Menschen nur schwer zu ertragen. So haben sich verschiedene mythische, religiöse und esoterische Ideen von einem Jenseits entwickelt.
Diesseits und Jenseits
Das Jenseits steht dem Diesseits gegenüber, also der „echten“ Welt, in der wir leben. Diese umfasst alles Weltliche, alle wahrnehmbaren Phänomene, alle Materie – also die „Naturwirklichkeit“. Man könnte auch sagen, das Diesseits ist alles Irdische. Viele Menschen glauben, dass es darüber hinaus ein Jenseits gibt, also eine Art übernatürliche Wirklichkeit. Diese „andere Welt“ gehört, je nach spiritueller Auffassung, in den Bereich des Himmlischen, Göttlichen oder Übernatürlichen. Wenn man an ein Jenseits glaubt, dann ist das der Ort oder die Welt, in die man (oder wenigstens die Seele) nach dem Tod geht. So gesehen kann man das Jenseits auch als Totenreich bezeichnen.
Das Jenseits als Ort?
Das Jenseits kann man je nach Auffassung tatsächlich wie einen richtigen Ort verstehen, an dem sich zum Beispiel Götter, Geister oder Seelen versammeln – nur eben in einer anderen Welt oder Wirklichkeit. Manche Kulturen gingen (oder gehen) sogar davon aus, dass dieser Ort in unserer realen Welt zu finden ist: In dem Fall handelt es sich dann um heilige Stätten, zum Beispiel bestimmte Berge, Höhlen, Wälder oder ähnliches. Wie konkret diese Vorstellung schon vor langer Zeit für viele Menschen war, beweisen die Funde von antiken Grabbeigaben: Man gab den Toten beispielsweise Geld, Waffen, Schmuck und Kleider mit auf den Weg, damit sie gut versorgt in die nächste Welt, das Jenseits, hinüber treten konnten. Ein gängiges Bild ist aber auch das Jenseits als unterirdisches Totenreich, wie es in vielen Mythologien beschrieben wird. Einem anderen Verständnis vom Jenseits liegt die Vorstellung zugrunde, dass es eben jenseits allen vergänglichen Lebens liegt, also auch außerhalb von Raum und Zeit. Relativ nahe an dieser Vorstellung ist der christliche „Himmel“.
Das Jenseits in den Religionen
Wie in vielen Fragen gilt auch in Bezug auf das Jenseits: Es gibt in den verschiedenen Glaubensrichtungen zwar Unterschiede, aber auch viele Gemeinsamkeiten. So teilen sich beispielsweise alle großen Religionen die Idee, dass der Mensch nach dem Tod für seine Verdienste zu Lebzeiten belohnt wird. Im Hinduismus und im Buddhismus geschieht dies durch Reinkarnation: Wer sich danebenbenimmt, wird als Mistkäfer wiedergeboren. Das große Ziel eines jeden Individuums ist es, auf lange Sicht diesem Reinkarnationskreislauf (Samsara) zu entfliehen und quasi erlöst zu werden. Diese Erlösung der Seele aus dem Samsara ist das Nirvana – gewissermaßen das ultimative Jenseits. Während die Seele auf ihre Wiedergeburt wartet, treibt sie sich im Hinduismus allerdings zunächst noch eine Weile in einer Art Warteschleife herum: Hier gibt es verschiedene „Himmel“ und „Höllen“. Wer wo landet, hängt davon ab, wie viele Opfer die Hinterbliebenen für sein Seelenheil bringen können. Je reicher das Opfer war, desto besser ist auch sein Stand im Jenseits – so bleibt der soziale Status des Einzelnen auch über den Tod hinaus erhalten. Im Christentum und im Islam gibt es zwar keine Wiedergeburt, doch das Betragen zu Lebzeiten ist trotzdem wichtig, denn entweder geht es in den Himmel oder ins Fegefeuer. Nichtsdestotrotz ist das Jenseits auch hier frei von Raum und Zeit und ist nicht als konkreter Ort zu verstehen.
Kontakt zum Jenseits aufnehmen
Die Welt der Toten hat die Menschen schon seit eh und je fasziniert – kein Wunder, dass ein Ort, an den alle eines Tages gehen und von dem nie jemand zurückkehrt, Neugier und auch Ängste weckt! Genauso wenig kann es verwundern, dass immer wieder versucht wird und wurde, Kontakt zu diesem Ort (so es ihn denn gibt) aufzunehmen. So gehört es zu den Aufgaben von Schamanen, das Jenseits zu bereisen, manch einer versucht, per Medium mit Verstorbenen zu sprechen und auch so genannte Ouija-Bretter (oder Gläserrücken) sollen der Kommunikation mit einer Geisterwelt dienen. Die einzigen „Berichte“, die es bisher aus dem Jenseits gibt, sind so genannte Nahtoderfahrungen, die Menschen gemacht haben, die eine zeitlang klinisch tot waren, dann aber wiederbelebt werden konnten. Diese Berichte ähneln sich meist sehr: Von einem Licht am Ende eines langen schwarzen Tunnels ist da die Rede. Bisher konnte aber noch nicht geklärt werden, ob die Betroffenen tatsächlich aus der Ferne einen Blick auf das Jenseits werfen konnten oder ob dies schlicht eine Reaktion des Gehirns auf eine Sauerstoffunterversorgung ist.
Gibt es nun ein Jenseits?
Es liegt in der Natur des Begriffs, den wir vom Jenseits haben, dass sich wohl eher nicht klären lässt, ob es diese „andere Welt“ wirklich gibt. Die meisten Kulturkreise und Glaubensrichtungen haben irgendeine Idee vom Jenseits und selbst den Menschen, die keine Konfession oder grundsätzliche spirituelle Überzeugung haben, fällt es oft schwer, den Gedanken, dass es überhaupt kein Jenseits geben könnte, zu akzeptieren. Wie eine Redensart es auf den Punkt bringt: In einem abstürzenden Flugzeug sitzen keine Atheisten. Dies wiegt vor allem deshalb schwer, weil viele Menschen sich eben erst im Angesicht des Todes mit diesem und der sich anschließenden Frage nach dem Jenseits auseinandersetzen – und wer sich in solch einer Situation befindet, dem spendet der Gedanke an ein Jenseits Hoffnung. Mit einer monistischen Weltanschauung, die davon ausgeht, dass es nur die eine Wirklichkeit gibt, in der wir uns befinden, lässt sich die Vorstellung einer anderen Welt aber nicht vereinbaren.
Niemand kann die Frage, ob es ein Jenseits gibt, eindeutig und allgemeingültig beantworten oder sagen, wie dieses Jenseits aussieht. Fakt ist aber: Der Gedanke an ein Leben nach dem Tod beinhaltet eben auch die Möglichkeit, dass geliebte Menschen nach dem Tod weiter da sind und vielleicht auf ihre Lieben herabschauen. Und das ist manchmal ein unbezahlbarer Trost.
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