Hochsensible Menschen nehmen ihre Umwelt intensiver wahr als andere. Das kann bereichernd sein, aber auch anstrengend ... Denn als hochsensible Person hast du neben besonderen Stärken vor allem spezielle Bedürfnisse. Nimm diese ernst und scheue dich nicht, gut für dich zu sorgen. Doch wie können sich Hochsensible im Alltag besser schützen und ihr Wohlbefinden steigern? Auch wenn die Antwort sehr individuell ausfallen kann, haben wir sechs hilfreiche und generelle Strategien für dich gesammelt, die dir als hochsensible Person guttun können und Inspirationen bieten.
#1
Für Hochsensible ist es besonders wichtig, Orte zu haben, an denen sie zur Ruhe kommen und sich vor Überreizung schützen können. Diese können zum Beispiel so aussehen:
- Richte dir eine gemütliche Ecke in deiner Wohnung ein. Das kann ein bequemer Sessel in einer ruhigen Ecke sein, eine Hängematte auf dem Balkon oder eine kuschelige Leseecke.
- Achte auf eine beruhigende Farbgebung. Sanfte Blau- oder Grüntöne wirken oft besonders entspannend. Verwende gedämpftes Licht, zum Beispiel durch indirekte Beleuchtung oder Salzlampen.
- Stelle sicher, dass dieser Ort frei von störenden Geräuschen ist. Vielleicht können Noise-Cancelling-Kopfhörer helfen.
- Platziere hier Gegenstände, die dir guttun: ein weiches Kissen, eine kuschelige Decke, beruhigende Düfte oder ein Bild, das dich an einen Lieblingsort erinnert.
Diese Rückzugsorte dienen als „Puffer“ gegen die Reizüberflutung des Alltags. Sie geben dir die Möglichkeit, dein überreiztes Nervensystem zu beruhigen und neue Kraft zu schöpfen. Regelmäßige Aufenthalte an solchen Orten können helfen, das allgemeine Stresslevel zu senken und die Resilienz gegenüber Alltagsbelastungen zu erhöhen.
#2
Dein Nervensystem als hochsensible Person braucht mehr Zeit zur Erholung und Verarbeitung von Eindrücken. Daher ist es wichtig, bewusst Pausen in deinen Alltag einzubauen. Diese können zum Beispiel so aussehen:
- Reserviere dir täglich feste Zeitfenster für Auszeiten, zum Beispiel 30 Minuten am Morgen und am Abend.
- Experimentiere mit verschiedenen Entspannungstechniken wie Meditation, Atemübungen oder Progressive Muskelentspannung.
- Spaziergang in der Natur: Die natürliche Umgebung kann besonders beruhigend wirken.
- Kreatives Tun ohne Leistungsdruck: Malen, Zeichnen oder Handarbeiten können meditative Wirkung haben.
- Plane auch längere Auszeiten ein, z.B. einen „Offline-Tag“ pro Woche oder regelmäßige Kurzurlaube in ruhiger Umgebung.
Diese Auszeiten geben deinem Nervensystem die Chance, sich zu regenerieren. Sie helfen dir, die vielen Eindrücke und Gefühle zu verarbeiten, die du als Hochsensible*r intensiver wahrnimmst. Regelmäßige Pausen können dazu beitragen, dass du insgesamt belastbarer wirst und besser mit Stress umgehen kannst.
#3
Achtsamkeitsübungen können Hochsensiblen helfen, besser mit Reizüberflutung umzugehen und präsenter im Moment zu sein. Was zunächst sehr abstrakt klingen mag, lässt sich ganz einfach in den Alltag integriere, so zum Beispiel:
- Beginne mit kurzen, täglichen Achtsamkeitsübungen, zum Beispiel 5 bis 10 Minuten bewusstes Atmen.
- Integriere Achtsamkeit in deinen Alltag, zum Beispiel ...
- ... Beim Essen: Konzentriere dich bewusst auf den Geschmack und die Textur der Nahrung.
- Beim Gehen: Spüre bewusst jeden Schritt und die Berührung mit dem Boden.
- Bei Routinetätigkeiten wie Zähneputzen oder Duschen: Nimm alle Sinneseindrücke bewusst wahr.
- Übe dich darin, Gedanken und Gefühle ohne Bewertung wahrzunehmen. Beobachte sie, wie vorbeiziehende Wolken am Himmel.
- Nutze Achtsamkeits-Apps oder geführte Meditationen als Unterstützung.
Achtsamkeit hilft dir, dich weniger in Gedanken und Gefühlen zu verstricken. Du lernst, Reize bewusster wahrzunehmen, ohne von ihnen überwältigt zu werden. Dies kann dir helfen, gelassener mit Überreizung umzugehen und dich weniger von äußeren Eindrücken stressen zu lassen.
#4
Als hochsensible Person neigst du vielleicht dazu, es allen recht machen zu wollen und die Bedürfnisse anderer über deine eigenen zu stellen. Das Setzen von Grenzen ist daher eine wichtige Fähigkeit. Doch wie lernt man, Nein zu sagen?
- Beginne mit kleinen Situationen und steigere dich langsam.
- Formuliere deine Bedürfnisse klar und freundlich. Beispiel: „Ich brauche nach der Arbeit eine halbe Stunde Ruhe für mich. Danach bin ich ganz für dich da.“
- Kommuniziere deine Grenzen präventiv. Erkläre zum Beispiel deinen Freund*innen, dass du nach sozialen Aktivitäten Zeit zur Erholung brauchst.
- Achte auf deine Körpersignale. Wenn du merkst, dass dir etwas zu viel wird, zieh dich zurück oder bitte um eine Pause.
- Plane Pufferzeiten zwischen Terminen ein, um dich zu erholen und neu zu orientieren.
Klare Grenzen zu setzen, hilft dir, deine Energie besser einzuteilen und Überreizung vorzubeugen. Es mag am Anfang schwerfallen und Schuldgefühle auslösen, aber mit der Zeit wirst du merken, wie wichtig es für dein Wohlbefinden ist. Denk daran: Nur wenn du gut für dich sorgst, kannst du auch für andere da sein.
So spannend ist Journaling
Journaling ist eine tolle Möglichkeit, einmal am Ende des Tages auf Reset im Gehirn zu klicken und Erlebtes (positiv wie negativ) zu verarbeiten. Wie du dabei am besten vorgehst, zeigen wir dir im Video.
Tipp: Und wenn du direkt selbst loslegen willst, können wir dir dieses 6-Minuten-Tagebuch ans Herz legen.
#5
Hochsensible Menschen brauchen oft tiefe, bedeutungsvolle Beziehungen. Gleichzeitig können intensive soziale Kontakte auch anstrengend sein. Wie findet man da die richtige Balance?
- Identifiziere die Menschen in deinem Leben, in deren Gegenwart du dich wohl und verstanden fühlst. Investiere bewusst in diese Beziehungen.
- Kommuniziere offen über deine Hochsensibilität und deine Bedürfnisse. Echte Freund*innen werden Verständnis zeigen.
- Suche dir einen Freundeskreis, der deine Sensibilität respektiert und wertschätzt.
- Bevorzuge Aktivitäten, die deinen Bedürfnissen entsprechen, z.B. ruhige Gespräche zu zweit statt lauter Partys.
- Gib dir nach sozialen Aktivitäten Zeit zur Erholung und Verarbeitung.
- Pflege auch deine Beziehung zu dir selbst durch Selbstreflexion und Selbstfürsorge.
Qualitativ hochwertige Beziehungen können eine große Quelle der Unterstützung und des Wohlbefindens sein. Sie geben dir Rückhalt und Verständnis in einer Welt, die oft nicht auf Hochsensible ausgerichtet ist. Gleichzeitig ist es wichtig, dass du lernst, deine sozialen Kontakte so zu gestalten, dass sie dich bereichern, ohne dich zu überfordern.
#6
Viele Hochsensible haben ein ausgeprägtes kreatives Potenzial. Die künstlerische Betätigung kann eine wunderbare Möglichkeit sein, intensive Eindrücke und Gefühle zu verarbeiten.
- Experimentiere mit verschiedenen kreativen Ausdrucksformen: Malen oder Zeichnen, Schreiben, Musik bzw. ein Instrument lernen, Tanz oder Bewegung, Fotografie.
- Schaffe dir einen Raum für deine kreative Betätigung, wo du ungestört sein kannst.
- Setze dir keine Leistungsziele, sondern konzentriere dich auf den Prozess und den Ausdruck deiner Gefühle.
- Teile deine Kreationen mit anderen, wenn du dich damit wohlfühlst, oder behalte sie für dich als persönliches Ventil.
Kreativivität kann für Hochsensible eine Art Ventil sein, um die vielen Eindrücke und intensiven Gefühle zu kanalisieren. Es hilft, innere Erlebnisse zu externalisieren und zu verarbeiten. Zudem kann die Konzentration auf den kreativen Prozess eine meditative, beruhigende Wirkung haben.
Geduldiges Experimentieren
Experimentiere mit den verschiedenen Ansätzen und beobachte, was dir persönlich am meisten hilft. Sei dabei geduldig und nachsichtig mit dir selbst – Veränderungen brauchen Zeit. Führe vielleicht ein Tagebuch, um deine Fortschritte und Erkenntnisse festzuhalten.
Denk immer daran: Deine Hochsensibilität ist keine Schwäche, sondern kann eine wertvolle Eigenschaft – auch wenn es dir vielleicht manchmal schwerfällt, diese zu erkennen. Doch es kann sich lohnen, Energie in den Perspektivenwechsel zu stecken, damit du erkennst, dass es etwas Besonderes ist, die Welt auf eine tiefe und nuancierte Weise wahrzunehmen. Mit den richtigen Strategien kannst du lernen, deine Sensibilität als Bereicherung zu erleben und dein Wohlbefinden nachhaltig zu steigern.
Zögere nicht, dir bei Bedarf auch professionelle Unterstützung zu suchen. Ein auf Hochsensibilität spezialisierter Therapeut oder Therapeutin kann dir dabei helfen, individuelle Bewältigungsstrategien zu entwickeln und deine Hochsensibilität als Stärke zu nutzen.
Lese-Tipp: „Ich spüre was, was du nicht spürst“
Suchst du Unterstützung im Umgang mit deiner Sensibilität? Das Buch „Ich spüre was, was du nicht spürst: Wie Hochsensible ihre Kraftquellen entdecken“ von Anne Heintze bietet praktische Strategien, Selbsttests und Erkenntnisse rund um die Hochsensibilität. Hier bei Amazon erhältlich.
Wie finde ich heraus, ob ich hochsensibel bin?
Anzeichen, die darauf hindeuten, dass du hochsensibel bist, haben wir hier für dich gesammelt.