Musikerin LUNA ist quasi über Nacht mit ihrem Song „verlierer“ auf TikTok berühmt geworden. Das war 2021 und bis heute hat sich eine Menge bei der Künstlerin getan. Ihr Erfolg ist ungebrochen, ihre Community wächst täglich und das Songwriting war für sie wie eine „Therapie“, sagt LUNA heute. Ihr gewonnen Selbstbewusstsein nutzt sie nun, um auf LGBTQ+-Themen aufmerksam zu machen – denn Alina (so ihr bürgerlicher Name), die sich mit 15 Jahren geoutet hat, weiß, wie verwirrend das Leben sein kann. Ein herrlich offenes Gespräch über Höhen und Tiefen mit einer bodenständigen jungen Frau, die mit nur 20 Jahren schon so viel über das Leben verstanden hat.
Dies ist eine verkürzte schriftliche Form unseres Podcasts. Die gesamte Folge kannst du hier hören.
desired: Liebe LUNA, wenn man mal deine letzten zwei Jahre im Rückblick betrachtet, ist da ja so einiges passiert. Kurz runtergebrochen: Dein Song „verlierer“ ist Ende 2020 auf TikTok viral gegangen. Dann war mal eben zwischendurch eine Corona-Pandemie. Du hast dein Abitur gemacht, du hast einen Plattenvertrag unterschrieben, du bist aus Niederbayern nach Berlin gezogen. Wie hast du diese ganze Zeit erlebt und was hat dich zwischendurch geerdet?
LUNA: Boah, also ich habe genau das erlebt, was du gerade gesagt hast! Das war eine mega verrückte Zeit, in der alles auf einmal passiert ist. Ich glaube, das Abitur zu machen, ist generell schon so ein Lebensabschnitt für sich – für meine ganzen Klassenkamerad*innen war es das Hauptthema in deren Leben. Für mich war es irgendwann nur noch so eine Nebensache, die natürlich viel Zeit in Anspruch genommen hat – weil ich total schlecht in Mathe bin –, aber die ich geschafft habe.
Gleichzeitig hat es eben schon angefangen mit „verlierer“ und dem ganzen Musikerin-Dasein, der Song hat alles in die Wege geleitet quasi und es war krasses Timing mit meinem Abitur und dem Umzug nach Berlin.
Es war zwar erst mal alles total drunter und drüber und das Leben war plötzlich so schnell. Irgendwann gab es dann aber einfach so einen Moment, als ich hier in Berlin endlich eine Wohnung gefunden habe und zum ersten Mal dachte „ich bin angekommen“. Geerdet haben mich am Ende natürlich die Freund*innen, die Family, aber ich habe schon ein bisschen meine Zeit gebraucht, um auch zu realisieren, was alles in den letzten eineinhalb Jahren überhaupt passiert ist.
Viele deiner Songs sind sehr emotional, fast so, als würdest du aus deinem Tagebuch „vorsingen“. Ist das etwas, womit du dich wohlfühlst, dass so viele dein Inneres kennen oder musst du dich da immer noch so ein bisschen dran gewöhnen?
Also natürlich verrät man schon sehr viel über sich. Es geht um Gefühle, um das, was in einem drinsteckt – was man nicht immer greifen kann. Oft sind genau die Themen natürlich auch das Sensibelste. Aber ich kann natürlich selbst entscheiden, was ich wirklich preisgebe und was nicht. Ich bin auch hin und wieder im Studio und entscheide „die Zeile ist mir jetzt echt zu privat“. Aber grundsätzlich ist es schon immer so, dass ich mir nicht irgendwas ausdenke, sondern in mich hineinhöre und schaue, was da an Themen und Ideen schlummert.
Und so hat es auch angefangen, dass Musikmachen für mich ein Ventil geworden ist, das zu schreiben und auszusprechen, was ich in dem Ausmaß in meinem Alltag nie gemacht habe. Es ist mir immer sehr schwergefallen, Gefühle zu zeigen. Ich konnte zum Beispiel nicht vor Menschen weinen. Dadurch, dass ich das in die Musik gepackt habe, war das zwar zuerst gefühlsmäßig so: „Uff, jetzt kriegen das alle mit“, aber am Ende war es wie eine Therapie für mich und ich bin zu dem Menschen geworden, der ich heute bin. Ein selbstbewusster Mensch! Und das war tatsächlich mal das komplette Gegenteil … Jetzt spreche ich zum Beispiel extrem viel über LGBTQ+-Themen oder auch mein eigenes Coming Out und nehme da gar kein Blatt vor den Mund.
Wie war denn dein Coming Out?
Ich werde immer wieder gefragt, wie mein Coming Out war, aber man outet sich ja nicht nur einmal, sondern eigentlich immer wieder aufs Neue. Und das wahrscheinlich mein Leben lang, wenn man es genau nimmt. Es gibt immer wieder Leute, die neu in mein Leben kommen.
Vor meinem Coming Out haben es sich alle um mich herum wahrscheinlich schon gedacht, aber ich selbst habe nie daran gedacht. Bis es dann einen Moment gab, wo ich wirklich eine Erkenntnis hatte. Mit ca. 14/15 Jahren hatte ich total den Crush auf ein Mädchen aus der Schule und dann war alles verloren. Ich hatte dieses Gefühl zum ersten Mal und konnte das gar nicht greifen, weil ich für Typen anscheinend doch nicht in dem Maß empfinden konnte. Ich hatte bis dahin zwar so Momente wie: „Oh, ja jetzt habe ich mal einen Crush auf den Jonas“, aber das waren rückblickend, würde ich jetzt sagen, nicht meine wahren Gefühle.
Zum Glück gab es in meinem Umfeld überwiegend positive Reaktionen auf mein Outing, auch wenn natürlich vereinzelt Situationen dabei waren, die schade waren, weil ich gemerkt habe, dass Menschen nicht mehr mit mir klarkamen. Am Anfang gab es auch Momente, in denen ich mich schon hinterfragt habe: Ist das komisch – bin ich komisch? Heute weiß ich, Gott sei Dank, dass das totaler Quatsch ist – und da gibt es für mich gar nichts zu diskutieren. Ich bin genau richtig so, wie ich lebe und liebe. Aber das war schon eine Reise, würde ich sagen, auf jeden Fall.
Du supportest die queere Community sehr und machst dich für ihre Belange stark, ermutigst deine Fans, wo auch immer es geht. Was glaubst du, wie groß dein Einfluss als Musikerin in der Öffentlichkeit ist?
Ich glaube schon, dass man so einen gewissen Einfluss hat. Es gibt Leute, die aktiv verfolgen, was ich auf Social Media veröffentliche. Natürlich gibt es Leute, die einfach hin und wieder mal auf ein Profil schauen, aber eben genauso gibt es die, die immer am Start sind. Und ich glaube vor allem für die hat man halt eine krasse Vorbildfunktion – oder hoffe ich, dass ich ein Vorbild sein kann und bin.
Natürlich ist niemand perfekt und das will ich auch gar nicht sein. Man kann nie immer alles jedem recht machen oder richtig machen. Aber es gibt eben diese gewissen Werte, die mir am Herzen liegen, gerade beim Thema LGBTQ+. Ich weiß, wie es für mich war, als ich 14, 15 Jahre alt war. Ich hatte damals nicht so viele queere Influencer*innen oder Musiker*innen auf dem Schirm und hätte mir gewünscht, dass es noch mehr Leute gibt, die darüber reden und regelmäßig Content bringen.
Eine US-amerikanische YouTuberin, Shannon Beveridge, war damals meine Lebensretterin. Durch sie bin ich, obwohl ich es niemandem um mich herum zu dem Zeitpunkt erzählt habe, total stark geworden. Sie hat online über das Queersein gesprochen und mir Antworten und Ansichten auf so viele Fragen, die ich mir damals einfach noch nicht beantworten konnte, gegeben. Deswegen hoffe ich natürlich, dass ich auch so eine Position für manche bin und einnehmen kann.
Seit dem 2. September ist LUNA auf Herbst-Tour, alle Infos zu ihren Konzerten findet ihr hier. Seit dem 1. September könnt ihr außerdem LUNA's neues Album 25/8 vorbestellen – und ein geheimes, exklusives Konzert zum neuen Album wird es zu einem noch unbekannten Datum geben. Hier findet ihr vielleicht den ein oder anderen Hinweis.
Bildquelle: Jeanette Friedrich