Unter dem Stichwort Islamic oder Modest Fashion können Muslimas schon seit einigen Jahren Mode shoppen, die zu ihren religiösen Einstellungen passt. Neben Luxuslabels wie Dolce & Gabbana, DKNY und Tommy Hilfiger hat sogar schon die Modekette Mango eine sogenannte Ramadan-Kollektion herausgebracht. Doch wirklich lässige Streetwear gab es bisher noch nicht: Das amerikanische Label „Seek Refuge“ schließt nun die Lücke mit hippen Entwürfen, die nicht allzu viel Haut zeigen – und noch dazu Flüchtlingskindern zugutekommen.
Weite Shirts und Destroyed Jeans
Hinter dem jungen Fashion-Label „Seek Refuge“ aus den USA steckt Shazia Ijaz, eine 25-jährige Amerikanerin mit pakistanischen Wurzeln. Mit ihrer Streetwear-Kollektion möchte sie nicht nur ein Angebot für modebewusste Muslimas schaffen, sondern auch gesellschaftliche Vorurteile bekämpfen. Ein Blick auf die Kollektion zeigt bereits: Nur wenige der muslimischen Models tragen eine Kopfbedeckung, keine von ihnen einen traditionellen Hijab. Stattdessen präsentieren sie die vier bisher produzierten Designs: lässig geschnittene T-Shirts mit Mesh-Ärmeln, einen weiten Kapuzenpullover mit Schleifen und eine XXL-Jeansjacke.
Die Kleidungsstücke von „Seek Refuge“ sind allerdings weniger freizügig als andere Streetwear-Labels, weil hier auf hautenge Schnitte, Crop-Tops und Hotpants verzichtet wird. Völlig bieder kommen die Looks dennoch nicht daher: Muslimische Modest Fashion wird bei „Seek Refuge“ zu offenen Haaren und zerrissenen Jeans kombiniert.
Im Video erklärt die Gründerin Shazia Ijaz, dass ihr bisherige Mode für Muslimas nicht edgy genug war und sie mit ihrer Kollektion ein alternatives Angebot schaffen möchte:
Kombi aus amerikanischem und islamischem Stil
Bei „Seek Refuge“, was übersetzt so viel wie „Zuflucht suchen“ bedeutet, geht es aber ganz klar um mehr als nur um Mode. Der amerikanische Streetwear-Look soll zum Beispiel kombiniert mit arabischen Schriftzeichen die Verschmelzung der Einwandererkulturen mit dem neuen Heimatland symbolisieren. Insbesondere die Jeansjacke, das Herzstück der Kollektion, soll amerikanische Muslime positiv repräsentieren, als Angehörige einer friedlichen und vielfältigen Religion.
Die arabischen Schriftzeichen auf dem Rücken der Jeansjacke sind zudem von tiefer Bedeutung: Es handelt sich um ein Gedicht, das von einem syrischen Geflüchteten verfasst und anschließend handschriftlich von einem muslimischen Kalligrafen festgehalten wurde.
Übersetzt stehen auf der Jacke die folgenden Zeilen, die wirklich nahegehen:
„Einst waren wir wenigstens glücklich. Wo wir lebten, war einst Frieden. In unserem Geburtsland; in unserem Heimatland. Wir haben das niemals kommen sehen, dass uns der Krieg auseinanderreißen und uns in unserem Elend zurücklassen würde. Wir wurden machtlos Zeugen, wie unsere Brüder und Schwestern verrohten. Unsere Häuser und unser Besitz verbrannte, dann folgte unsere Vertreibung. Wir haben Hoffnung, aber in Verzweiflung. Wir flehen nach Frieden, aber im Blutvergießen. Wir sollten besser Zuflucht suchen. Wir rannten um unsere Leben, jagten nach Sicherheit an den Grenzen. Unsere Träume wurden auf schreckliche Weise zerstört, auf der Suche nach einem neuen Heimatland, in einem Land, in dem niemand uns will.“
Ein Teil kommt syrischen Flüchtlingen zugute
„Seek Refuge“ möchte aber nicht nur mit politischen Gedichten für die Akzeptanz von Muslimen und Flüchtlingen in westlichen Ländern kämpfen. Zehn Prozent des Erlöses gehen an eine Schule für syrische Flüchtlingskinder in Jordanien. Um die Kosten der Produktion zu decken, hat „Seek Refuge“ bereits über 26.000 US-Dollar über die Crowdfunding-Plattform Indie Gogo sammeln können. Hier konnte man bis vor Kurzem auch noch die Jacken, Shirts und Hoodies bestellen und gleichzeitig etwas Gutes tun. Derzeit ist jedoch die gesamte Kollektion vergriffen. Über die Facebook-Seite von „Seek Refuge“ erfährst du, wann die lässigen Teile wieder verfügbar sind.
Anders als ich zuerst vermutet habe, geht es bei „Seek Refuge“ nicht darum, Frauen nach strengen islamischen Kleidervorschriften zu verhüllen. Vielmehr wird hier ein alternatives Angebot für Muslimas zu geschaffen, die keine Lust auf traditionell feminine Gewänder haben, sich aber dennoch nicht freizügig kleiden wollen. Für ein Recht auf freizügige Kleidung und gegen Kopfbedeckungen kämpfen wiederum derzeit junge Muslimas im Iran. Ich finde es daher begrüßenswert, dass in der Kampagne von „Seek Refuge“ auch viele Frauen ohne Hijabs zu sehen sind. Wie siehst du das? Gefällt dir diese etwas zugeknöpftere Streetware-Mode? Sag mir deine Meinung in den Kommentaren!
Bildquelle: iStock/dtiberio