Shirts mit markanten Botschaften sind aus der Modewelt nicht mehr wegzudenken. Während manche Sprüche unmissverständlich sind, werfen andere Rätsel auf. Bei einem Oberteil aus der aktuellen H&M-Kollektion werden viele auf den ersten Blick auch nicht die politische Botschaft erkennen, die dahinter steckt. Wir haben nachgeforscht, wer ursprünglich hinter „Hear Me Roar“ steckt.
Ein Statement-Shirt zum kleinen Preis
Das weiße Shirt mit seiner Aufschrift ist ein echter Hingucker: „Hear Me Roar“ steht dort in großen Druckbuchstaben, die mit kleinen Perlen aufgestickt wurden. Aktuell wurde es bei H&M sogar vom ursprünglich bereits günstigen Preis von 9,99 Euro auf 2,99 Euro heruntergesetzt. Online ist das beliebte Shirt bereits ausverkauft, in den Filialen wirst du aber ielleicht noch fündig. Doch sollte man bei diesem Angebot wirklich zuschlagen? Bevor ich mir Kleidung mit Botschaften zulege, möchte ich gern wissen, was diese eigentlich bedeuten. Die drei Worte sind zunächst einfach zu entschlüsseln. Übersetzt bedeuten sie einfach „Hör mich brüllen.“ Ein solcher Spruch wäre an mir als eine Person, die bekannt dafür ist, sehr leise zu sprechen, ziemlich fehlplatziert.
Game of Thrones oder doch eher Feminismus?
Bei „Hear Me Roar“ müssen sich die Designer bestimmt etwas anderes gedacht haben. Also habe ich den markigen Spruch einfach mal gegoogelt. Als Erstes werde ich auf die Fantasyserie Game of Thrones verwiesen. „Hear Me Roar“ steht nämlich auf dem Familienwappen der Lannisters. Bei Amazon gibt es sogar ein Game of Thrones-Fanshirt mit der gleichen Aufschrift.* Vermarktet hier H&M also ganz frech unlizensiertes Merchandising für die beliebte Serie? In der Artikelbeschreibung des Onlineshops werden auch keine Hinweise auf die Bedeutung gegeben, also bin ich hier wohl auf dem Holzweg.
Viel wahrscheinlicher ist, dass H&M beim Modetrend Feminismus-Shirts mitmacht. Dior hatte bereits vor einigen Jahren für Diskussionen mit dem T-Shirt-Aufdruck „We Should All Be Feminists“ gesorgt. Ganz so eindeutig ist „Hear Me Roar“ zwar nicht, kennt man sich jedoch ein bisschen mit der Geschichte der amerikanischen Frauenbewegung aus, lässt sich der Spruch eindeutig zuordnen: Er stammt aus dem Song „I am Woman“ von Helen Reddy, der zur Hymne der frühen Feministinnen wurde.
Die Frau, die hinter dem Song steckt
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass mir Helen Reddy bislang unbekannt war. Dabei landete die Australierin mit ihrem Hit „I am Woman“ 1972 einen Nummer-eins-Hit in den USA, weil sie darin erstmals den weiblichen Kampfgeist in einen Popsong verpackte. Der Song, der mit der bekannten Zeile „I am woman, hear me roar“ beginnt, entstand, weil sich Helen Reddy in allen bisher da gewesen Songtexten über Frauen nicht repräsentiert fühlte. Ihrer Ansicht nach wurden Frauen viel zu oft verniedlicht. Noch dazu sah sich die Sängerin bei ihren Auftritten mit sexistischen Anmachsprüchen von Männern konfrontiert, die sie auf ihren Körper reduzierten und sie als Künstlerin nicht ernst nahmen.
Mit ihrer musikalischen Kampfansage traf sie den Nerv der damaligen Zeit: „I am Woman“ gilt als eine der wichtigsten Songs der Frauenbewegung. Wegen seiner bestärkenden Botschaft an alle Frauen wurde „I am Woman“ 2010 auch zum Soundtrack von „Sex and the City 2“, wo er von Carrie, Samantha, Charlotte und Miranda neu interpretiert wurde. Auch die Originalversion hat heute nichts an Aktualität verloren. Schließlich erheben gegenwärtig wieder viele Frauen ihre Stimme gegen Sexismus, wie etwa durch die Intiative Time's up. Und genau darum geht es auch bei „Hear Me Roar“: Frauen wollen nicht länger über Ungerechtigkeiten schweigen, sondern diese in die Welt „hinausbrüllen“. Hier kommt nun also der Song zum H&M-Shirt zum auswendig lernen:
Passt das „Hear Me Roar“-Shirt zu dir?
Jetzt wo du die Geschichte hinter dem Spruch kennst, musst du selbst entscheiden, ob du dich mit der feministischen Botschaft dahinter identifizieren kannst. Womöglich vertrittst du ja auch eher konservative Werte und findest, dass es Frauen heutzutage gar nicht mehr nötig haben, lautstark zu protestieren.
Durch die Glitzerapplikationen wäre das „Hear Me Roar“-Shirt stilmäßig nichts für mich, gegen die Message habe ich allerdings nichts einzuwenden. Allerdings muss man sich bei einem derart günstigen Preis auch fragen, inwiefern es wirklich feministisch ist, ein Shirt zu tragen, das vermutlich von schlecht bezahlten Näherinnen in Indien, Bangladesch oder China produziert wurde. Wie stehst du dazu: Sind politische Slogans auf H&M-Bekleidung überhaupt ernst zu nehmen? Diskutiere mit mir in den Kommentaren!
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Bildquelle: H&M/D