Weißbrot, Nudeln und Butter machen dick. Vollkornprodukte, Haferflocken und Quark hingegen helfen beim Erreichen der Traumfigur. Das sind zumindest die allgemeinen Empfehlungen in Diät-Ratgebern. Ganz falsch sind sie nicht, immerhin haben letztere Lebensmittel meist mehr gesunde Nährstoffe vorzuweisen. Allerdings funktioniert jeder Stoffwechsel anders. Das Start-up Millionfriends bietet deshalb ein Testprogramm an, mit dem du rausfinden kannst, welche Lebensmittel dir beim Abnehmen helfen. Ich habe das Programm getestet und erkläre, was dahintersteckt.
Wer sich mit verschiedenen Diäten beschäftigt, wird schnell merken, dass unser Blutzuckerspiegel beim Abnehmen eine wichtige Rolle spielt. Denn steigt er an, schüttet der Körper Insulin aus. Das Hormon hilft, Zucker zu verarbeiten, hemmt aber auch die Fettverbrennung. Ein hoher Insulinspiegel über einen längeren Zeitraum ist daher problematisch und kann zu Diabetes und Übergewicht führen.
Wie Insulin Heißhunger fördert
Lassen Lebensmittel unseren Blutzucker erst stark steigen und anschließend durch eine hohe Insulinausschüttung schnell wieder absinken, hat das auch einen unmittelbaren Effekt: Wir kriegen Heißhunger. „Wenn der Blutzuckerspiegel stark schwankt, befinden wir uns quasi in einem Kreislauf aus Fettspeichern und Hunger – das ist natürlich keine gute Voraussetzung, um abzunehmen“, erklärt Dr. Torsten Schröder, Mitgründer von Ernährungsmediziner und Mitgründer von Millionfriends.
Lebensmittel, die unseren Blutzuckerspiegel in die Höhe schießen lassen, führen also dazu, dass wir unbewusst mehr essen – und somit auch schneller zunehmen oder Probleme beim Abnehmen haben. Doch welche Lebensmittel haben diesen Effekt? Grundsätzlich sind es vor allem kohlenhydratreiche Lebensmittel, die unsere Blutzuckerwerte besonders beeinflussen. Kein Wunder, bestehen Kohlenhydrate doch aus Mehrfach- oder Einfachzuckern. Mehrfachzucker müssen zunächst noch durch Enzyme gespalten werden, wodurch der Blutzucker langsamer steigt. Einfachzucker, etwa in Haushaltszucker oder Honig, gelangen hingegen direkt ins Blut. Sie sind es also, die den Blutzuckerspiegel besonders schnell erhöhen. Aber auch protein- und fettreiche Lebensmittel haben einen Effekt.
Jeder Stoffwechsel ist anders
Nun spricht man allgemeinhin davon, dass Vollkornlebensmittel für die Insulinproduktion verträglicher sind als weißes Brot oder Nudeln und Proteine besser als Fette. Untersuchungen zeigen jedoch, dass das nicht bei allen Menschen der Fall sein muss. Denn die Blutzuckerreaktion auf bestimmte Lebensmittel ist von Person zu Person unterschiedlich. „Ein typisches Beispiel sind Müsli oder Haferflocken am Morgen. Die isst jemand vielleicht, weil Haferflocken als besonders gesund gelten und lange satt halten sollen. Der individuelle Blutzuckerstoffwechsel dieser Person kann jedoch ganz anders darauf reagieren und sie verspürt nach kurzer Zeit schon wieder Heißhunger. Laut unseren Auswertungen ist das bei überraschend vielen Leuten der Fall. 40 Prozent zeigen auf Haferflocken eine starke Blutzuckerreaktion. Gleichzeitig können Lebensmittel, die den Ruf haben ungesund zu sein, eine niedrige bzw. positive Blutzuckerreaktion hervorrufen“, berichtet Torsten Schröder.
Ein Grund für die unterschiedlichen Reaktionen ist unsere individuelle Darmflora. Diese setzt sich aus Millionen von unterschiedlichen Bakterien zusammen. Je nachdem, ob wir von einem Stamm mehr oder weniger haben, wird dadurch auch unser Stoffwechsel und somit auch unsere Insulinproduktion beeinflusst. Zudem begünstigen einige Bakterienstämme die Gewichtszunahme, während andere beim Abnehmen helfen. Die Zusammensetzung der Darmflora ist zum Teil genetisch bedingt, kann sich aber auch durch die Ernährung oder Medikamente verändern. Im zweiwöchigen Testprogramm von Millionfriends wird deshalb nicht nur die Blutzuckerreaktion auf bestimmte Lebensmittel, sondern auch die Zusammensetzung der Darmflora untersucht.
Mehr dazu, wie Darmbakterien unser Gewicht beeinflussen, liest du in diesem Artikel:
So funktioniert Millionfriends
Nur zu wissen, dass jeder unterschiedlich auf bestimmte Lebensmittel reagiert, hilft bei der Gewichtsabnahme nicht wirklich weiter. Zwar kann man versuchen, darauf zu achten, nach welchen Lebensmitteln man schnell eine Heißhungerattacke bekommt, oftmals sind die Pausen zwischen unseren Mahlzeiten jedoch nicht groß genug, um das einzuschätzen und die langfristigen Wirkungen eines zu hohen Insulinspiegels können dadurch auch nicht vermieden werden.
Millionfriends liefert deshalb ein Set, mit dem über zwei Wochen lang die Blutzuckerwerte konstant gemessen werden. Das funktioniert über einen Sensor am Oberarm. Außerdem werden alle Mahlzeiten in einer App getrackt, damit später ausgewertet werden kann, welche Mahlzeit welche Blutzuckerreaktion hervorgerufen hat. Anhand verschiedener Testmahlzeiten kann außerdem geprüft werden, ob man etwa ein Protein- oder Fetttyp oder auch ein Weißbrot- oder Vollkornbrottyp ist. Am Ende des Programms erhält man so im Idealfall eine Auflistung der Mahlzeiten, die man besonders gut verträgt und derer, die man besser vom Speiseplan streichen oder nur selten essen sollte. Zusätzlich wird über eine Stuhlprobe die Zusammensetzung der Darmflora analysiert. Ist das Verhältnis unausgeglichen, kann man mit der richtigen Ernährung und Probiotika gegenwirken. „Es geht dabei nicht darum, die Ernährung komplett umzustellen. Wir holen die Leute da ab, wo sie sind und analysieren ihre Ernährungsgewohnheiten dahingehend, ob sie für den Stoffwechsel gut oder schlecht sind. So ist es schon mit kleinen Anpassungen möglich einen Effekt zu erzielen“, erklärt Torsten Schröder.
Meine Erfahrungen mit Millionfriends
Der Sensor
Vor der zweiwöchigen Testphase war ich ziemlich aufgeregt, was hauptsächlich an einer Sache lag: Dem Sensor. Denn damit der die Blutzuckerwerte messen kann, muss er logischerweise mit dem Blut in Kontakt kommen. Man muss also einen kurzen Pieks über sich ergehen lassen, bei dem ein dünner Faden in die Haut gezogen wird. Mich selbst zu stechen, erschien mir zunächst der absolute Horror zu sein. Tatsächlich macht die Vorrichtung zur Platzierung des Sensors die ganze Sache aber ziemlich einfach und schmerzfrei. Der Sensor hat die zwei Wochen bei mir problemlos überstanden. Duschen und Sport machen war kein Problem.
Pausen machen und alles abwiegen
Was mir am schwersten fiel, war das Einhalten der zweistündigen Pausen vor und nach jeder Mahlzeit. Auch vor und nach dem Sport müssen zwei Stunden vergehen, damit die Mahlzeiten richtig ausgewertet werden können. Zunächst dachte ich, ich müsste diese Pausen die zwei Wochen lang konsequent durchziehen, tatsächlich ist es aber kein Problem, auch mal weniger Zeit vergehen zu lassen. Die jeweiligen Mahlzeiten können dann nur nicht mehr genau ausgewertet werden. Wenn ich für ein bestimmtes Gericht also eine klare Auswertung brauche, dann ist es wichtig, die Zeiten genau einzuhalten.
Außerdem musste ich mich an das Abwiegen aller Zutaten erst mal gewöhnen. Das kann recht viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich hatte zudem das Glück, den Test während des Corona-Lockdowns zu machen. Ich habe also zwangsweise immer zuhause gegessen und meist selbst gekocht. Beim Auswärtsessen bleibt einem oft nur schätzen, im Büro würde ich vorgekochte Mahlzeiten empfehlen.
Ich habe in meinem Leben schon ein paar Mal versucht Kalorien zu tracken und muss sagen, dass die App von Millionfriends mir bisher am besten gefallen hat. Deshalb freut es mich, dass man sie dazu nach dem Testprogramm weiternutzen kann. Beim Einscannen der Barcodes findet sie nahezu jedes Lebensmittel und man kann die verschiedenen Zutaten ganz einfach zu Gerichten zusammenfügen und dann später nochmal verwenden, was einem viel Arbeit erspart. Wichtig ist es dabei zu wissen, dass nur die Blutzuckerantwort auf ein komplettes Gericht ausgewertet werden kann und nicht auf einzelne Zutaten. Um herauszufinden wie man auf Nudeln, Weißbrot und Co. reagiert, gibt es die sogenannten Testmahlzeiten.
Die Testmahlzeiten
Die erste Testmahlzeit, die jeder zu sich nehmen muss, ist pure Glukose. Daran erkennt der Sensor, wie der Körper auf Zucker reagiert. Alle anderen Testmahlzeiten sind „freiwillig“. Wer herausfinden möchte, ob er morgens eher ein Vollkorn- oder Weißbrottyp ist, muss also einmal Weißbrot und einmal Vollkornbrot als Testmahlzeit essen. Da man alle Testmahlzeiten, also auch Nudeln, Reis und Kartoffeln pur essen muss, kann das eine ganz schöne Herausforderung sein. Bei über 300 Gramm puren Kartoffeln musste ich leider aufgeben und habe nicht die gesamte Portion geschafft.
Die Auswertung
Die Auswertung meiner Blutzuckerwerte habe ich bereits wenige Wochen, nachdem ich den Sensor und das zugehörige Messgerät eingeschickt habe, bekommen. Auf die Auswertung meiner Mikrobiomprobe musste ich hingegen wesentlich länger warten. Das wurde vorher aber auch so kommuniziert.
Schon während der Testphase konnte ich meine Blutzuckerreaktion auf die Mahlzeiten live mitverfolgen – und habe schon da gesehen, dass mein Blutzucker grundsätzlich eher zu niedrig ist und nur selten stark ansteigt. Dementsprechend kam es für mich wenig überraschend, dass ich bei vielen Lebensmitteln ein Mischtyp bin. Ich kann also sowohl Vollkorn- als auch Weißbrot gut vertragen und abends genauso gut Reis, Nudeln oder Kartoffeln als Beilage essen. Was mich sehr gefreut hat, war zu erfahren, dass ich morgens ein Kaffeetyp bin und somit nicht auf meinen geliebten Kaffee verzichten muss.
Bei meinen normalen Mahlzeiten hätte ich mir im Nachhinein gewünscht, dass ich sie besser benannt hätte. Denn oft habe ich dort einfach den Namen der ersten Zutat stehen lassen, so musste ich am Ende alles anklicken, um besser vergleichen zu können. Alle Mahlzeiten werden hier nach ihrer Blutzuckerreaktion aufgelistet. Für eine bessere Einordnung hätte ich mir allerdings gewünscht zu wissen, ob die Mahlzeiten, die weiter unten in der Liste sind, tatsächlich eine bedenkliche Blutzuckerreaktion hervorrufen oder ob sie nur im Vergleich mit den anderen Lebensmitteln schlecht abschneiden. Millionfriends empfiehlt, möglichst viele Flop-Mahlzeiten wegzulassen. Allerdings haben bei mir ähnliche Mahlzeiten teils unterschiedlich abgeschnitten. Das kann natürlich auch mit dem Zeitpunkt, zu dem ich sie gegessen habe und der Frage, ob ich die Zweistundenpause korrekt eingehalten habe, zusammenhängen.
Die Ergebnisse der Mikrobiomprobe fand ich zwar durchaus interessant, allerdings sind die Ernährungsempfehlungen hier weniger konkret, was aber auch daran liegen kann, dass bei mir herauskam, dass hier alles im grünen Bereich ist. Um die Darmflora aufzubauen, können auch probiotische Kuren helfen.
Die kannst du zum Beispiel für 27,99 Euro bei Amazon kaufen:
Mein Fazit
Insgesamt hat mir die Testphase sehr viel Spaß gemacht. Live zu verfolgen, wie mein Blutzuckerspiegel sich nach dem Essen verändert, war richtig faszinierend. Gerade in den ersten Tagen habe ich die Werte alle paar Minuten nachgeguckt. Auch war das Testprogramm für mich schon fast eine kleine Diät, denn durch die Abstände zwischen den Mahlzeiten habe ich definitiv weniger gesnackt als sonst.
Bei mir persönlich hat der Test zu keiner großen Ernährungsumstellung geführt, was vor allem daran liegt, dass ich die meisten Lebensmittel gut zu vertragen scheine. Für mich ist das kein Problem, denn Abnehmen stand bei mir nicht im Fokus, ich wollte vielmehr genauer wissen, wie mein Körper tickt. Ich bin also froh, überhaupt diese Ergebnisse zu haben und habe das Gefühl, ein wesentlich besseres Verständnis für meinen Stoffwechsel entwickelt zu haben. Ich neige nicht zu Heißhungerattacken, fühle mich aber schnell schlapp und „unterzuckert“, wenn ich länger nichts esse. Nun weiß ich, dass das tatsächlich etwas mit meinem niedrigen Blutzuckerspiegel zu tun hat. Man muss sich allerdings bewusst sein, dass 349 Euro dafür ein stolzer Preis sind, was natürlich daran liegt, dass alleine für eine professionelle Mikrobiomanalyse mehrere 100 Euro nicht ungewöhnlich sind. Ich würde das Programm deshalb vor allem Leuten empfehlen, die tatsächlich das Gefühl haben, trotz Diät einfach nicht abzunehmen. Hier kann eine kleine Ernährungsumstellung nach den persönlichen Ergebnissen schon wahre Wunder bewirken.
Bildquelle: istock/M_a_y_a, Millionfriends