Für die meisten Menschen geht Essen mit Sinnlichkeit und Genuss einher, doch beim Binge Eating herrscht nur ein Gefühl: das Verlangen nach mehr. Erst seit wenigen Jahren stellt diese Form einer Essstörung ein eigenständiges Krankheitsbild dar und ist klar von der Bulimie oder Magersucht abzugrenzen. Doch was ist Binge Eating genau? Wie kannst du eine Binge Eating-Störung erkennen und inwieweit haben die unkontrollierten Heißhungerattacken Folgen für die Gesundheit?
Was ist Binge Eating?
Du bist mit dem Abendessen fertig und dein Magenknurren ist gestillt, doch dein Appetit verlangt nach einem leckeren Stück Schokolade? Diese Situation kennen wohl die meisten – und es ist auch nichts dabei, der Lust auf etwas Naschwerk oder einer zweiten, kleinen Portion Pasta hin und wieder nachzukommen. Doch was passiert, wenn aus einem Nachtisch plötzlich drei oder mehr werden und dein Verlangen auch nach einer weiteren leeren Keksdose nicht besänftigt ist? Binge Eating ist die Sucht nach immer mehr Nahrung in ungewöhnlich großen Mengen. Betroffene verlieren die Kontrolle über ihr Essverhalten und kennen keinen Halt, bis ihr Bauch vor Schmerzen rebelliert. Jeder schlemmt doch mal, ohne sein Limit zu kennen? Die Binge-Eating-Störung hat leider nichts mit einer einmaligen Ausnahme zu tun und hat klare Symptome.
So erkennst du Binge Eating
Binge Eating bedeutet so viel wie Heißhungeressen oder auch Essgelage. Seit 1994 ist diese Form einer Essstörung als Krankheit anerkannt, doch die Wissenschaft steht bei diesem Thema noch am Anfang. Bekannt ist jedoch, dass Betroffene innerhalb kürzester Zeit so viele Speisen, Snacks und Süßigkeiten zu sich nehmen, wie es ein gesunder Mensch wohl nie bewältigen würde – und das mindestens zwei Mal wöchentlich über einen Zeitraum von sechs oder mehr Monaten. Ein weiteres Indiz für eine Binge-Eating-Störung ist der Verzicht auf Maßnahmen, die einer Gewichtszunahme entgegenwirken würden. Ein verstärkter Fokus auf Sport, das Erzwingen eines Brechreizes oder penibles Kalorienzählen, um die kulinarischen Sünden wieder auszugleichen, treten bei diesem Phänomen nicht auf, sodass die beinahe ungebremste Essenszufuhr klar von einer Magersucht oder Bulimie abzugrenzen ist. Mit gelegentlichen Heißhungerattacken, wie sie sicherlich die meisten von uns schon einmal erlebt haben, ist Binge Eating also nicht zu vergleichen, denn das Konsumieren von einer sehr großen Essensmenge hängt beispielsweise nicht mit einem Verzicht oder Entzug zusammen, wie es oft in Folge von Diäten auftritt. Doch wo hat das gestörte Essverhalten dann seine Wurzeln?
Wie kommt es zu Binge Eating?
Bislang ist nicht genau geklärt, wie Binge Eating entsteht, doch mit hoher Wahrscheinlichkeit spielen psychische Faktoren dabei eine Rolle. Essen stillt nämlich nicht nur den Hunger, sondern vermag auch über kleine Probleme des Alltags hinwegzutrösten und ist für viele Menschen ein Zufluchtsort, wenn das Leben mal wieder so seine Streiche spielt. Demnach können Ärger, Frustration oder auch Langeweile entscheidend bei der Entwicklung einer Binge-Eating-Störung sein. Experten gehen davon aus, dass das positive Gefühl, das beim Essen entsteht, die zunächst schlechte Gemütsstimmung in ein besseres Empfinden umwandeln kann. Der Konsum von Lebensmitteln wirkt damit wie eine Art Droge, die den Kummer vergessen lässt – wenn auch nur für eine kurze Zeit. Denn obwohl Depressionen und Unzufriedenheit durchaus die Auslöser eines solchen Essverhaltens sein können, können sie umgekehrt genauso gut daraus resultieren.
Binge Eating: Übergewichtige Menschen sind gefährdet
Schätzungen zufolge leiden etwa 800.000 bis 2,4 Millionen Deutsche an Binge Eating. Besonders Übergewichte sollen gefährdet sein, ein falsches Verhalten zum Essen zu entwickeln. Warum? Misslungene Diätversuche, die unerfüllte Hoffnung, doch endlich in die schöne Jeans aus dem Schaufenster zu passen und das sich scheinbar nie wandelnde Schönheitsideal einer Frau mit flachem Bauch, schmaler Taille und schlanken Beinen führen bei vielen Frauen zwischen 20 und 30 Jahren zu einer generellen Unzufriedenheit mit dem eigenen Ich. Der Griff in den Kühlschrank ist da oftmals die einzige Lösung, um die Sorgen auszublenden und so nimmt der Teufelskreis von Binge Eating seinen Lauf: Die meist sehr kalorienhaltigen Speisen lassen die Kilos immer weiter ansteigen und der Frust über die zugenommenen Pfunde führt zu weiteren Essattacken, die das Selbstbild oft nur noch mehr stören. Natürlich bleibt dieser Lebensstil dann auch nicht ohne Folgen.
Binge Eating geht auf Kosten der Gesundheit
Neben den optischen und psychischen Konsequenzen, die mit Binge Eating einhergehen und sowohl Männer als auch Frauen oft verzweifeln lassen, ist die Essstörung insbesondere aus medizinischer Sicht kritisch einzuschätzen. Der unkontrollierte und langandauernde Konsum von vorwiegend ungesunden Lebensmitteln kann zu Herzerkrankungen und Diabetes führen. Binge Eating-Patienten haben daher ein erhöhtes Risiko, bereits im jungen Alter einen Schlaganfall zu erleiden und auch Gelenkbeschwerden sowie eine allgemeine Beeinträchtigung der Beweglichkeit können Folgen der Essgelage sein. In jedem Fall schränkt Binge Eating die Lebensqualität erheblich ein, denn aus Scharm ziehen sich die Betroffenen oft immer mehr zurück und vernachlässigen soziale Kontakte. Auch der Job kann unter der Krankheit leiden, sodass therapeutische Hilfe oftmals die letzte Rettung ist.
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Binge Eating ist keine Einbahnstraße
Binge Eating mündet meist in einem Ekel- oder Schuldgefühl der Erkrankten, doch ohne professionelle Unterstützung finden sie häufig nicht mehr den Zugang zu einem kontrollierten Essverhalten. In Anlehnung an verhaltenstherapeutische Ansätze lernen die Patienten in mehreren Schritten, was gesundes Essen bedeutet und wie sie es schaffen, ihre Gefühle nicht mit einem übermäßigen Lebensmittelverzehr zu regulieren. Tagebücher sind dabei ein probates Mittel: Darin wird dokumentiert, welche Emotionen oder Situationen zu den Essattacken führen, sodass individuell auf die Bedürfnisse der Betroffenen eingegangen werden kann. Eine medikamentöse Unterstützung ist in Deutschland bislang verboten – lediglich Antidepressiva oder Mittel zur Unterstützung des Abnehmprozesses sind erlaubt. Der Weg in ein normales Leben mit geregelten Essenzeiten und einem gesunden Bewusstsein dafür, was gut für den eigenen Körper ist, ist also nicht unmöglich.
Journaling kann helfen, dein psychische Gesundheit zu unterstützen:
Essen als Trost, Fluchtweg oder Verdrängungsmittel ist typisch für das Binge Eating-Phänomen. Betroffene nehmen über einen langen Zeitraum eine große Lebensmittelmenge zu sich und können die Signale ihres Körpers nicht mehr richtig deuten. Besonders bereits übergewichtige Menschen haben ein erhöhtes Erkrankungsrisiko und leiden häufig an körperlichen sowie psychischen Problemen. Daher solltest du dein Essverhalten genau hinterfragen und lernen, deine Gefühle von den Mahlzeiten zu trennen und so erfahren, dass Essen auch wieder Spaß machen kann!
Bildquelle: iStock/matthewennisphotography