Vor wenigen Wochen noch waren Impftermine Mangelware. Die Telefone in Arztpraxen wollten gar nicht mehr aufhören zu klingeln, online waren freie Plätze in Impfzentren in Minuten ausgebucht. Den mühselig ergatterten Termin einfach verstreichen lassen? Undenkbar! Doch mit sinkenden Fallzahlen und mehr und mehr Lockerungen kommt nun auch die Impfmüdigkeit. Immer mehr Menschen sagen ihre Termine ab – oder tauchen einfach nicht auf. Und genau dafür fordern einige Politiker*innen jetzt Strafen. Wie realistisch ist das?
Laut Angaben von Mario Czaja, Präsident des Berliner Roten Kreuzes, würden aktuell fünf bis zehn Prozent der Termine in Berliner Impfzentren einfach nicht wahrgenommen. Das führe zu unnötigen Kosten und dazu, dass wertvoller Impfstoff weggeschmissen werde, auf den andere noch immer warten. Auch in anderen Bundesländern wird berichtet, dass Menschen vor allem ihre Zweitimpfung nicht wahrnehmen würden. Kai Kranich, Sprecher des DRK Sachsen berichtete Ende Juni gegenüber dem MDR, dass in der Vorwoche 7.000 Menschen ihren Zweittermin nicht wahrgenommen hätten. Und das mit teils absurden Ausreden. Auf Nachfragen hätte man Antworten wie „Ich war im Garten an dem Tag, es war so schön sonnig“, erhalten.
25 Euro Strafe für Impfterminschwänzer gefordert
Nachdem aktuell viele Corona-Beschränkungen aufgehoben wurden, und eine vollständige Impfung somit keine direkten Vorteile bringt, scheint sie für viele nicht mehr so wichtig. Dabei ist eine Zweitimpfung gerade im Kampf gegen die Delta-Variante unerlässlich. Um das den Menschen klarzumachen, forderte Mario Czaja gegenüber dem RBB als erster eine „Impfterminschwänzer-Abgabe“ in Höhe von 25 bis 30 Euro. Dieser Vorschlag erhielt auch aus der Politik vielfach Unterstützung. „Es wäre richtig, wenn es eine Strafe gäbe für diejenigen, die nicht einmal ihren Termin absagen“, sagte etwa der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach gegenüber der Bild am Sonntag. Und auch der Unions-Fraktionsvize im Bundestag, Thorsten Frei, forderte: „Wer nur zu bequem ist, zum Hörer zu greifen oder mit wenigen Klicks einen Termin abzusagen, sollte für die angefallenen Ausfallkosten aufkommen müssen.“
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Anreize statt Strafen
Die Befürworter*innen der Strafen für Impfschwänzer*innen erhoffen sich, dass Menschen dadurch gewissenhafter mit ihren Terminen umgehen und die Konsequenzen ihres Handelns besser verstehen. Viele stehen einem Straf- oder Abgabe-System hingegen kritisch gegenüber. Es könnte dazu führen, dass sich Menschen, die sich bisher unsicher sind, ob sie sich impfen lassen, aus Angst vor einer Strafe dagegen entscheiden. So sprach sich auch der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen gegen ein Bußgeld aus. „Mit Bußen wird keine Akzeptanz gefördert. Solidarisches Verhalten kann man zudem nicht mit Strafen erzwingen“, erklärte er gegenüber der Bild am Sonntag.
Viele Poltiker*innen sind deshalb eher für ein Bonussystem, das weitere Anreize für eine Impfung setzt. An einem solchen System werde laut einem Sprecher des DRK bereits in Sachsen gearbeitet. Wer sich impfen lässt, solle Rabatte für Dienstleistungen oder Produkte bekommen. Ähnlich wird es bereits in anderen Ländern wie der USA gehandhabt. Hier bieten oft auch Unternehmen von sich Gratis-Produkte für Geimpfte an. So spendierte die Donut-Kette Krispy Kreme etwa Gratis-Donuts für Geimpfte. Auch das Wegfallen der Maskenpflicht für Geimpfte könnte ein großer Anreiz für viele sein, sich impfen zu lassen. In Deutschland sollen die Hürden fürs Impfen zudem durch Impfangebote ohne Termin und mobile Impfteams gesenkt werden. Wer sich spontan impfen lässt, hat immerhin erst gar keinen Termin, den er verstreichen lassen kann.
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