Regelmäßig überarbeitet die Ständige Impfkommission (Stiko) ihre Empfehlungen zu neuen, aber auch zu bereits zugelassenen Impfstoffen. Im „Epidemiologischen Bulletin“ vom 17. Februar spricht die Stiko nun eine Empfehlung zur Anwendung der Corona-Impfstoffe aus, die selbst einige Expert*innen verwundert. Darin heißt es, bei der Impfung sei eine Aspiration sinnvoll, ein Verfahren, das eigentlich seit 2016 bei Impfungen nicht mehr empfohlen wird. Die Aspiration soll die Impfsicherheit erhöhen. Wir erklären, was es mit dem Verfahren auf sich hat.
Grund für die geänderte Empfehlung der StiKo sind die sehr selten auftretenden Herzmuskelentzündungen nach einer Impfung mit mRNA-Impfstoffen wie denen von Biontech und Moderna. Impfungen können auf verschiedene Weise verabreicht werden, als Spritze in oder unter die Haut (interdermal oder subkutan), als Spritze in den Muskel (intermuskulär) oder als Spritze direkt in die Vene (intravaskulär). In Tierversuchsstudien mit Mäusen zeigte sich, dass die intravaskuläre Verabreichung der mRNA-Impfstoffe vermehrt zum Auftreten von Herzmuskelentzündungen führte. Bei Menschen wird die Impfung jedoch intramuskulär verabreicht, der Impfstoff sollte also nicht direkt in ein Blutgefäß gelangen. Die Aspiration ist ein Verfahren, um sicherzustellen, dass nicht versehentlich doch ein Blutgefäß getroffen wurde.
Was ist eine Aspiration?
Dass bei einer intramuskulären Impfung versehentlich ein Blutgefäß getroffen wird, kommt nur sehr selten vor. Deshalb empfiehlt die StiKo die Aspiration für gewöhnlich auch nicht mehr, um Schmerzen bei den Geimpften zu vermeiden. Bei der Aspiration wird der Saugkolben der Spritze leicht angezogen, wird dabei Blut angesaugt, wurde ein Blutgefäß getroffen und die Spritze muss an einer anderen Stelle gesetzt werden. Bleibt die Spritze leer, sitzt die Nadel richtig. Zu Verletzungen kann es dadurch nicht kommen, das Verfahren kann durch den entstehenden Unterdruck aber als unangenehm empfunden werden. Die Aspiration wird zudem allgemeinhin als unnützer, zusätzlicher Arbeitsschrift empfunden, da es an den für die intramuskuläre Injektion genutzten Stellen am Arm quasi unmöglich ist, versehentlich ein Blutgefäß zu treffen.
Dass bei der Impfung versehentlich Blutgefäße getroffen werden, ist nur sehr unwahrscheinlich. Auch aus diesen Gründen musst du keine Angst vor einer Impfung haben:
Wie nötig ist die Aspiration bei einer Corona-Impfung?
Im Interview mit der Welt kritisiert der Infektiologe und Facharzt für Innere Medizin Tomas Jelinek die plötzliche Anpassung der Empfehlung der Stiko Monate nach dem ersten Auftreten von Herzmuskelentzündungen. „Das ist eine sehr unglückliche Veränderung, weil sie potenziell zu einer großen Verunsicherung führen kann. Viele Menschen werden sich fragen, ob bei ihrer Impfung etwas falsch gemacht wurde.“ Er selbst hält eine Aspiration bei Corona-Impfungen weiterhin für nicht unbedingt nötig und sieht hinter den sehr selten auftretenden Herzmuskelentzündungen andere Ursachen, wie etwa eine Immunreaktion, die hormonell bedingt vor allem bei jungen Männern auftritt.
Grundsätzlich ist es sehr unwahrscheinlich, dass bei der Impfung versehentlich ein Blutgefäß getroffen wird. Auf der Seite des RKI heißt es dazu: „Die Blutgefäße an den Körperstellen, die für die Injektion von Impfstoffen empfohlen sind (M. vastus lateralis oder M. deltoideus) und in Reichweite der Nadel liegen, sind zu klein, um eine versehentliche intravenöse Gabe zu ermöglichen. Berichte über Verletzungen von Patienten aufgrund unterlassener Aspiration gibt es nicht.“ Ob Ärzt*innen eine Aspiration vor der Impfung durchführen, ist ihnen weiterhin freigestellt. Viele dürften weiterhin darauf verzichten, sollten Patient*innen nicht explizit danach fragen.
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