Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel keine Lust mehr auf den aktuellen Alleingang vieler Bundesländer bei den Corona-Maßnahmen zu haben scheint, wurde bei ihrem Interview in der ARD-Talkshow von Anne Will ziemlich deutlich. Hier stellte sie am Sonntagabend einige Dinge klar, die vor allem eines für uns bedeuten könnten: einen erneuten, knallharten und vor allem bundesweit geltenden Lockdown.
Fakt ist: Die Fallzahlen und Inzidenzwerte steigen gerade im ganzen Land auf erschreckend hohe Werte. Die einstige Inzidenz von 35, mit der Lockerungen einhergehen sollten, ist in weite Ferne gerückt. Aktuell liegt sie bei über 130. Dennoch plädieren vereinzelte Bundesländer auf Öffnungen nach Ostern und wollen ihren ganz eigenen Weg gehen. Darunter das Saarland, das eine komplette Öffnung in kurzer Zeit anstrebt. Obwohl die Regierung von ihren Lockdown-Feiertagsregelungen zu Ostern zurückgerudert ist, schiebt Angela Merkel den Öffnungen und Einzelentscheidungen einiger Bundesländer mit ihren Worten nun einen Riegel vor – zumindest so weit, wie es in ihrer Macht steht.
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Angela Merkel: Unterschiedliche Interpretation der Notbremse „erfüllt nicht mit Freude”
Denn Entscheidungen müssen Bund und Länder gemeinsam treffen. Dass der gemeinsame Beschluss zu einer Notbremse, sollten die Inzidenzen auf bedenkliche Werte steigen, von einzelnen Bundesländern so unterschiedlich interpretiert wird, erfülle Kanzlerin Merkel nicht mit Freude. Die Dringlichkeit des Handelns hinter ihrer diplomatischen Aussage führt sie schließlich noch weiter aus: Für die Öffnungspläne des Saarlandes sei nun zum Beispiel einfach nicht der Zeitpunkt, „so etwas ins Auge zu fassen.”
Sogar den CDU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, greift Merkel indirekt an. Dieser wollte für NRW die Notbremse ziehen, hat dies nun aber den einzelnen Landkreisen überlassen. An Modellregionen wie den Städten Rostock und Tübingen, die beide dank einer sehr niedrigen Inzidenz erste Öffnungen wagten und nun steigende Infektionszahlen haben, würde man sehen, dass das Problem mit Testen und Öffnen nicht lösbar sei.
Politik & Wirtschaft: Handeln statt ewiger Konferenzen
Merkel fordert nun ganz klar ein Handeln der einzelnen Bundesländer, um die Zahlen wieder runterzubekommen. Eine weitere Gesprächsrunde mit den Ministern soll es vorerst nicht geben, womit die Bundeskanzlerin auch eine Forderung von Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ablehnt.
Doch nicht nur mit ihren Kollegen aus der Politik rechnet die Kanzlerin ab, auch die Wirtschaft rügt sie. Homeoffice und Möglichkeiten zu Testungen müssten viel mehr gegeben sein, hier fehle ihr der Enthusiasmus. Sie werde nicht zuschauen, „bis wir 100.000 Infizierte haben.”
In beiderlei Hinsicht stellt Angela Merkel dann noch eines klar, das aufhorchen lässt. Sollten sich die Länderchefs nicht an die Verordnungen der Notbremse halten, die Bund und Länder gemeinsam vereinbart haben, könnte die Regierung mit einem neu formulierten Infektionsschutzgesetz nachhelfen. Arbeitgeber könnten mit einer Arbeitsschutzverordnung zum Handeln gebracht werden. Es steht also ganz klar im Raum, dass es neue Regeln vom Bund geben könnte, sollten die individuellen Regelungen zum Infektionsschutz nicht ausreichend sein.
Statt Oster-Öffnungen: Kommt der nächste knallharte Lockdown?
Mit ihren klaren Worten stimmt Angela Merkel nicht zuletzt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu, der kurz zuvor bereits bei einer Diskussionsveranstaltung der Bundesregierung sagte, dass „wir eigentlich noch mal zehn, 14 Tage mindestens richtiges Runterfahren” brauchen, bezogen auf Kontakte und Mobilität. Dass es angesichts der kontinuierlich wachsenden Infektionszahlen Zeit wird, wieder auf die klassischen AHA-Regeln zu setzen und das öffentliche Leben weitestgehend herunterzufahren, ist also weiterhin der Fahrplan – und dieser könnte dank geänderter Gesetzeslagen bald vom Bund übergreifend durchgesetzt werden.
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