Die meisten Frauen haben schon in ihrer Kindheit zwei Ohrlöcher verpasst bekommen, um endlich Ohrringe tragen zu können. Im Gegensatz zu anderen Piercings gelten Ohrlöcher als völlig harmlos, was vermutlich auch daran liegt, wie sie gemeinhin zustande kommen: Anstatt ins Piercingstudio gehen die meisten einfach zu einem Juwelier im Einkaufszentrum und lassen sich den Schmuck mithilfe einer Ohrlochpistole einsetzen. Das geht nicht nur schneller, sondern wird auch für einen Bruchteil des Preises angeboten, der für herkömmliche Piercings verlangt wird.
Der Einsatz dieser Geräte ist nach wie vor üblich, aber schon seit Jahren üben professionelle Piercer Kritik: Die Ohrlochpistolen lassen sich angeblich nicht sterilisieren, könnten somit gefährliche Krankheiten übertragen und schaden außerdem dem Gewebe. Wir haben recherchiert und uns gefragt, wie gefährlich Ohrlochpistolen wirklich sind und ob das Stechen mit der Nadel die bessere Alternative ist.
So funktioniert eine Ohrlochpistole
Bevor wir uns mit den Kritikpunkten befassen, schauen wir uns erst einmal an, wie so eine Ohrlochpistole überhaupt aufgebaut ist. Optisch erinnert sie ein bisschen an eine Heißklebepistole zum Basteln. Zum Großteil bestehen die Geräte aus Kunststoff, verfügen über einen Abzug und eine Halterung, in die der angespitzte Schmuckstecker sowie der Verschluss platziert werden. Meistens wird beim Drücken des Abzugs eine gespannte Feder gelöst und der Ohrstecker somit durchs Ohrläppchen katapultiert. Neuere Modelle funktionieren ohne Feder und schieben den Stecker etwas sanfter durch das Ohrläppchen. Das praktische Gerät kommt schon seit den 1960er Jahren zum Einsatz und wurde ursprünglich entwickelt, um die Ohren von Kühen und Schweinen in Mastbetrieben zu markieren.
Lassen sich die Dinger wirklich nicht sterilisieren?
Überall dort, wo Ohrlöcher zu günstigen Preisen angeboten werden, kannst Du Dir fast sicher sein, dass sie mit der Ohrlochpistole geschossen werden. Denn die Prozedur geht viel schneller und es findet keine aufwendige Sterilisation statt. Stattdessen wird lediglich ein steril verpackter oder gar lediglich desinfizierter, sogenannter Medizinstecker in die Ohrlochpistole eingesetzt, das Ohrläppchen wird mit etwas Alkohol desinfiziert und innerhalb weniger Sekunden befindet sich der Schmuck bereits verschlossen im Ohr. Das ist zwar angenehmer, da man die Prozedur schneller überstanden hat und sie weniger einschüchternd wirkt, als wenn jemand mit einer langen spitzen Nadel am eigenen Ohr herumhantiert.
Jedoch täuscht das einfache Verfahren darüber hinweg, dass bei diesem körperlichen Eingriff absolut sterile Bedingungen eigentlich nötig wären. Da sich das Material der Ohrlochpistolen dafür aber nicht eignet, können mit dieser Methode nie zu 100% hygienische Bedingungen garantiert werden – egal, was der nette Juwelier Dir erzählt. Das große Problem der Pistolen ist nämlich, dass sie den Schmuck mit großer Wucht durch das Gewebe rammen und somit allzu leicht Erreger von der Pistole in die offene Wunde gelangen können. Beim mehrfachen Gebrauch dieser Ohrlochpistolen kannst Du so in Kontakt mit Hepatitis B und C und HIV-Viren kommen, die auch mehrere Tage außerhalb des Körpers bei Zimmertemperatur überleben können. Verständlicherweise halten professionelle Piercer die harmlos wirkenden Ohrlochpistolen daher für so bedenklich, dass sie eine Online-Petition zum Verbot von Ohrlochpistolen gestartet haben.
Die Alternative: Stechen statt Schießen!
Nur um Geld zu sparen, solltest Du Dir also auf keinen Fall ein Ohrloch mit der Pistole schießen lassen. Wie für alle Piercings empfiehlt sich hier der Gang in ein professionelles Piercingstudio. Im Gegensatz zu Hinterzimmern in Modeschmuckläden werden hier höhere Hygienestandards erfüllt und auf die Nutzung unsteriler Geräte verzichtet. Stattdessen verwenden richtige Piercer ausschließlich steril verpackte Piercingnadeln sowie sterilen Piercingschmuck. Dafür musst Du zwar in der Regel etwas tiefer in die Tasche greifen, dafür bekommst Du aber auch einen wesentlich sauberen Stichkanal: Die scharfe Hohlnadel verursacht im Gegensatz zur Ohrlochpistole kein sogenanntes Gewebetrauma, wodurch Narbenbildung und Risse im umliegenden Knorpel vermieden werden.
Es scheint also wirklich einiges gegen den Einsatz von Ohrlochpistolen zu sprechen. Um Piercingstudios, die diese dennoch einsetzen und die Risiken verharmlosen, solltest Du lieber einen großen Bogen machen. Besonders bei Kleinkindern können Infektionen gefährlich werden. Ab wann Kinder alt genug für Ohrlöcher sind, haben wir hier diskutiert.
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