Für Manche mag schon der Gedanke, sich überhaupt ein Tattoo stechen zu lassen, schlimm genug sein. Es geht jedoch noch eine Nummer krasser: Tattoos selber stechen. Während diese Form von Body Modification früher nur in Knästen und in der Punk-Szene verbreitet war, sind sogenannte Stick and Poke Tattoos mittlerweile verbreiteter denn je. Wir zeigen dir, wie die Stick and Poke-Technik funktioniert und welche Utensilien du hierfür benötigst. Bevor du dir aber nun schon begeistert die Ärmel hochkrempelst und eine heimische Tattoo-Session planst, solltest du einige Dinge beachten!
Was ist ein Stick and Poke Tattoo?
Bei Stick and Poke Tattoos handelt es sich in der Regel um kleine simple Tattoo-Motive, die von Laien ohne eine Tätowiermaschine gestochen werden. Zum Einsatz kommen schlichtweg eine Nadel und Tinte. In der einfachsten Variante wird hier tatsächlich eine beliebige Näh- oder Sicherheitsnadel und schwarze Tusche oder Kugelschreiber-Tinte verwendet. Etwas ambitioniertere Stick and Poke-Fans benutzen Tattoo-Nadeln, die eigentlich für den Einsatz mit einer Maschine gedacht sind, und Tattoo-Tinte. Mittlerweile werden sogar komplette Stick and Poke-Sets für das schnelle Stechen daheim angeboten und auch Tatoonadeln und -tinte sind bei Amazon für jeden erhältlich. Dies mag den Eindruck erwecken, dass jeder in der Lage ist, sich selbst ein Tattoo zu stechen. Aber Vorsicht: Wir zeigen dir, wie aufwändig Stick and Pokes wirklich sind!
Noch am überlegen, welches Motiv es sein soll? In diesem Video findest du unsere Auswahl:
So aufwendig sind Stick and Poke Tattoos wirklich
Um zu verstehen, wie Stick and Pokes funktionieren, ist es hilfreich zu wissen, wie Tattoos im Allgemeinen entstehen. Das Grundprinzip ist, ob mit Maschine oder per Hand gestochen, das Gleiche: Mit Hilfe einer Nadel wird Tattoo-Tinte mit vielen kleinen Stichen unter die obersten Hautschichten gebracht. Nach der Abheilphase ist dann das gestochene Motiv, durch die oberen Hautschichten hindurch, sichtbar. Der größte Unterschied zwischen einem maschinell und einem manuell gestochenen Tattoo, ist aber die Geschwindigkeit, in der die Nadel in die Haut eindringt. Eine Tattoomaschine sticht dabei etwa 80 bis 150 mal in der Sekunde zu. Da mit einer per Hand geführten Nadel nur ein Bruchteil dieser Geschwindigkeit erreicht wird, sind Stick and Poke Tattoos um ein Vielfaches langwieriger und aufwändiger zu stechen. Selbst für ganz kleine Motive kannst du locker mit einigen Stunden Prozedur rechnen, während das gleiche Motiv von einem professionellem Tätowierer in kurzer Zeit fertig gestochen werden könnte.
Stick and Poke Tattoos selber stechen
Genauso wie bei einem herkömmlichen Tattoo, steht Hygiene an erster Stelle. Die zu tätowierende Hautpartie sollte stets desinfiziert werden. Außerdem sollte die Person, die das Tattoo sticht, immer saubere Einweg-Handschuhe tragen. Niemals solltest du eine Tattoo-Nadel wiederverwenden, bzw. dir mit einer anderen Person teilen. Hierdurch können gefährliche Krankheiten übertragen werden! Für das eigentliche Stechen des Tattoos, muss das Motiv zunächst mit einer speziellen Transferfolie oder einem Tattoo-Marker auf die Haut gezeichnet werden. Da Stick and Pokes viel Zeit in Anspruch nehmen, werden in der Regel nur sehr kleine einfache Motive mit dieser Technik gestochen.
Utensilien für ein Stick and Poke Tattoo:
oder
- Einweg-Handschuhe
- Tattoonadel für Outlines (3R oder 5R)
- schwarze Tattootinte
- optional: Stick and Poke-Pen
- ein sauberer Flaschendeckel oder Kontaktlinsenbehälter für die Tinte
- Tattoo-Marker oder Tattoo-Transferfolie
- Küchenkrepp oder Taschentücher
- Wattepads
- Hautdesinfektions-Spray
Manche DIY-Tätowierer binden auch einen Faden um ihre Tattoonadel, die als Reservoir für die Tattoo-Tinte dient.
So geht's:
- Ziehe Einweg-Handschuhe an.
- Lege auf einem Tisch oder einer anderen sauberen Ablage neben dir mit Küchenkrepp aus und platziere deine Utensilien. Entferne die Tattoo-Nadel aus der Verpackung und gib ein paar Tropfen Tatttoo-Tinte in den sauberen Flaschendeckel oder den Kontaktlinsenbehälter.
- Säubere und desinfiziere die Stelle, die du tätowieren möchtest. Wenn du dich selbst tätowierst, musst du eine Stelle auswählen, die du gut mit deiner dominanten Hand erreichen kannst. Entferne gegebenenfalls Körperhaare.
- Trage das Motiv entweder mit einem Tattoomarker oder einem ausgedruckten Motiv mit Transferfolie auf.
- Tunke die Spitze der Nadel in die Tattoo-Tinte und dann in die Haut entlang der vorgezeichneten Linien. Für unerfahrene Heim-Tätowierer ist es oft schwer abzuschätzen, wie tief sie mit der Nadel in die Haut eindringen sollen. Ein zu tiefer Stich führt dazu, dass das Motiv verläuft und Linien unklar erscheinen, während ein zu oberflächlicher schlichtweg keinen bleibenden Effekt erzielt. Es gehört also einiges an Fingerspitzengefühl und Erfahrung dazu, um ein sauberes Stick and Poke Tattoo zu stechen.
- Die Prozedur muss nun solange wiederholt werden, bis eine gewünschte durchgängige schwarze Linie entsteht. Das erfordert viel Geduld, da die winzig kleinen Punkte sehr dicht beieinander gesetzt werden müssen. Wische zwischendurch immer wieder überschüssige Tinte mit einem Wattepad und etwas Hautdesinfektions-Spray weg.
- Säubere anschließend das Tattoo vorsichtig und gebe eine dünne Schicht Tattoo-Balsam darauf.
- Verbessere undeutliche Linien nach der Abheilzeit.
Meine Erfahrungen mit Stick and Poke Tattoos
Neben ein paar professionell gestochenen Tattoos, trage ich auch drei selbst fabrizierte Stick and Poke Tattoos auf meiner Haut. Verglichen mit den Profi-Tattoos sehen diese ebenfalls auch nach Jahren noch klar und deutlich aus. Voraussetzung ist hier aber natürlich, dass man sich an die Hygiene-Regeln hält und sorgfältig arbeitet. Auch ohne Tätowier-Erfahrungen sind mir diese recht gut gelungen, allerdings kann etwas Zeichentalent und jede Menge Geduld sicher nicht schaden. Für das folgende kleine Hai-Tattoo habe ich von Hand etwa 8 Stunden gebraucht:
Was du von Stick and Poke-Tattoos erwarten kannst
Die Frage, welche Art von Tattoos mit der Stick and Poke-Technik realisierbar ist, ist nicht einfach zu beantworten. Grundlegend lassen sich eher schwarze lineare oder gepunktete Motive stechen, während sich flächige und bunte Tattoos nicht eignen. Vor allem hängt aber die Verwirklichung deines Wunsch-Motives von dem Können und der Geduld des Tätowierers ab.
Du solltest durch Bilder von kunstvoll gestochenen Stick and Poke-Tattoos auf Instagram oder Pinterest keine falschen Vorstellungen bekommen. Nur weil ein Tattoo von Hand gestochen wurde, heißt es nicht, dass das Tattoo auch von einem Laien zu Hause fabriziert wurde. Viele der häufig geteilten Fotos auf Instagram, die so viele dazu inspirieren sich selbst ein Tattoo zu stechen, wurden von erfahrenen Profis gestochen.
Oftmals sehen erste eigene Stick and Poke-Versuche vielmehr unsauber aus. Wenn du dir also unsicher über deine künstlerischen Fingerfertigkeiten bist, solltest du lieber die Finger von Stick an Poke Tattoos lassen! Andernfalls ist anschließend sowieso der Gang in ein professionelles Studio erforderlich, um dein misslungenes Werk wieder abzudecken.
Wenn dein eigener Versuch doch schiefgegangen ist, kannst du auch diese Variante beim Profi ausprobieren:
Auch wenn Tattoo-Sets für Zuhause den Anschein erwecken, Tattoos selber zu stechen sei ganz einfach, sieht die Realität anders aus. Stick and Poke Tattoos sollten nur von Menschen gestochen werden, die bereits Erfahrung haben und wissen, was sie tun. Wenn du Stick and Poke Tattoos in Erwägung ziehst, um Geld zu sparen, solltest du dich vorab lieber einmal in einem Tattoo-Studio informieren. Kleine Motive können schneller gestochen werden, als du vielleicht denkst und kosten auch kein Vermögen.
Bildquelle: Unsplash/Dmitriy Nushtaev