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Kommentar

Was bringt es, Anti-Aging-Produkte umzubenennen?

Begriff Anti Ageing

Eine Untersuchung aus England legt nahe, dass Ageism, also die Diskriminierung aufgrund des Alters, europaweit ein großes Problem darstellt, von dem hauptsächlich Frauen betroffen sind. Vorangetrieben werde Ageism durch die Kosmetikindustrie, Werbesprache und Frauenmagazine, die den Begriff Anti Aging populär gemacht haben. Der Begriff sei sogar gefährlich und sollte künftig verboten werden. Doch was ist eigentlich so schlimm daran, Falten bekämpfen zu wollen und verändert sich wirklich etwas, wenn andere Bezeichnungen auf unseren Creme-Tiegeln stehen?

In dem kürzlich veröffentlichten Bericht der englischen „Royal Society for Public Health“ (RSPH) wurde eingehend untersucht, inwiefern eine negative Einstellung zum Altern die mentale und körperliche Gesundheit beeinträchtigt. Die RSPH kam zu dem Urteil, dass Ageism im Gegensatz zu Rassismus und Sexismus eine noch zu wenig beachtete Diskriminierungsform darstellt. Neben Empfehlungen, die sich auf generationenübergreifende Projekte und Integrationsmaßnahmen am Arbeitsplatz beziehen, ist der Bericht auch ein Appell an Kosmetikfirmen und Medien, den Begriff Anti Aging zu meiden.

Anti Aging aus dem Wortschatz streichen?

Als Beispiel nennt die RSPH explizit das amerikanische Beauty-Magazin „Allure“, das in seiner September-Ausgabe letzten Jahres das Ende von Anti Aging verkündete. Passend zu dem Statement zierte die 72-jährige Helen Mirren das Cover des Printmagazins.

Die Herausgeberin Michelle Lee erklärt in einem Brief an die Leser, dass der Begriff Anti Aging nahelegt, dass Altern eine Art Krankheit ist, die wir bekämpfen müssen. „Allure“ wolle aber für eine positive Haltung zum Älterwerden stehen und daher künftig Anti Aging aus seinem Wortschatz streichen. Bei einem Magazin, das bisher viele Anti-Aging-Produkte getestet und beworben hat, ist ein derart klares Statement durchaus mutig. Jedoch weist Lee auch daraufhin, dass es lediglich um die Wortwahl gehe und nicht etwa darum, zum Beispiel retinolhaltige Produkte gegen Falten nicht mehr zu erwähnen.

Anti Aging = Anti Life?

Wenn es also nicht um Falten reduzierende Kosmetika an sich geht, sondern nur darum, wie wir sie nennen, sollten wir uns den Begriff genauer ansehen. Einem Artikel der Guardian zufolge wurde der Terminus „Anti Aging“ in den 1980ern von einem Werbefachmann kreiert, um Produkte an ältere Frauen zu vermarkten. Da es bisher noch keine Bezeichnung für diese Kosmetiksparte gab, hat sich der Begriff etabliert. Dem Bericht der RSPH zufolge ist diese Wortwahl  jedoch gefährlich und obendrein sinnlos: Anti Aging ergebe genauso viel Sinn, wie Anti-Life, also gegen das Leben zu sein.

Natürlich kann kein Lebewesen es vermeiden, zu altern – es sei denn, man ist Dorian Grey oder macht einen Deal mit dem Teufel. Ich kann die Kritik dennoch nicht nachvollziehen. Selbstverständlich verhindert kein Anti-Aging-Produkt der Welt, dass wir älter werden. Jedoch können vereinzelte Produkte nachweislich die Anzeichen der Hautalterung – Falten und Pigmentflecken – mildern. Ich erwarte von diesen Cremes natürlich keine Wunder und verwende sie derzeit noch nicht einmal selbst. Mit zunehmendem Alter werde ich jedoch bestimmt auch mal das eine oder andere Mittelchen testen, das Falten verringert. Meine Einstellung würde sich auf jeden Fall nicht ändern, wenn ich in den Drogerieregalen keine Produkte mehr mit der Bezeichnung Anti Aging finden würden.

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Ist Anti-Aging-Werbung wirklich diskriminierend?

Ein Blick auf derzeitige Produkte gegen die Anzeichen von Hautalterung zeigt, dass der Begriff Anti Aging unter Kosmetikherstellern ohnehin gar nicht mehr so populär zu sein scheint. Die Pflegelinie für „reife Haut“ von Dove verwendet sogar die gegenteilige Bezeichnung „Pro Age“.

Dove ist aber bei Weitem nicht der einzige Hersteller, der den Begriff Anti Aging meidet. Bei L'Oréal findet man zum Beispiel die Pflegeserie „Age Perfect“.

Egal, wo man hinblickt, viele ehemaligen Anti-Aging-Produkte haben neue Namen bekommen, die aber fast alle noch das Wörtchen „Age“ in irgendeiner Form in sich tragen. Um das Altern geht es also immer noch, aber es wird eine vermeintlich positive Haltung suggeriert, wie auch bei „Slow Age“ von Vichy oder der deutschen Naturkosmetiklinie „Happy Aging“ von Martina Gebhardt.

Nina Everwin

Anti Aging hinter vorgehaltener Hand

Mit den aufgeführten Beispielen will ich nicht verdeutlichen, dass Kosmetikhersteller nun zu Anti-Ageism-Aktivisten mutiert sind. Natürlich wird nach wie vor noch die Angst der Kundinnen vor Hautalterung zur Vermarktung der Produkte genutzt. Durch den Austausch von Anti Aging mit vermeintlichen positiveren Bezeichnungen hat sich meiner Einschätzung nach aber nichts geändert. Die Konsumentinnen wollen mit diesen Cremes nach wie vor möglichst lange jung aussehen, werden nun jedoch mit wohlklingenderen Begriffen eingelullt. Die Intention, Falten zu bekämpfen, ist jedoch trotzdem noch vorhanden – und in meinen Augen auch nicht zwingend bedenklich. Die Bezeichnung Anti Aging zu verbannen, empfinde als reine Wortklauberei, da „Pro Age“, „Slow Age“ oder „Happy Aging“ doch im Grunde das gleiche Schönheitsideal propagieren. Im Gegensatz zu diesen neuen Marketingbegriffen ist mir das gute alte Anti Aging dann doch lieber, weil es ehrlicher ist. Den Schlankheitswahn in unserer Gesellschaft bekämpft man schließlich auch nicht dadurch, indem man Diäten von nun an als „Body Challenges“ bezeichnet.

Nina Everwin
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Bildquelle: iStock/PrettyVectors

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